Tschechien fordert Sanktionen gegen Türkei
Die Türkei ist weiterhin auf dem Vormarsch im Norden Syriens. Hauptziel der Operation sind die dortigen Kurden. Bei den Partnern Ankaras in Europa stößt das auf Unverständnis. Tschechiens Außenminister Petříček fordert nun scharfe Sanktionen.
„Neben dem Konflikt im Nordosten Syriens haben wir derzeit noch ein weiteres Problem mit der Türkei – es geht dabei um die illegale Ölförderung in den Gewässern Zyperns. Da haben wir klar reagiert und Sanktionen eingeführt. Wir bemühen uns darum, alle wirtschaftlichen Instrumente anzuwenden, die wir haben. Damit wollen wir Druck auf Ankara ausüben, damit in beiden Fällen die einseitigen und illegitimen Schritte eingestellt werden.“
Er persönlich sei eindeutig für Sanktionen gegen Ankara, macht Petříček in dem Gespräch deutlich. Gleichzeitig betont er aber, dass man als Europäische Union geschlossen gegenüber Präsident Erdoğan auftreten sollte. Vor allem deshalb, da die derzeitige Lage insbesondere Russland und dem Assad-Regime nützen würde, so der tschechische Außenminister. Laut Petříček liegt der Ball nun bei der scheidenden EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini:
„Ich bin mit unseren EU-Partnern in Kontakt, um weitere Schritte auszuloten. Ich möchte, dass Federica Mogherini mit der türkischen Seite verhandelt und uns darüber auf dem Laufenden hält, wie die Union eine diplomatische Lösung des Konflikts voranbringen könnte.“
Tomáš Petříček würde insbesondere ein Waffenembargo gegen die Türkei als effektives Druckmittel begrüßen. Dafür reichen in seinen Augen aber Maßnahmen auf der europäischen Ebene nicht aus:„Die Europäische Union koordiniert derzeit ein Ausfuhrverbot für Waffen an die Türkei. Das wäre ein starkes Signal, denn wir wollen nicht, dass europäische Waffen bei den Kämpfen dort zum Einsatz kommen. Man muss aber auch weitere Unterstützung suchen, so müssen beispielsweise die Vereinten Nationen handeln. Gerade die europäischen Staaten haben Druck gemacht, dass sich der Sicherheitsrat mit dem Thema befasst.“
Tschechien sieht sich traditionell als Verbündeter der Kurden in der Region. Auch deshalb fordert Tomáš Petříček weiterhin eine politische Lösung des Konflikts. Dass die Kurden sich vom Westen verraten fühlen, liegt laut dem Sozialdemokraten an den Versäumnissen der USA:
„Ich halte das für einen strategischen Fehler der USA, die schon vorher einen Abzug ihrer Soldaten geplant hatten. Ehrlich gesagt haben wir das Feld in dem Moment geräumt, als der politische Prozess rund um die Schaffung einer neuen Verfassung für Syrien begonnen hatte. Diese hätte den jahrelangen Konflikt in dem Land beenden können. Nun müssen wir unsere Anstrengungen in diese Richtung fortsetzen, dabei sind vor allem die Vereinten Nationen gefragt.“Doch auch von tschechischer Seite sei nicht alles glatt gelaufen, findet Petříček. Der Sozialdemokrat erinnert dabei an die anfängliche Unterstützung von Premier Andrej Babiš für eine sogenannte Schutzzone in Syrien. Der Ano-Politiker hatte sich dementsprechend bei einem Besuch in Ankara Anfang Oktober gegenüber dem türkischen Präsidenten geäußert. Der tschechische Außenminister hält das rückblickend für unüberlegt:
„Der Premier hat das vorher nicht mit uns besprochen. Ich bin aber überzeugt davon, dass wir vergleichbare einseitige Schritte nicht unterstützen sollten. Diese könnten nämlich internationale politische Prozesse untergraben. Ich will die Aussagen des Premiers nicht weiter kommentieren. Er hat sich wiederholt für ein einheitliches europäisches Vorgehen und gegen militärische Operationen ausgesprochen.“
Insgesamt wird die türkische Offensive gegen die syrischen Kurden in Tschechien parteiübergreifend abgelehnt. Staatspräsident Miloš Zeman bezeichnete den Angriff sogar als Kriegsverbrechen.