Studie: Armut bei Frauen auch Folge von Chancenungleichheit auf dem Arbeitsmarkt

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag

Der 8. März ist seit rund 100 Jahren der Internationale Frauentag. Zum Großteil war der Kampf der Frauen um Gleichberechtigung erfolgreich, dennoch ist der 8. März immer ein Tag der Kritik: Denn es gibt noch Unterschiede zu den Männern, besonders im sozialen Bereich. Dies hat nun auch eine Studie aus Tschechien deutlich gemacht.

Eliška Kodyšová  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Bei Frauen in Tschechien ist die Wahrscheinlichkeit weit höher, in die Armut abzurutschen, als bei Männern. Dies geht aus dem Jahresbericht des NGO-Netzwerks Social Watch zum Weltfrauentag hervor. Demnach sind vor allem alleinerziehende Mütter und Seniorinnen von materiellem Notstand bedroht. Das belegen die Daten der zum tschechischen Ableger von Social Watch gehörenden Organisationen. Eliška Kodyšová ist die Direktorin von Aperio, einer Organisation zur Unterstützung von alleinerziehenden Eltern:

„Vom direkten Weg in die Armut sind über 20 Prozent der Familien gefährdet, bei denen nur noch ein Elternteil vorhanden ist.“

Markéta Mottlová vertritt die Organisation Fórum 50 %, die sich für eine stärkere Präsenz der Frauen in Politik und Gesellschaft stark macht. Nach Meinung von Mottlová wird dieser Unterschied auch im Rentenalter sichtbar:

„Frauen sind doppelt so häufig von Armut bedroht wie Männer. Am deutlichsten wird dies bei den Ein-Personen-Haushalten mit Menschen, die über 65 Jahre alt sind. Das Risiko, in die Armut abzudriften, liegt hier für Frauen bei 20 Prozent und bei nur rund 9 Prozent für Männer.“

Illustrationsfoto: UNDP in Europe and Central Asia via Foter.com / CC BY-NC-SA
Diese Kluft hat ein- und dieselbe Ursache: Die unterschiedliche Rollenverteilung zwischen Mann und Frau bei der Kindererziehung. Denn auch heutzutage wird sie in erster Linie von den Müttern wahrgenommen. Diese Erziehung nimmt viel Zeit in Anspruch. Zeit, die vor allem den alleinerziehenden Müttern fehlt, um einer anspruchsvollen Arbeit nachzugehen. Eliška Kodyšová:

„Diese Frauen sind meist in Beschäftigungsverhältnissen, die nicht gut bezahlt sind. Dazu zählen Gelegenheitsarbeiten, Ferien- oder Teilzeitjobs, bei denen diese Frauen sehr häufig als Kellnerin in einer Gaststätte oder als Kassiererin in einem Supermarkt arbeiten. Es geht ihnen vor allem darum, dass sie ihre Arbeit mit der Kinderbetreuung in Einklang bringen können.“

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Auch wenn dies gelingt, der finanzielle Erwerb bleibt dabei in der Regel auf der Strecke. Daher sei es auch nicht verwunderlich, dass Familien von arbeitenden Alleinerziehenden zu 13,6 Prozent von Armut bedroht sind. Bei den Haushalten mit zwei verantwortlichen erwachsenen Personen sind es hingegen nur 4,9 Prozent. Der Anteil der Familien mit nur einem Elternteil ist also um 2,8 Mal größer als der Anteil von Familien mit beiden Eltern. In der EU ist die Differenz durchschnittlich nur halb so groß. Wo sich indes kaum ein Unterschied auftut, seien die Folgen für die Kinder der in Armut lebenden Familien. Dies belege eine Studie aus Irland, bedeutet Kodyšová:

„Die Armut wirkt sich negativ auf das Heranwachsen der Kinder in der Schule aus. Sie werden sehr häufig von ihren Altersgenossen nur geringschätzig betrachtet oder gar gemieden. Bei Jungen kann das zu Verhaltensproblemen führen, bei Mädchen zu einem Gefühl der Beklemmung und Depression. Und daraus können durchaus auch gesundheitliche Probleme entstehen.“

Markéta Mottlová  (Foto: ČT24)
Doch damit nicht genug. Alle Frauen, die wegen der Kindererziehung längerfristig nur Teilzeitjobs ausführen, bekommen den Nachteil noch einmal im Alter zu spüren, sagt Markéta Mottlová:

„Die Teilzeitjobs sind zwar in einer bestimmten Phase des Lebens von Vorteil, wenn Frauen ihr Arbeits- und Privatleben in Einklang bringen wollen. Auf der anderen Seite sollte dies aber nur eine zeitlich begrenzte Lösung sein und keine dauerhafte. Denn Teilzeitjobs bedeuten nicht nur geringe Löhne, sondern auch niedrigere Renten.“

Folglich müssen die Frauen als Nächstes darum kämpfen, dass ihre Arbeit bei der Kindererziehung künftig mehr Anerkennung findet. Oder aber die Frauen müssen derart qualifiziert sein, dass sie auch während der Mutterschaft einen gut bezahlten Job ausüben können, resümiert Eliška Kodyšová.