Telicka: Bedingungen sollen sich auf Fakten und Argumente stützen

Pavel Telicka

Drei Tage nach den letzten Verhandlungen der EU-Beitrittskandidaten mit der Europäischen Union am 1. Juni in Brüssel bezog der tschechische Staatssekretär und Unterhändler für den EU-Beitritt Pavel Telicka am Montag in Prag vor der heimischen Presse Stellung zu den Positionen und Ergebnissen der Verhandlungen. Für Radio Prag war Lothar Martin vor Ort.

Lange war keine Zusammenkunft mit dem tschechischen EU-Unterhändler mit solch einer Spannung erwartet worden, wie diese. Denn, wie auch Telicka in seiner aktuellen Frage-Antwort-Stunde mehrfach ausführte, sind die Verhandlungen der sechs EU-Beitrittskandidaten der ersten Welle mit den zuständigen EU-Kommissaren nun in eine neue, qualitativ höhere Stufe getreten. Und - so Telicka noch einmal - es sei nicht zu erwarten, dass das letzte noch ausstehende Drittel der für den EU-Beitritt erforderlichen Kapitel mit einer ebenso konstanten Dynamik wie bisher behandelt werden könne. Dazu haben diese Kapitel einfach eine für alle Seiten nicht zu unterschätzende Bedeutung.

Wesentlich aber sei - so Telicka -, dass man am Freitag drei der vier behandelten Kapitel vorerst abschließen konnte und beim vierten, der kontrovers gesehenen Problematik der Personenfreizügigkeit, seinen Standpunkt offen darlegen und verständlich machen konnte. Während das Kapitel "Sozialpolitik" schon so gut wie abgesegnet war, sei man von tschechischer Seite durchaus zufrieden, bei den Kapiteln "Umwelt" und "freier Kapitalfluss" die gewünschten Vereinbarungen hinsichtlich von Übergangsfristen oder anderer flexibel handhabarer Übergangslösungen getroffen zu haben.

Daher wurde das Hauptaugenmerk dem Thema Personen-Freizügigkeit zugewendet. Telicka unterstrich in diesem Zusammenhang noch einmal seine bereits in Brüssel gemachte Aussage, dass die Tschechische Republik in dieser Frage keine Übergangsfristen akzeptieren könne, falls sich die Besorgnis über die Arbeitsmarktsituation einzelner EU-Länder nur auf "Empfindsamkeiten", nicht aber auf verlässliche Fakten und Argumente stütze. Auf die Frage, ob die Tschechische Republik gegebenenfalls analog dem ungarischen Vorschlag handeln werde, indem man auf Einschränkungen für Tschechen auf dem EU-Arbeitsmarkt mit ebensolchen Einschränkungen für EU-Ausländer auf dem innertschechischen Arbeitsmarkt zu reagieren gedenke, antwortete Telicka:

"Wir müssen beides bewerten. Zum ersten, inwieweit wir bei diesem Verhandlungselement erfolgreich sein können, und ich will wiederholen, was ich einem Journalisten bereits gesagt habe, dass wir das nicht ausschließen. Zum anderen muss ich sagen, dass wir noch nicht soweit sind. Methodisch sind wir ganz anders vorgegangen als die Ungarn und ich möchte sagen, dass es auch eine Reihe anderer taktischer Schritte gibt, die man nutzen kann."

Telicka, der wegen seiner Verhandlungsfähigkeiten in Brüssel auch den entsprechenden Respekt genießt, machte mit dieser Aussage deutlich, dass letztlich jedes Kandidatenland für sich verantwortlich sei, wie gut vorbereitet und von welcher Position aus man der EU beitreten werde. Wann das sein werde, darauf erwiderte Telicka: "Ob ich ein Optimist bin? Es war meistens so, dass wir uns stets einen Monat vor dem jeweiligen EU-Gipfel nichts mehr erhofft haben und am Ende hat sich immer wieder etwas Ermunterndes, manchmal sogar etwas Bahnbrechendes eingestellt. Auch wenn die Situation vor dem Gipfel in Göteborg diesmal mit keiner anderen zu vergleichen ist, so hoffen wir, danach wieder einen Schritt vorwärts zu kommen."