Staatsbesuch der lettischen Präsidentin

Die Präsidentin Lettlands, Vaira Vike-Freiberga, hat am Donnerstag einen fünftägigen Arbeitsbesuch in Tschechien begonnen. Beide Länder verbindet das Streben nach Integration in die Europäische Union, Lettland drängt ferner auch vehement in die Nato, in der Tschechien schon Mitglied ist. Mehr dazu im folgenden Beitrag von Rudi Hermann.

Wo die baltischen Staaten liegen, könnten die meisten zwar noch beantworten, doch welcher von den dreien nun genau Lettland ist, dürfte für manche in Tschechien schon zu schwierig sein. Etwas Publizität und Aufklärungsarbeit in dieser Hinsicht wird zweifellos der gegenwärtige fünftägige Besuch der lettischen Präsidentin Vaira Vike-Freiberga in der Tschechischen Republik bringen, und dabei dürfte allenthalben Überraschung auslösen, wieviel Gemeinsamkeiten zwischen beiden Ländern bestehen. So ist die Westintegration in Prag sowie Riga das oberste Ziel der Aussenpolitik, wobei Tschechien als 1999 frischgebackenes Nato-Mitglied und EU-Anwärter der sogenannten Ersten Gruppe auf diesem Weg etwas weiter fortgeschritten ist.

Für Lettland als ehemalige Sowjetrepublik ist eine Zukunft im Nordatlantikpakt von eminenter sicherheitspolitischer Bedeutung, doch die Verwirklichung dieses Ziels ist um einiges schwieriger, als es für Tschechien war. Moskau betrachtet die baltischen Staaten nach wie vor als sein Einflussgebiet, in welchem es keine Nato-Präsenz dulden will, und darüber hinaus lebt in Lettland - als Resultat einer früher forcierten Russifizierungs- respektive Sowjetisierungspolitik - heute eine zahlenmässig grosse russische Minderheit von rund 40 Prozent der Bevölkerung. Deren Schutz hat sich Moskau auf seine Fahnen geschrieben, weshalb in Lettland Unruhe darüber herrscht, wie man sich in Russland Massnahmen zur Verwirklichung dieses Schutzes konkret vorstellt. Immerhin hat Lettland auf der zweiten integrationspolitischen Schiene, den Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft, Fortschritte erzielt. Bei der Zusammensetzung der ersten Erweiterungsgruppe im Gegensatz zum nördlichen Nachbarn Estland noch ins Vorzimmer verwiesen, führen seit diesem Frühjahr nun auch die Letten Beitrittsverhandlungen und hegen Hoffnungen, die Länder der ersten Gruppe sogar noch einzuholen.

Für Gesprächsthemen zwischen der lettischen Präsidentin und ihren Prager Partnern, darunter Ministerpräsident Milos Zeman und Senatspräsidentin Libuse Benesova, ist also gesorgt - umso mehr, als auch die bilateralen Handelsbeziehungen seit 1994 grundsätzlich im Aufwind sind. Die tschechischen Exporte liegen dabei um rund das Siebenfache über den Importen aus Lettland, wofür die Struktur des Warenaustausches verantwortlich ist - aus Tschechien namentlich Strassenbahnen und Autobusse sowie Chemikalien, in der Gegenrichtung mit Schwergewicht Holz- und Korkerzeugnisse sowie Lebensmittel.

Autor: Rudi Hermann
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