Spürnasen auf dem Rad - Deutsche und Tschechen erkunden Grenzgebiet

Mitten durch das Erzgebirge verläuft die tschechisch-deutsche Grenze. Und sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite hat die Geschichte ihre Spuren hinterlassen. Zwanzig junge Tschechen und Deutsche haben in der letzten Augustwoche das Grenzland mit dem Fahrrad erkundet und sich auf Spurensuche begeben. Anna-Lotta Liss berichtet.

"Da war eine große Baracke, in der so ein Wasserspeicher war oder ein Säurebehälter. Die Gefangenen mussten dort sehr anstrengende Arbeit verrichten. Es war wirklich erstaunlich, wie stabil die Mauern waren. Die Kommunisten wollten das Gebäude wegsprengen, aber das ging nicht so leicht, wie sie dachten."

Alice Nedbalova erinnert sich an die Überreste des nationalsozialistischen Lagers in Prezbuz/ Frühbuss im Erzgebirge. Das ehemalige Konzentrationslager war eine Station auf der achttägigen Radtour durch das Grenzgebiet. Die 18-Jährige geht auf das österreichische Gymnasium in Prag, in der Schule hatte sie von der Vertreibung der Sudetendeutschen gehört. Ihre deutschsprachigen Lehrer erklärten die Geschichte jedoch anders, als die tschechischen Kollegen. Alice wollte sich ihre eigene Meinung bilden, sagt sie, deshalb sei sie mitgefahren. Die Grenzland-Fahrt wurde einer deutschen, einer tschechischen und einer deutsch-tschechischen Jugendorganisation veranstaltet. Ondrej Matejka von der tschechischen Vereinigung "Antikomplex" möchte Jugendliche motivieren, sich mit der Geschichte des Grenzlandes zu beschäftigen. Nach der Vertreibung der Sudetendeutschen war das Grenzland kaum noch besiedelt. Viele Häuser verfielen, ganze Dörfer waren verlassen.

"Das hat im ganzen Sudetenland prägende Spuren hinterlassen. Es sind Spuren der Geschichte, die sehr schwerwiegend sind. Allerdings sind es auch Spuren, die für Jugendliche interessant zu verfolgen sind. Fast wie die versunkene Stadt Atlantis."

Die Teilnehmer folgten der Spur der Geschichte bis in die Gegenwart. Hinter dem Grenzübergang Potucky kaufen heute viele Deutsche auf dem vietnamesischen Markt ein. Dort gibt es fast alles, von der Wassermelone bis zur Wohnzimmerlampe. Die Teilnehmer machten sich auf die Suche nach der kuriosesten Ware.

"Wir sollten uns in die Seele des Deutschen hineinversetzen, warum der Deutsche dort einkauft und was er kaufen möchte. Wir haben dabei sehr viele Kuriositäten gesehen. Die Jungfrau Maria als kitschige Statue zum Beispiel oder künstliche Apfelbäume."

Die Organisatoren der Jugendgruppen "Antikomplex", "Jukon" und "Junge Aktion" freuten sich über die gelungene Fahrt. Für das nächste Jahr sei eine ähnliche Erkundungstour bereits in Planung.

Foto:www.znovuobjevenekrusnohori.cz