Temelin ab- und wieder angeschaltet

AKW Temelin

"Und er dreht sich doch", könnte man in freier Interpretation von Galilei behaupten. Oder besser: "Und er dreht sich doch mal wieder". Denn fünfzehn Stunden stand er wieder einmal still, der Reaktor des ersten Blockes im südböhmischen Kernkraftwerk Temelin. Zuvor war er nach einem dreimonatigen Betriebsstopp gerade einmal eine Woche gelaufen. Olaf Barth berichtet.

Am Sonntagmorgen gegen 3:00 Uhr wurde der gerade in einer Testphase befindliche Reaktorblock erneut abgeschaltet. Wegen einer Funktionsabweichung eines Regulators im Steuersystem, wie Temelinsprecher Milan Nebesar mitteilte. Am selben Abend gegen 18:00 wurde der Reaktor erneut angefahren. Pavel Pittrman, Sprecher der "Staatlichen Behörde für Kernsicherheit" erläutert, wie der Betrieb nun aussehen wird:

"Wir befinden uns wieder auf Stufe 2, also bei sehr geringer Leistung. Es wird nötig sein, noch einige Abstimmungen im Bereich der automatischen Turbinen durchzuführen. Wir gehen davon aus, dass danach eine Leistungserhöhung auf ca. 2% möglich sein wird."

Die erneute Fehlfunktion im ersten Reaktorblock sehen die Temelingegner als weiteres Indiz für die Gefährlichkeit des AKWs und so meint Dana Kuchtova, Vorsitzende der Antitemelinbewegung "Südböhmische Mütter", stellvertretend:

"Drei Monate lang wurden am AKW Temelin Reparaturarbeiten durchgeführt - hauptsächlich an der Turbine. Und innerhalb der ersten Woche der Testphase tauchen dann zwei ernste Probleme auf: Ein altes, wohl bekanntes Problem und ein neues - nämlich mit der Software des Regulators.

Nach der Meinung unserer Experten, zeugen vor allem die Probleme mit der Turbine davon, dass man diese Einrichtung nicht auf einem höheren Niveau betreiben kann."

Jiri Tyc, einer der leitenden Ingenieure im AKW Temelin, widerspricht allerdings dieser Anschauung:

"Die Turbine ist durchaus in der Lage in den Langzeitbetrieb zu gehen. Aber darum geht es uns nicht. Wir müssen derzeit solche Tests durchführen, die einen in der Zukunft möglichen Zustand simulieren. Der Block ist schon jetzt bereit, den Betrieb aufzunehmen, aber wir wollen, dass er auch in etwaigen weniger stabilen Situationen funktionstüchtig ist."

Doch von nicht stabilen Situationen in dem umstrittenen AKW haben die Temelingegner bereits genug. Und auch die Informationspolitik der Temelinbetreiber und -Verantwortlichen war am Sonntag wieder einmal Gegenstand der Kritik. Die Vorsitzende der Südböhmischen Mütter Kuchtova nahm Anstoß daran, dass man erst gegen 12:00 über den erneuten Störfall informierte, also rund neun Stunden nach dem Abschalten des Reaktors.

Wie am Montagmittag bekannt wurde, haben österreichische Temelingegner beschlossen bei Landgericht in Linz Klage gegen die Temelin-Betreibergesellschaft CEZ und den Technologiezulieferer Westinghouse einzureichen. Mit der Klage will man eine unbegrenzte Haftpflicht beider Gesellschaften für Schäden erwirken, die durch das AKW verursacht werden.

Autor: Olaf Barth
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