Statistik-Amt: 1,5 Million Bewohner Tschechiens von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht

Foto: Europäische Kommission

Mehr als 1,5 Million Bewohnern der Tschechischen Republik droht der Absturz in die Armut und soziale Ausgrenzung. Dies geht aus mehreren Studien hervor, deren Ergebnisse das Tschechische Statistikamt (ČSÚ) am Mittwoch veröffentlicht hat.

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Die Einnahmen der tschechischen Haushalte sind in den letzten Jahren zwar gestiegen. Dem Statistikamt zufolge sind hierzulande dennoch 1,5 Million Menschen von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Die Bewohner Tschechiens verdienen zwar mehr als vor einigen Jahren, können sich für das Geld aber immer weniger leisten.

Daniel Hůle arbeitet für die Hilfsorganisation „Člověk v tísni“. Seinen Worten nach sind heutzutage weit mehr Leute in einer schwierigen Soziallage als noch vor sechs Jahren.

Daniel Hůle  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Dies wurde durch die gestiegene Arbeitslosigkeit sowie die Folgen der Wirtschaftskrise verursacht. Es ist notwendig, über das Problem zu sprechen und es auf gesamtstaatlicher Ebene zu lösen.“

Dem Bericht des Statistikamtes ist zu entnehmen, dass sich die Situation am meisten bei den vollständigen Familien verschlechtert habe. Diese Tatsache sei beachtenswert, sagt Daniel Hůle.

„Die Situation der unvollständigen Familien war schon eine Zeit lang schlecht. Aber der Anteil der Haushalte, die sich in den Jahren von 2009 bis 2013 nicht erlauben konnten, eine unerwartete Ausgabe zu bezahlen, ist unter den vollständigen Familien um zehn Prozent gestiegen. Dadurch sind bereits auch Familien, die zur Mittelschicht gehören, von der Armut bedroht. Diese Familien wurden von der Wirtschaftskrise am stärksten getroffen.“

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Laut Hůle habe sich gezeigt, dass sich die Situation nach der Wirtschaftskrise von 2008 insgesamt ein wenig verbessert habe. Obwohl beispielsweise die Wohnkosten gestiegen sind, ging es den Menschen 2013 im Vergleich mit dem Vorjahr ein wenig besser. Daniel Hůle über die Gründe:

„Dabei spielt auch das subjektive Gefühl der Zufriedenheit eine wichtige Rolle. Es ist bekannt, dass das Zufriedenheitsgefühl nicht eindeutig davon abhängt, wieviel Geld der Mensch hat.“

Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Dem Bericht des Statistikamtes ist zu entnehmen, dass trotz der verschiedenen Probleme fast drei Viertel der tschechischen Bevölkerung mit ihrem Leben zufrieden sind. Nur ein Zehntel der Bewohner sei unzufrieden, so Jaromír Kalmus von der Sozialabteilung des Statistikamtes:

„Die Männer sind zufriedener mit der finanziellen Situation und mit ihrer Arbeit. Die Frauen sind mit den persönlichen Beziehungen zufriedener.“

2012 entfielen auf das Mitglied eines Haushalts in Tschechien im Schnitt 149.700 Kronen (5.540 Euro) jährlich; monatlich waren es rund 12.500 Kronen (460 Euro). Seit Beginn der Wirtschaftskrise bis zum Jahr 2011 stagnierten die Reallöhne in Tschechien und seien danach sogar gesunken, so das Statistikamt. Ein Viertel der Gelder, die die Haushalte zur Verfügung haben, stammt zudem aus Sozialleistungen und Renten.