Wirtschaftskrise beschäftigt Regierung und Opposition
Auch in der vergangenen Woche beschäftigte die weltweite Wirtschaftskrise die heimische Polit-Szene. Regierung und Opposition haben angekündigt, „Krisen-Pakete“ im Parlament zur Abstimmung einzubringen. Nicht nur Regierung und Opposition sind sich uneinig. Auch Kommunisten und Sozialdemokraten matchen sich um die besten Lösungen zur Krisenbewältigung.
„So wie eine Grippe, die eine Woche dauert, egal, ob Sie zur Arbeit gehen, so wie ich heute oder Sie im Bett liegen und all möglichen Tabletten in sich hineinstopfen, die Ihnen die verschiedenen Ärzte empfohlen haben. Genau so ist es auch mit der Wirtschaftskrise. Die Krise vergeht von selbst. Die Eingriffe des Staates spielen dabei nur eine sehr geringe Rolle.“
Soweit ein hörbar erkälteter Václav Klaus Ende vergangener Woche. Angesichts von derzeit rund 400.000 Arbeitslosen ein zumindest gewagter Vergleich. Nicht wenige Tschechen, die in den vergangenen Wochen ihren Arbeitsplatz verloren haben, dürften sich durch die Aussagen ihres Staatsoberhauptes geradezu provoziert fühlen.
Premierminister Mirek Topolánek reagierte in Brüssel auf die Aussagen des tschechischen Staatspräsidenten. Ob es ihm denn auf die Nerven gehe, im Ausland dauernd die Aussagen von Václav Klaus zu kommentieren, wurde der Premier und derzeitige Ratsvorsitzende gefragt:
„Nein. Weil ich schon lange aufgehört habe, diese Äußerungen zu kommentieren.“Der neben Topolánek stehende Kommissionspräsident José Manuel Barroso blickte sichtlich verdutzt und meinte nur knapp: Ich habe diese Aussagen überhaupt nicht verstanden, daher: Kein Kommentar.
Aber was tun gegen die Krise? Die Regierung und der von ihr eingerichtete nationale Wirtschaftsrat, kurz NERV beriet am Sonntag über mögliche Lösungsansätze. Im Mittelpunkt stehen dabei Steuererleichterungen für Unternehmer und eine Senkung der Sozialabgaben. Die wichtigsten Prioritäten stellte der Vizechef der Demokratischen Bürgerpartei, Landwirtschaftsminister Petr Gandalovič am Sonntag im Tschechischen Fernsehen vor.
„Es handelt sich um Hilfe an allen wichtigen Fronten. Auf der einen Seite für die Unternehmer und Investoren, auf der anderen Seite die Verbesserung der Beschäftigungssituation. Und dann ist da noch die Unterstützung der Exportwirtschaft. Wichtig sind uns auch die öffentlichen Ausgaben, etwa für die Wärmedämmung von Gebäuden, Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und so weiter.“
Besonders wichtig sei in wirtschaftlich unsicheren Zeiten wie diesen die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, meint Minister Gandalovič:
„Zum Beispiel die Verlängerung der Probezeit von neuen Arbeitnehmern. Diese Erleichterungen sollen die Arbeitgeber dazu bringen, neue Leute aufzunehmen. Somit können sie sicher sein, dass sie sich einfach wieder von den Angestellten verabschieden können, wenn es nötig ist.“
Mit einer Verringerung der Sozialversicherungsbeiträge will die Regierung zudem die Arbeitskosten senken. Der Vorsitzende der kommunistischen Fraktion im Abgeordnetenhaus, Pavel Kovačik kritisiert diese Pläne:
„Wieder bemüht man sich darum, den ‚oberen Zehnatusend’, den Reicheren zu helfen. Die Kosten für die Krise sollen die kleinen Angestellten, die Klein- und Mittelbetriebe, die Rentner und Familien mit Kindern bezahlen.“
Auch der Vorsitzende der größten Oppositionspartei, der Sozialdemokrat Jiří Paroubek, sieht keine Notwendigkeit für eine Senkung der Arbeitskosten:
„Ich teile diese Ansicht mancher Banker- und Unternehmerkreise nicht, die eine weitere Verbilligung der Arbeitskraft fordern. Wenn wir die Arbeitskosten bei und in Deutschland vergleichen, dann kommen wir auf gerade einmal 28 Prozent. Und wenn wir die Sozialabgaben weiter senken, dann werden wir auch weniger Geld auf den Pensionskonten haben. Damit treiben wir das Pensionssystem in die Krise. Das gefährdet die künftigen und auch die derzeitigen Rentenzahlungen.“Mit anderen Vorschlägen der Regierung kann sich Paroubek allerdings durchaus anfreunden. Etwa mit der geplanten Verkürzung der Abschreibefrist für Investitionen. Einen Computer im Wert von umgerechnet rund 3000 Euro etwa soll ein Unternehmer in Zukunft innerhalb eines Jahres und nicht wie bisher innerhalb von drei Jahren von der Steuer abschreiben können. Bei einem Auto im Wert von einer Million Kronen (35.000 Euro) soll sich diese Frist auf zwei oder drei Jahre verkürzen.
