Verhaftungen, Kohlestrom und Kronleuchter – Zaorálek in der Türkei
Es war schon besser, das Verhältnis zwischen der Türkei und Tschechien. Seit der Verhaftung zweier tschechischer Bürger wegen Terrorismusverdachts sind die Beziehungen angespannt. Nun war Außenminister Lubomír Zaorálek (Sozialdemokraten) zu Besuch in Ankara. Die Wogen sollen geglättet werden in der Angelegenheit. Doch die beiden Verhafteten waren nicht das einzige Thema.
„Wir müssen feststellen, welche Verbindungen die zwei Tschechen zu den Kurdenorganisationen hatten. Für uns ist der Fall aber klar. Wir haben Beweise und müssen nach unseren Gesetzen vorgehen.“
Es geht um Markéta Všelichová und Miroslav Farkas. Seit Jahren unterstützen sie die syrischen und irakischen Kurden im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, in erster Linie humanitär. Die beiden wurden vergangenen Monat an der Grenze zum Irak von der türkischen Polizei verhaftet mit Verdacht auf Unterstützung einer Terror-Gruppe. Denn das offizielle Ankara führt seit Jahrzehnten Krieg mit der Minderheit im Südosten des Landes. Im Falle Všelichovás und Farkas‘ gibt sich Zaorálek zumindest zaghaft optimistisch:„Ich wage zu behaupten, dass ich einen positiven Eindruck habe von den Verhandlungen. Ich sehe durchaus den Willen auf der türkischen Seite, den Fall mit uns lösen zu wollen. Auf der anderen Seite wird es noch Zeit brauchen und kann nicht von heute auf morgen geschafft werden.“Die beiden inhaftierten Tschechen dürfen nun Besuch von ihren Familien bekommen, und auch der Rechtsbeistand soll verbessert werden. Die tschechische Botschaft stehe täglich im Kontakt mit Všelichová und Farkas, so Zaorálek.
Zumindest ergab sich in dieser Woche ein erleichternder Umstand: Das Prager Büro der syrischen Kurden-Miliz YPG hat seine Auflösung beschlossen. Anfang des Jahres wollte die YPG von Tschechien aus Fuß fassen in Europa. Lubomír Zaorálek:„Dass das Büro der YPG schließt, ist für die Türkei mit Sicherheit sehr wichtig. Ich möchte dabei nicht bestätigen, dass tschechische Behörden Druck auf die Kurden ausgeübt haben. Entscheidend für die tschechisch-türkischen Beziehungen ist, dass sich das Büro nicht durchsetzen konnte. Gerade dass sich in Europa solche Institutionen etablieren könnten, ruft in der Türkei große Unruhe hervor.“
Denn nicht nur in der Türkei bedrohe das die Sicherheit, so Zaorálek auch mit Blick auf die jüngsten Anschläge durch militante Kurden in Istanbul. Deshalb stehe man auch der türkischen Regierung bei, was die Aufklärung des gescheiterten Putschversuchs angeht. Seit Juli befindet sich das Land in einem Ausnahmezustand, und nicht alle in der EU sind einverstanden mit dem harten Durchgreifen von Präsident Recep Tayyip Erdoğan.Die schwierige politische Lage war aber nicht das einzige Thema beim Besuch Lubomír Zaoráleks in Ankara. Mit dem türkischen Premier Binali Yıldırım sei man übereingekommen, den Bau des Kohlekraftwerks Yunus Emre fortzusetzen. Kreditprobleme und die unklare politische Lage drohen aus dem tschechisch-türkischen Projekt ein Milliardengrab zu machen.