Subversive Musik im tschechoslowakischen Kommunismus – Konferenz in Dresden

Kennen Sie gefährliche Musik? Zumindest die Machthaber der ehemaligen kommunistischen Tschechoslowakei kannten sie. So stuften sie zum Beispiel die Werke von Marek Kopelent als gefährlich ein und verboten sie. Wie sich das Jahr 1968 und speziell der „Prager Frühling“ auf die Musik ausgewirkt haben, damit beschäftigte sich vergangene Woche eine Konferenz in Dresden. Jörn Peter Hiekel, Organisator der Konferenz erklärt worum es genau ging.

Herr Hiekel, Ende vergangener Woche fand an der Hochschule für Musik in Dresden eine Konferenz statt. Das Thema lautete: „Musik und andere Künste zwischen Autonomie und Funktionalisierung - Perspektiven und Erfahrungen 40 Jahre nach dem Prager Frühling“. Ein langer Titel. Um was ging es denn da konkret?

„Die Konferenz ging von der Überlegung aus, dass ein Ereignis wie der „Prager Frühling“ – und wir haben es an manchen Stellen sogar noch weiter gefasst und das ganze Jahr 1968 mit all seinen Facetten einbezogen – sich auf die Musik einfach ausgewirkt haben musste. Dabei haben wir, ausgehend von der tschechischen Musik, uns gefragt, was Kunst in solchen Zeiten überhaupt zu leisten vermag? In welcher Weise ist sie eingebunden in Zusammenhänge einer Funktionalisierung und Politisierung? Welche Energien kann das freisetzen? Welche tragischen und fragwürdigen Auswirkungen hat das auf die Musik?“

Die Konferenz hat auf den Prager Frühling vor 40 Jahren zurückgeblickt. Was kann man aus heutiger Sicht sagen? Hat sich der Prager Frühling auf die Musik ausgewirkt?

„Man kann feststellen, dass es gerade in der Tschechoslowakei sehr starke Auswirkungen auf die Musik gab. Komponisten sahen sich vor die Herausforderung gestellt aufzubegehren und nach Strategien des Widerstands zu suchen. Es entstanden Kunstformen mit subversivem, mit untergründig rebellierendem Charakter. Das ist wie eine Geheimsprache, eine kodierte Sprache. Es ist hoch interessant zu erforschen, was davon genau durch die Ereignisse des „Prager Frühlings“ beeinflusst worden ist.“

Es wurden aber nicht nur Vorträge gehalten, am Donnerstagabend gab es „Musik aus Prag“ – ein so genanntes Gesprächskonzert mit Werken tschechischer Komponisten. Was kann man sich darunter vorstellen?

„Es ging in diesem Konzert darum, Komponisten wie Marek Kopelent, Zbyněk Vostřák oder auch Jan Klusák und Svatopluk Havelka vorzustellen. Es sind feste Größen in der tschechoslowakischen Musik. In Gesprächkonzerten geht es darum, einen Dialog zwischen der Wissenschaft und der Kunst selbst herzustellen, und im Gespräch – deshalb Gesprächskonzert – hat Marek Kopelent die Perspektiven beleuchtet, die mit den Umständen dieser Komponisten zu tun haben. Nehmen wir als Beispiel Zbyněk Vostřák. Von ihm gibt es zwei Kompositionen aus dem Jahr 1973. Diese Musik von 1973, das muss man sich vorstellen, ist vor 1989 tot geschwiegen worden und wurde in Prag nie aufgeführt. Wir haben uns daher sehr gefreut, dass eines dieser Stücke bei unserem Symposium zur Uraufführung gelangt ist.“