Kandidaten-Grillen: Füle antwortet konkret im Europäischen Parlament

Štefan Füle, foto: ČTK

Kandidaten-Grillen – so heißt umgangssprachlich die Anhörung der zukünftigen Kommissions-Mitglieder im Europäischen Parlament. Am Montag hat der Marathon der Befragungen begonnen, am Dienstagnachmittag war der designierte tschechische EU-Kommissar, Štefan Füle, an der Reihe. Er soll Kommissar für Erweiterung und Nachbarschaft werden. Drei Stunden lang stellte er sich den Mitgliedern des außenpolitischen Ausschusses im Europäischen Parlament. Einige Abgeordnete hatten im Vorfeld angekündigt, dass sie Füle auch wegen seiner kommunistischen Vergangenheit in die Mangel nehmen wollten.

Štefan Füle  (Foto: ČTK)
Die kommunistische Vergangenheit, sie scheint sich nicht als Hindernis für Štefan Füle zu erweisen. Nur eine einzige Frage zielte direkt darauf, dass der designierte EU-Kommissar Ende der 80er Jahre in der kommunistischen Partei war und an der sowjetischen Diplomatenschule in Moskau studiert hat. Štefan Füles Antwort:

„Wichtig ist, dass ich in dem Moment, als ich dann frei und erwachsen genug war, die Entscheidung getroffen habe, meine Fähigkeiten und Erfahrungen in den Dienst der Tschechoslowakischen beziehungsweise Tschechischen Republik zu stellen. Meine Akte aus den letzten 20 Jahren ist rein und ich biete meine Fähigkeiten im selben Geist auch der Europäischen Kommission an.“

Die EU-Abgeordneten scheinen Füle dieses Bekenntnis abzunehmen. So sagte der konservative EU-Parlamentarier Martin Kastler, selbst allerdings nicht Mitglied des außenpolitischen Ausschusses, gegenüber Radio Prag:

„Er muss heute die Interessen der Europäischen Union vertreten. Ich glaube, da ist es für ihn auch möglich, aus der Vergangenheit gelernt zu haben, so dass er jetzt auf den Grundsätzen unserer EU-Charta steht.“

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Tatsächlich hat Füle in den zwei Jahrzehnten seit der Wende eine eindrucksvolle Karriere in demokratischen Institutionen hingelegt. Er war Botschafter in Großbritannien und Litauen, er arbeitete für die tschechische Delegation bei der Uno, er war Nato-Botschafter seines Landes und zuletzt Europaminister in der parteilosen Regierung Fischer.

Gute Voraussetzung, so scheint es, für das Aufgabenfeld EU-Erweiterung und Nachbarschaftspolitik. Europa wirkte nach der Aufnahme von zwölf neuen Staaten in den letzten Jahren etwas erweiterungsmüde. Füle ist es hingegen nicht:

„Für mich ist die EU-Erweiterung mehr als ein Ressort. Sie hat mein Land und mein Leben verändert, sie hat Europa als Ganzes verändert. Sie hat Millionen von Menschen ihre Hoffnung und ihre Würde zurückgegeben.“

Füle blieb nicht nur bei diesem Statement. In den drei Stunden während der Anhörung antwortete er meist sehr konkret. So sprach er sich klar für einen Beitritt aller Länder des Westbalkans und auch der Türkei als Ziel der EU-Verhandlungen aus. Er befürwortet zudem Visumfreiheit für Albanien und Bosnien-Herzegowina ab Mitte dieses Jahres und später auch für den Kosovo. Und er will, dass die EU in strittigen Fragen Russland die Stirn bietet. Füles Antworten müssen überzeugt haben, den Presseberichten nach äußerten sich viele Europaabgeordnete nach seiner Anhörung positiv.