Statement zur wirtschaftlichen Lage 1937 - Mit „Quasi-Booms“ gegen den Abschwung
Die Finanzkrise ist das Wort des Jahres 2008. Heute wollen wir uns aber nicht mit der gegenwärtigen Situation beschäftigen, sondern einen Zeitsprung von 80 Jahren zurück unternehmen. In den Jahren 1929 bis 1933 waren viele Länder der Erde von der Weltwirtschaftskrise erfasst. Wie sich die ökonomische Lage noch einmal vier Jahre später darstellt, berichtet Fritz Weil, ein Wirtschaftsexperte, im Tschechoslowakischen Rundfunk.
„Eine Frage, die heute auf aller Lippen schwebt, lautet: Konjunktur oder Krise?“
Ist es lediglich ein konjunktureller Abschwung oder handelt es sich um eine erneute Krise? Viele Menschen waren 1937 verunsichert. Das Wirtschaftswachstum hatte sich abgeschwächt und die Angst, es könnte zu einer weiteren Wirtschaftskrise wie vor vier Jahren kommen, machte sich breit. Wirtschaftsexperte Fritz Weil unterrichtete deshalb die deutschen Hörer des Tschechoslowakischen Rundfunks über die aktuelle wirtschaftliche Situation. Dabei versuchte er zu erklären, dass die wirtschaftliche Lage nicht allein an ökonomischen Faktoren festzumachen ist. Auch die Psychologie spiele eine wichtige Rolle. Seiner Meinung nach hängt die gedämpfte Konjunktur im Jahre 1937 damit zusammen,
„dass der Einzelne in einer ständigen Angst vor einer Wiederholung der Krise der Jahre 1929 bis 1933 lebt und dass diese Angst beherrschend und maßgebend für alle seine wirtschaftliche Handlungsweise geworden ist.“ Die Verbraucher sind 1937 zurückhaltend, da sie vier Jahre nach dem Ende der Weltwirtschaftskrise immer noch in der Angst leben, diese könnte sich wiederholen. Dabei sei die momentane Lage gar nicht so schlecht. Dieses psychologische Phänomen erklärt Fritz Weil folgendermaßen:
„Die Empfindung gipfelt darin, was man im Allgemeinen in der Wirtschaftspresse als „Angst vor dem Boom“ bezeichnet. „Boom“ ist die englische Bezeichnung für einen starken Auftrieb im Wirtschaftsleben, wobei diese Bezeichnung auch noch einen gewissen, bedenklichen Nebensinn in der Richtung einer Übertreibung dieses Auftriebes hat.“
Was kann also getan werden, um den Aufschwung, ungeachtet trüber Aussichten beim Konsum der privaten Haushalte, noch zu retten? Die Antwort Fritz Weils fällt etwas theoretisch aus:
„Die englischen Wirtschaftstheoretiker, so vor allem Professor King, vertreten die Auffassung, dass es das Ziel der Wirtschaftspolitik sein müsste, die Wirtschaft aus dem Zustand der permanenten Quasi-Depression der Jahre 1931 bis 1933, in dem sie zulange Zeit gelebt habe, in einen Zustand permanenten Quasi-Booms hinüberzuleiten.“
Ein „Zustand permanenter Quasi-Booms“ sei allerdings nicht sonderlich realistisch, wie Weil einräumt. Schließlich gebe es so etwas wie einen natürlichen Wirtschaftszyklus, bei dem auf einen Aufschwung auch immer ein Abschwung folgen muss. Für die Tatsache, dass der Aufschwung nach 1933 nur vier Jahre lang anhielt, hat Fritz Weil auch eine Begründung parat: Eine verstärkte Rohstoffnachfrage vieler Staaten nach einer Zeit des Mangels.
„Die Angst bei der Rohstoffeindeckung zu spät zu kommen, mag die Zyklengeschwindigkeit, mit der die einzelnen Wirtschaftsphasen abzurollen pflegen, in der ersten, bereits passierten Phase beschleunigt haben.“