Tauziehen um Kurdenpolitiker Muslim

Saleh Muslim (Foto: ČTK)
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Die tschechische Polizei hat aller Wahrscheinlichkeit nach den syrischen Kurdenpolitiker Saleh Muslim festgenommen.

Saleh Muslim  (Foto: ČTK)
Am Samstag hat die tschechische Polizei in einem Prager Hotel einen Ausländer festgenommen. Laut Angaben der türkischen Presseagentur Anadolu soll es sich um Saleh Muslim handeln, den ehemaligen Chef der syrischen Kurden-Partei PYD. Die Behörden hierzulande wollten die Identität des Verhafteten zunächst jedoch nicht bestätigen. Andrea Zoulová ist Sprecherin der Prager Polizei:

„Der Verdächtige befindet sich nach Durchführung aller nötigen polizeilichen Schritte in Untersuchungshaft. Die Polizei verfährt nun standardgemäß weiter nach den geltenden internationalen Abmachungen und Gesetzen zur Auslieferung von Straftätern.“

Dass es sich um den ehemaligen Kurdenführer Muslim handelt bestätigten jedoch nicht nur türkische Stellen, sondern auch Vertreter der Kurden. „Ja, verhaftet wurde Saleh Muslim, Verbündeter der Koalitionskräfte im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat“, sagte der in Prag ansässige kurdische Schriftsteller und Unternehmer Yekta Uzunoğlu gegenüber dem Tschechischen Rundfunk. Am Montag folgte schließlich auch eine offizielle Stellungnahme der PYD, Zitat:

Kurdenmiliz YPG  (Foto: Kurdishstruggle,  CC BY 2.0)
„Die tschechische Regierung sollte Saleh Muslim augenblicklich freilassen und sich für diesen illegalen und unmoralischen Schritt entschuldigen. Muslim hat eine wichtige Rolle bei der Revolution in Syrien gespielt, vor allem im diplomatischen Kampf gegen den IS. Er versucht, die Welt vor dem Terror zu schützen, der von der türkischen AKP-Regierung unterstützt wird.“

Ankara hat Saleh Muslim bereits 2016 auf die Fahndungsliste von Interpol gesetzt und eine Belohnung von umgerechnet 800.000 Euro auf dessen Verhaftung ausgeschrieben. Der 67-Jährige soll mit der syrischen Kurdenmiliz YPG zusammengearbeitet haben, die in der Türkei als Terrororganisation gilt. Außerdem soll Muslim 2016 an einem Anschlag auf einen Militärkonvoi in Istanbul beteiligt gewesen sein. Laut dem Nachrichtenportal Daily Sabah informierten türkische Geheimdienste die tschechischen Behörden über die Anwesenheit des ehemaligen PYD-Chefs in Prag, er sollte dort an einer Nahost-Konferenz teilnehmen. Das Außenministerium in Prag bestätigte, dass man mit Ankara über die Auslieferung verhandelt:

Tobias Pflüger  (Foto: Blömke/Kosinsky/Tschöpe,  CC BY-SA 3.0 DE)
„Ein Termin für telefonische Verhandlungen mit dem türkischen Außenministerium steht noch nicht fest, er wird derzeit noch abgesprochen“, so die Sprecherin des Ressorts, Irena Valentová.

Der Ball liegt laut dem tschechischen Außenamt außerdem bei der Polizei und dem Justizministerium. Die Türkei bestätigte laut der Presseagentur Reuters am Montag offiziell, einen Auslieferungsantrag gestellt zu haben.

Kritik an der Verhaftung kam mittlerweile auch aus Deutschland. Der stellvertretende Linken-Parteivorsitzende Tobias Pflüger verurteilte die Festnahme Muslims am Sonntag. „Offensichtlich hat das EU-Mitglied Tschechien Handlangerdienste für die Türkei geleistet“, kritisierte er. Wie die Presseagentur dpa mitteilte, forderte Pflüger die Bundesregierung auf, sich für die Freilassung des ehemaligen PYD-Chefs einzusetzen.

Die Verhaftung von Saleh Muslim ist international heikel. Nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei im vergangenen Jahr flutet Ankara Interpol mit internationalen Haftbefehlen, diese werden jedoch von vielen Staaten ignoriert. Auf der anderen Seite steht Tschechien unter Druck, denn derzeit befinden sich zwei junge Tschechen in der Türkei in Haft, da sie in Syrien die kurdische YPG-Miliz unterstützt haben sollen.