„Was die Verkürzung der Abschreibefristen betrifft, so denke ich, dass das ein logischer Schritt ist. Und wenn nicht irgendwelche Exzesse enthalten sind, etwa in der Art, dass man einen Rolls Royce, eine Yacht oder andere überflüssige Dinge abschreiben kann, dann werden wir einen solchen Gesetzesentwurf unterstützen. Denn schließlich haben wir das schon vor einigen Wochen in unserem eigenen Krisenhilfspaket vorgeschlagen. Es wäre also dumm, dies nicht zu unterstützen.“
Andere Vorschläge der Regierung sind für die Sozialdemokraten allerdings unannehmbar, etwa eine raschere Deregulierung des Wohnungsmarktes oder eine Steuersenkung für Großbetriebe und Personen mit hohem Einkommen. Daher will man auch eigene Gesetzesentwürfe einbringen. Ob diese auch Unterstützer außerhalb der sozialdemokratischen Reihen finden werden, ist aber noch unsicher:
„Ich denke. Wir werden über diese Dinge verhandeln. Dazu haben wir genügend Zeit: Wenn wir das im Abgeordnetenhaus einbringen, dann hat die Regierung zunächst 30 Tage Zeit, um sich dazu zu äußern; glaube ich zumindest, denn bei diesen Formsachen bin ich mir nicht so sicher.“
Eigene Gesetzesvorschläge zur Bewältigung wollen auch die Kommunisten einbringen. Details wollte Fraktionschef Kovačík allerdings nicht nennen: Er befürchte, dass die Sozialdemokraten dann wieder Ideenklau betreiben würden. Die Oppsition ist von einem einheitlichen Standpunkt zur Wirtschaftskrise also weit entfernt.
Unklar ist noch, ob die Regierung alle Punkte auf einmal als Paket zur Abstimmung bringen will, oder in mehrere kleine Päckchen zerteilt. Will die bürgerlich-liberale Koalition auf die Unterstützung der Sozialdemokraten zählen, solle sie tunlichst die zweite Variante wählen, gab Jiří Paroubek am Sonntag im Tschechischen Fernsehen zu verstehen. Landwirtschaftsminister Petr Gandalovič hat für sich die Entscheidung getroffen:„Das ist eine Frage der Taktik. Natürlich ist es für das Parlament vorteilhaft, dass es sich mit diesen Punkten im Einzelnen befasst. Das verstehe ich, das ist legitim. Auf der anderen Seite ist für die Regierung die Zeitfrage wichtig, und wir wollen ein komplexes Paket schnüren, wo nicht einzelne Maßnahmen aus dem Zusammenhang gerissen werden. Ich denke, es handelt sich um einen ausgewogenen Vorschlag. Daher bin ich dafür, das als Paket zur Abstimmung zu bringen.“
Die Regierung berät zurzeit über die einzelnen Punkt des Krisenhilfspaketes. Am Mittwoch soll der Kabinettsbeschluss dann im Abgeordnetenhaus präsentiert werden.