Tausende demonstrieren gegen Abbau des Sozialstaates

Foto: ČTK

Am Samstag wurde in Tschechien an die Samtene Revolution von 1989 gedacht - in Prag, aber auch in anderen tschechischen Städten, hatte das Gedenken in diesem Jahr eine weitere Dimension. Die Gewerkschaften und mehrere Bürgerinitiativen hatten zu Demonstrationen gegen die Sparpolitik der Regierung aufgerufen. Die meisten Menschen kamen auf dem Prager Wenzelsplatz zusammen.

Foto: ČTK
„Stoppt die Regierung“ – so heißt die Plattform von Gewerkschaftsorganisationen und Bürgerinitiativen, die zu dem Protest aufgerufen hatte. Rund 10.000 Menschen waren gekommen, schätzte die Polizei, die Veranstalter sprachen sogar von 20.000 Teilnehmern. Das Datum 17. November und der Ort waren wegen der Symbolik gewählt worden: Auf dem Wenzelsplatz hatten 23 Jahre zuvor Hunderttausende Menschen gegen die damalige kommunistische Regierung protestiert und ihnen mit dem Klingeln der Schlüsselbünde bedeutet, es sei Zeit zu gehen. Jana Kašparová von „Stop vládě“ kritisierte in ihrer Ansprache, dass die soziale Ungerechtigkeit seit 1989 enorm zugenommen habe:

Jaroslav Zavadil  (Foto: ČTK)
„Habt Ihr damals mit den Schlüsseln geklimpert, damit heute die Menschen ihre Arbeit verlieren, damit sie heute Pfändungen fürchten müssen, damit die Armut wächst, Krankenhäuser geschlossen werden – und vor allem, damit öffentliches Eigentum veruntreut wird?“

Weitere Hauptredner waren Gewerkschaftsboss Jaroslav Zavadil und der ehemalige Dissident Petr Uhl. Gewerkschafter Zavadil hatte unlängst behauptet, das Mitte-Rechts-Kabinett von Premier Petr Nečas sei die schlechteste Regierung im Land seit 50 Jahren – eingeschlossen der kommunistischen Regierungen. Bei der Hauptkundgebung erinnerte er daran, dass es bereits einige Demonstrationen gegen die Sparpolitik gegeben hat:

„Wir dürfen uns nicht mit dem zufriedengeben, was ist. Wir müssen weiter gegen die Politik der Regierung protestieren, die bereits elf Minister ausgetauscht hat. Ich finde, die Regierung hätte nicht nur schon längst abtreten müssen, sondern sie hätte eigentlich die Flucht ergreifen müssen.“

Foto: ČTK
In Reaktion auf die Kundgebung warfen einige Minister den Gewerkschaften vor, die Menschen aufzuwiegeln. Premier Nečas rechtfertigte hingegen seine Politik:

„Wir versuchen mit aller Anstrengung, das soziale System so zu gestalten, dass auch wirklich den Bedürftigen geholfen wird. Auf der anderen Seite muss ich daran erinnern, dass die Tschechische Republik EU-weit das Land ist, in der die geringste Gefahr besteht, zu verarmen.“

Das aber sahen die Demonstrationsteilnehmer anders, wie ein Mann bestätigte:

„Diese Regierung schert sich nicht um die Menschen. Wir betteln um jede Krone, damit wir überleben können.“