Todd Lodwick: Die WM in Liberec ist für mich eine tolle Geschichte
Die Nordische Ski-Weltmeisterschaft in Liberec ist seit Mittwoch voriger Woche in vollem Gange. Bis zum Dienstag war die Hälfte der 20 WM-Entscheidungen gefallen. Radio Prag hat sich während dieser Wettkämpfe ein wenig an der Schanze und in der Lopie umgeschaut und umgehört.
„Der andauernde Schneefall, die WM in Liberec – all das ist für mich eine tolle Geschichte. Jetzt bin ich Doppelweltmeister, und dafür habe ich auch sehr hart gearbeitet. Dass noch dazu mit Bill Demong ein Teamgefährte von mir mit auf dem Podest steht, ist eine coole Sache. Das wird also heute Nacht eine lange Party geben.“
Der 32-jährige Lodwick hatte auch allen Grund zum jubeln, denn eigentlich hatte er seine Karriere bereits im März 2006 beendet. Nun aber feierte er ein Comeback der ganz besonderen Art.
Wo es strahlende Sieger gibt, muss es ebenso jedoch Platzierte und Verlierer geben. Sonst wären wir nicht beim Sport. Zu den bisherigen Verlierern gehören die Kombinierer aus Tschechien. Nach den zum Teil hervorragenden Platzierungen im diesjährigen Weltcup hatten sie sich einige Hoffnungen auf vordere Plätze gemacht und schielten klammheimlich auch auf eine Medaille. Umso größer war die Ernüchterung schon nach der ersten Konkurrenz, dem Massenstart-Rennen. Nach dem 10-km-Langlauf hatten sich drei der vier tschechischen Athleten noch gute Chancen ausgerechnet, nach dem Springen von der Normalschanze aber war die Enttäuschung groß. Selbst Pavel Churavý, der als Bester den 12. Rang belegte, beklagte nicht nur seine Leistung:„Nach dem Skilanglauf hatte ich mich in eine sehr gute Position gebracht und hoffte, am Ende des Wettkampfes unter den besten Zehn zu landen. Leider aber hatte ich im zweiten Durchgang keine guten Windverhältnisse. Ich denke, heute hatten wir äußerst schlechte Bedingungen.“Der Wind an der Sprungschanze und das fehlende Glück beim Wachsen für den Langlauf in der Loipe – das sind die meist genannte Gründe bei den Athleten, die erklären müssen, warum es nicht so lief. Bei der ersten Entscheidung im Skispringen, dem Wettkampf von der Normalschanze, aber wehte nur ein vergleichsweise laues Lüftchen, was mir durch den Schmiedefelder Stephan Hocke, der 19. wurde, bestätigt wurde:
„Der Wind wechselte zwar leicht, aber von den Bedingungen her war es heute auf jeden Fall der bisher allerbeste Tag zum Skispringen.“An diesem schönen Tag zum Skispringen setzten sich dann auch die Favoriten durch – die Österreicher Wolfgang Loitzl und Gregor Schlierenzauer, die Gold und Silber gewannen, sowie der Schweizer Simon Amman, der sich mit Bronze schmückte. Das kleine Energiebündel aus dem Schweizer Kanton St. Gallen freute sich anschließend riesig über den Medaillenzuwachs:
„Ich bin wirklich sehr, sehr glücklich über die Medaille. Wichtig ist, dass ich mich selber auf der Rechnung hatte. Das ist aufgegangen, und so ist der Medaillensatz jetzt komplett: Endlich auch eine Bronzemedaille! Das beflügelt mich richtig, ich fühle mich einfach toll.“Einen Tag zuvor konnte man an der Sprungschanze am Jeschken auch einem glückstrahlenden Deutschen gratulieren – Tino Edelmann, dem Silbermedaillen-Gewinner im Massenstart-Wettbewerb der Nordischen Kombination. Auf die Frage eines Journalisten, ob er denn von diesem Erfolg überwältigend sei, antwortete der Thüringer nur kurz und knapp:
„Aber natürlich. Ich bin ja schließlich Vizeweltmeister geworden!“
Eine solche Platzierung wünschen sich natürlich auch viele andere Sportler. Insbesondere jene, die mit gewissen Ambitionen zur WM angereist sind. So wie der deutsche Skilangläufer Axel Teichmann, der immerhin schon zwei WM-Titel vorweisen kann. Einen davon hat er 2003 über die 15-km-Distanz im klassischen Stil errungen; eine Konkurrenz, die zu seinen Paradedisziplinen zählt. In Liberec aber lief es für ihn bisher gar nicht rund. In der Doppelverfolgung landete der Titelverteidiger nur auf dem 30. Platz. Nach dem 15-km-Rennen, als er sogar nur den 38. Rang belegte, kam ich mit ihm ins Gespräch:Warum hat sich das nach nur ein paar hundert Metern für Sie erledigt gehabt heute?
„Ja, weil mein Ski heute nicht unbedingt die beste Wahl war. Ich hätte einen anderen Ski und ein anderes Wachs nehmen sollen, dann wäre es vielleicht besser gegangen.“
Wie man an jenem Tag besser hätte wachsen sollen, verriet mir dann Teichmanns Nationalmannschaftskollege Jens Filbrich:„Heute war es auf jeden Fall so, dass man ziemlich schnell gemerkt hat, dass man mit Wachs nicht weit kommt. Entweder man hat dermaßen glatt oder man hat Stollen und kommt gar nicht mehr voran. Von daher habe ich dann eine Skiwahl getroffen ohne Wachs, und ich denke, es war die richtige Entscheidung.“
Die gleiche Wahl traf übrigens auch Lokalmatador Lukáš Bauer, der bei dieser Entscheidung dann auch Zweiter wurde. Für Bauer, der Steigungen liebt, könnten die WM-Strecken im Langlaufareal Vesec sogar noch ein wenig anspruchsvoller sein. Eine Meinung, mit der ich auch Jens Filbrich konfrontiert habe:
Wie ist die Strecke? Es wird von einigen gesagt, dass sie ein bisschen zu einfach sei…
„Die Strecke ist auf keinen Fall zu einfach. Sie hat fast 190 Meter Höhenunterschied, das ist am oberen Limit. Also ganz klar: Die Strecke hat absolutes WM-Niveau.“Auch Tobias Angerer, der in der Doppelverfolgung Neunter wurde, lobt die Strecke:
„Die Strecke ist sehr schön und auch würdig für eine WM. Auch die Atmosphäre hier ist toll. Das einzig Schwierige ist, herauszufinden, wie man mit dem Material hinkommt.“
Material hin, Wind her – letztlich haben alle WM-Teilnehmer nahezu die gleichen Voraussetzungen, um eine gute Leistung zu bieten. Sebastian Haseney, der beste Deutsche im Einzelrennen der Nordischen Kombinierer, hält sich deshalb auch nicht weiter mit Ausreden auf, sondern wirft schon den Blick voraus:
„Wir haben gar keine Probleme. Sicher, das Springen ist relativ windabhängig, also braucht man dafür das Quäntchen Glück. Aber, da müssen alle durch! Von daher denke ich, dass wir letztendlich für die Staffel ein heißer Medaillenkandidat sind.“In einem Teamwettbewerb, dem Staffelrennen der Skilangläufer, rechnen sich auch die tschechischen Gastgeber noch größere Medaillenchancen aus. Für Hoffnung und Spannung ist also bis zum Sonntag, wenn die WM beendet wird, noch ausreichend gesorgt.