Streitpunkt Gehalt: Richter und Regierung einigen sich auf Kompromiss

Foto: Archiv Radio Prag

Wieviel sollen Richter verdienen? Nicht nur in Deutschland sorgt diese Frage regelmäßig für Diskussionen. Während allerdings beim Nachbarn zuletzt die Gehaltsunterschiede zwischen den Bundesländern verhandelt wurden, geht es in Tschechien um den gesamten Berufsstand. Über ein Drittel der Richter hierzulande hatte Klage eingereicht, weil sie in den letzten Jahren zu wenig Lohn erhalten hätten. Nachdem ihnen der Oberste Gerichtshof Recht gegeben hat, sah sich die Regierung in Zugzwang. Ein Kompromiss soll nun einerseits die Richter zufrieden stellen, andererseits kein allzu großes Loch in den Haushalt reißen.

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Mit einem Durchschnittsgehalt von umgerechnet 2500 Euro geht es den Richtern in Tschechien vergleichsweise gut. Der landesweite Durchschnittslohn liegt bei 900 Euro. Doch wie der Oberste Gerichtshof kürzlich entschieden hat, steht den etwa 3000 Richtern hierzulande noch mehr zu. Ihre Gehälter wurden offenbar jahrelang falsch berechnet. Josef Baxa ist der Vorsitzende des Obersten Verwaltungsgerichtshofes.

„Diese Angelegenheit zieht sich schon seit Jahren hin. Natürlich verhilft uns das derzeit nicht gerade zu großem Ansehen in der Bevölkerung, wenn wir Millionenbeträge einfordern. Doch die Rechnung ist so hoch, weil die Beträge jahrelang angehäuft wurden, und weil mehrere Parlamente und Regierungen die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes ignoriert haben.“

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Auch Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse wurden bei der Berechnung mit einbezogen, dabei dürfen laut einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nur die Vollzeitanstellungen zugrunde gelegte werden. Um einer Klagewelle zu entgehen, suchten Regierung und Richter in der vergangenen Woche nach einer Lösung. Herausgekommen ist ein Kompromiss, mit dem beide Seiten leben können. Premier Bohuslav Sobotka:

„Ich halte es für den größeren Erfolg, dass wir mit den Richtern eine Einigung erzielen konnten, als dass wir Verzugszinsen oder Gerichtskosten zahlen müssten, die mit den jeweiligen Prozessen verbunden wären.“

Ausbezahlt werden sollen nun die zusätzlichen Ansprüche für die Jahre 2012 bis 2014. Für das Justizministerium bedeutet das Mehrausgaben in Höhe von umgerechnet 43 Millionen Euro. Auf mehr als die Hälfte der falsch berechneten Löhne müssten die Richter dennoch verzichten. Zukünftige Klagen sind durch die Übereinkunft keinesfalls ausgeschlossen. Justizministerin Helena Válková hofft aber, dass die große Mehrheit sich mit dem Ergebnis arrangieren kann:

Helena Válková  (Foto: ČTK)
„Ich bin mir sicher, dass dieser Appell vielleicht nicht von 100 Prozent, aber doch von 80 oder 90 Prozent der Richter akzeptiert wird.“

Für die Chefin des Justizressorts waren die Verhandlungen um die Richtergehälter vermutlich die letzte Amtshandlung. Die 64-jährige Strafrechtsexpertin und Politikerin der Ano-Partei steht seit Monaten in der Kritik. Wie am Dienstag bekannt wurde, hat sie sich mit Parteichef Andrej Babiš bereits auf einen Rücktritt geeinigt.