Symbol des Widerstands: Kardinal Josef Beran
Josef Beran verbrachte drei Jahre im KZ. Unter dem kommunistischen Regime wurde er dann 16 Jahre lang interniert und später des Landes verwiesen.
Josef Beran stammte aus einer Lehrerfamilie. Er wurde am 29. Dezember 1888 in Plzeň / Pilsen geboren. Nach dem Abitur dachte er zuerst an ein Medizinstudium, unter dem Einfluss seines Religionslehrers entschied er sich jedoch für den Priesterberuf. Als hoch begabter Student wurde er darauf zum Theologie- und Philosophiestudium nach Rom geschickt. Nach der Rückkehr in seine Heimat arbeitete er an verschiedenen Orten als Priester und unterrichtete Religion und Pädagogik, unter anderem am Prager St.-Anna-Lehrerinstitut. 1932 wurde Beran zum Rektor des Prager Priesterseminars ernannt. Während der nationalsozialistischen Besatzung Böhmens und Mährens wurde Beran von der Gestapo verhaftet und im Sommer 1942 ins KZ Dachau verschleppt. Michal Pehr ist Historiker an der tschechischen Akademie der Wissenschaften.
„Es gab verschiedene Gründe, warum Beran verhaftet wurde. Vor allem war das seine mutige Haltung. Er hat an Menschen erinnert, die zuvor von den Nationalsozialisten verhaftet worden waren, er hat für sie gebetet und Messen gelesen.“Eingesperrt im KZ Dachau
In Dachau begegnete Beran vielen Mitbrüdern und seinen ehemaligen Studenten. Aber er traf auch Menschen, denen er zuvor nur selten begegnet war: mit Liberalen, Sozialisten, Kommunisten und Geistlichen anderer Kirchen.
„Eine Reihe früherer Mitgefangener im KZ hat sich später an Beran erinnert. Für besonders wertvoll halte ich das, was Pfarrer František Štverák erzählt hat. Aber auch deutsche oder polnische Priester hatten Beran in guter Erinnerung. Nach Kriegsende wollte er eigentlich wieder auf die Rektorenstelle des Priesterseminars zurückkehren. Doch der Posten des Prager Erzbischofs war unbesetzt. Den eigentlichen Kandidaten für das Amt, den Bischof von Hradec Králové, Mořic Pícha, lehnte die damalige tschechoslowakische Regierung ab. Schließlich wurde Josef Beran 1946 zum Prager Erzbischof ernannt.“
Beran konnte jedoch nur eine kurze Zeit der Freiheit genießen. Am 24. Februar 1948 brachte er in einem Hirtenbrief seine ablehnende Haltung gegenüber den Kommunisten zum Ausdruck. Einen Tag später ergriffen die Kommunisten die Macht in der Tschechoslowakei. Der Historiker:„1949 erhielt der Erzbischof zunächst Hausarrest im erzbischöflichen Palais in Prag, bald darauf wurde er aber außerhalb der Prager Diözese interniert. Dies war die härteste Zeit der Verfolgung. Er durfte keinen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen. Mehrfach wechselten die Orte, an denen er eingesperrt war. Das Ziel war, Beran einzuschüchtern und ihn zu verunsichern, was weiter mit ihm passieren würde. Denn der kommunistische Geheimdienst StB wollte ihn brechen und dazu zwingen, ein Protokoll über die Zusammenarbeit mit dem StB zu unterschreiben.“
Die Gläubigen wussten die ganze Zeit nicht, was mit dem Erzbischof passiert war. Als in den 1960er Jahren wiederholt die Informationen durchsickerten, wo er interniert war, wurde der Gefangene wieder an einen anderen Ort gebracht. Überwacht wurde Beran von den Geheimdienstlern und von Polizisten. In den 1950er Jahren wurden viele Priester und Ordensmitglieder in Schauprozessen zu hohen Haftstrafen verurteilt. Doch die Kommunisten trauten sich nicht, einen solchen Prozess auch gegen Beran zu führen. Michal Pehr:
„Ein Prozess gegen ihn hätte das Regime sehr schwer begründen können. Denn Beran hatte einige Jahre im KZ verbracht. Darum entschied sich die Staatsmacht für die Internierung des unbequemen Geistlichen. Sie war, wie sich auch einige der internierten Bischöfe später erinnerten, in mancher Hinsicht schlimmer als ein Gefängnisaufenthalt. Denn die Internierten wussten nicht, ob sie nicht später hingerichtet würden. Das hat sie in starke Depressionen gestürzt.“Rückkehr nicht erlaubt
