Proteste gegen Regierungsreformen am Staatsfeiertag
Der 17. November ist in der Tschechischen Republik ein arbeitsfreier Tag. An diesem besonderen Feiertag wird der samtenen Revolution 1989 gedacht, die durch Proteste von Studenten ausgelöst wurde. Aber es wird auch jenen Studenten gedacht, die 1939, vor allem in Prag, gegen die deutsche Besatzung protestierten. Auch dieses Jahr nutzten die tschechischen Bürger den symbolträchtigen Tag zu Demonstrationen – diesmal aus eher sozialen Gründen.
„Wir fordern, dass die Angestellten mehr Rechte erhalten. Wir wollen, dass eine staatliche Rentenversicherung garantiert wird. Und wir fordern, dass diejenigen, die in eine schwierige soziale Situation geraten sind, die arbeitslos werden, volle Unterstützung durch den Staat erhalten“,
so Jan Májíček, Sprecher der Bürgerinitiative „ProAlt“, die die Demonstrationen am Donnerstag organisiert hat. Vor allem gegen die geplanten Reformen der Regierung im Sozial- und Gesundheitswesen richten sich die Proteste. Auch die sozialdemokratische Opposition beteiligte sich. Der Parteivorsitzende Bohuslav Sobotka lief auf der Demonstration mit:„Die Menschen haben das Recht sich zu Wort zu melden. Die Reformen der Regierung sind schädlich und ungerecht. Die Sozialdemokraten halten es für nötig, die heutige Demonstration zu unterstützen. Wir hoffen ebenfalls, dass diese Regierung so schnell wie möglich stürzt.“
Aber auch die Vorsitzenden der Kommunisten, Vojtěch Filip, der Grünen, Ondřej Liška, und der Piratenpartei, Ivan Bartoš, demonstrierten mit. Die Regierung hat natürlich eine ganz andere Haltung zu den Forderungen der Demonstranten, wie der Stellvertretende Vorsitzende der Bürgerdemokraten, Jiří Pospíšil, betont:„Lasst uns darüber diskutieren, wie die Reformen zu gestalten sind. Eine Diskussion darüber, ob Reformen nötig sind oder nicht, ist aber völlig unnütz, weil die Entwicklung in ganz Europa die Notwendigkeit von Reformen beweist.“
Die drei Koalitionsparteien seien bei den Parlamentswahlen mit einem Reformprogramm angetreten und die Wähler haben ihnen aufgrund dieser Reformen ihre Stimmen gegeben, so Pospíšil weiter, daher betrachte die Regierung die Reformen als Willen der Wähler. Zumindest einige der Wähler hatten sich wohl unter Reformen etwas anderes vorgestellt. Die Sprecherin der Initiative Alternativa Zdola, Ilona Švihlíková, fand klare Worte:„Gesundheitsfürsorge nur für Reiche, eine Einführung von Studiengebühren, ein Anstieg von Senioren, die auf der Strasse enden – wir sind hier heute zusammengekommen, um dazu deutlich zu sagen: Nein.“
Und während die einen 22 Jahre nach der Revolution um den sozialen Frieden fürchten, sprach Staatspräsident Václav Klaus bei der offiziellen Gedenkveranstaltung davon, dass die Aufgabe der Politik vor 22 Jahren nicht darin bestanden habe, einem jeden Glück und Reichtum zu sichern, sondern das politische, ökonomische und soziale System des Kommunismus in etwas gänzlich anderes zu verwandeln. Und dies, so Klaus weiter, sei hundertprozentig gelungen.