Beran war bis zu seiner Ausreise nach Rom im Jahre 1965 praktisch ständig interniert, auch wenn die Bedingungen in den letzten Jahren dann etwas milder waren als zuvor. Der Historiker:
„Vertreter des Vatikans verhandelten mit der damaligen tschechoslowakischen Behörde für Kirchenangelegenheiten über das Schicksal von Josef Beran. Man vereinbarte, dass der Geistliche nach Rom reisen durfte, um die Kardinalsinsignien entgegenzunehmen, aber dass ihm nicht mehr ermöglicht würde, in seine Heimat zurückzukehren. Papst Paul VI. ernannte Beran im Januar 1965 zum Kardinal. Am 19. Februar fuhr Beran nach Rom. Während seiner Zeit dort verschlechterte sich aber sein Gesundheitszustand, und Beran wünschte sich umso mehr, in die Tschechoslowakei zurückkehren zu können. Dies wurde ihm jedoch nicht gestattet, weil er als Symbol der Freiheit galt und sehr beliebt war. Die damaligen tschechoslowakischen Machthaber hatten Angst vor Josef Beran. Ihnen war bewusst, dass er nicht nur für die Kirche, sondern auch für die gesamte Gesellschaft große Bedeutung hatte.“
Nur vier Jahre waren Beran im Exil in Rom noch vergönnt. Nach seiner Ankunft nahm er auch an einer Tagung des Zweiten Vatikanischen Konzils teil, sagt Michal Pehr:„Viele der Zeitzeugen haben erzählt, dass er dort große Aufmerksamkeit bekam. Denn es war bekannt, dass er so viele Jahre interniert gewesen war. Beran weckte aber nicht nur die Aufmerksamkeit der Teilnehmer am Konzil, sondern auch vieler im Exil lebenden Tschechen. Es ist fast unglaublich, wie viele Pastoralreisen zu den Auslandstschechen Beran während seiner kurzen Zeit in Rom unternommen hat.“
Die Reisen führten den Kardinal auch nach Kanada und in die USA. Dazu erschien dann ein Buch mit dem Titel „Durch die Neue Welt“:
„Die Reportagen zeugen davon, dass Josef Beran nicht nur Prager Erzbischof war, sondern auch ein Symbol für die nicht-kommunistische Gesellschaft im Exil. Es ist sehr beeindruckend, wie viele Menschen Beran in den USA sehen wollten – auch solche, denen ansonsten ein katholischer Geistlicher nichts bedeutete. Als Beran Washington besuchte, kamen Vertreter aller Strömungen im tschechischen Exil zusammen. Unter ihnen waren genauso Sozialdemokraten wie etwa Mitglieder der Agrarpartei. Sie alle wollten den Prager Erzbischof, den Helden des antikommunistischen Widerstands sehen.“
Die späte Rückkehr
Josef Beran starb am 17. Mai 1969 in Rom. Da nicht einmal sein Leichnam in die Tschechoslowakei zurückgebracht werden durfte, wurde er bei den Päpsten im Petersdom bestattet. Fast 50 Jahre hat es nun gedauert, um den letzten Wunsch des Kardinals zu erfüllen. Am Freitag sind Josef Berans Gebeine nach Prag überführt worden, sie werden am Montag im Veitsdom bestattet.„Es stimmt schon, dass es sehr spät dazu gekommen ist. Immerhin sind 29 Jahre vergangen seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes. Gleich nach der Wende gab es Versuche, die sterblichen Überreste von Josef Beran in die Tschechoslowakei zu überführen. Diese Versuche führten zur Diskussion und zu Streitigkeiten nicht nur innerhalb der katholischen Kirche, sondern in der Gesellschaft. Viele Menschen argumentierten, dass der Petersdom eine letzte Ruhestätte von großem Prestige sei. Sie vergaßen jedoch den Wunsch des Geistlichen, den er in seinem Testament zum Ausdruck gebracht hatte: nämlich in seiner Heimat bestattet zu werden.“
Nach einem Festgottesdienst am Samstag im Prager Veitsdom zu Ehren des Heiligen Adalbert wird der Sarg mit den sterblichen Überresten des Kardinals dort erst einmal auch ausgestellt sein. Am Montag wird Beran dann in der St.-Agnes-Kapelle des Doms bestattet. Die Beisetzung findet am Tag des böhmischen Landespatrons, des Heiligen Adalbert, statt. Seine Person ist eng verbunden mit dem Prager Erzbistum. Der Posten des Erzbischofs in der tschechischen Hauptstadt wird auch „Stuhl des Heiligen Adalbert“ genannt.