„Tragische Erinnerungsorte“: Führer durch die Geschichte einer Region 1939—1945
„Tragische Erinnerungsorte“. Unter diesem Titel wurde diese Woche eine Ausstellung im Tschechischen Zentrum in München eröffnet. Mehr erfahren Sie Gleich in unserer Sendereihe Aviso: Kulturgrenzenlos.
„Es handelt sich um die Ausstellung ´Tragische Erinnerungsorte´, die vom Verein Antikomplex und vom Collegium Bohemicum vorbereitet wurde. Diese Ausstellung ist bei uns zum ersten Mal in Deutschland zu sehen, bislang war sie nur in Tschechien unterwegs. Es ist eine Ausstellung, die sich auf die Zusammenarbeit mit Schülern stützt. Sie zielt auf vier konkrete Städte in Nordböhmen – Ústí nad Labem / Aussig, Chomutov / Komotau, Kadaň / Kaaden und Louny / Laun. Es geht um Orte, die durch den Zweiten Weltkrieg geprägt oder auch geschädigt worden sind. In dem Sinne, dass die Beziehungen der deutschen und der tschechischen Bevölkerung nachhaltig gestört oder zerstört worden sind. Und es kam dort auch nach dem Krieg zu Gewaltakten, zu Gewalttaten. Die Schüler machten sich auf die Suche nach diesen Geschichtsspuren und haben Zeitzeugen befragt und Bilder dieser Orte und ihrer Geschichte zusammengestellt. Die Ausstellung hat den Untertitel ´Führer durch die Geschichte einer Region 1939—1945´.“
Das heißt also, dass diese Schüler im Rahmen ihres Unterrichts am Gymnasium oder an Mittelschulen diese Forschung gemacht haben?„Unterschiedlich. Bei einigen war es konkret Teil des Unterrichts, bei einigen handelte es sich um ein freiwilliges Projekt. Das ganze Projekt hat mehr als zwei Jahre gedauert, und es haben mehr als 80 Schüler daran teilgenommen.“
Was ist das konkrete Ergebnis dieser Forschung? Die Schüler haben sie mit dem Ziel durchgeführt, eine Ausstellung zu machen?
„Genau. In dieser Ausstellung wird an konkreten Schicksalen diese dann doch allgemeine Geschichte festgehalten. Mit Bildmaterial, aber auch mit Erlebnisberichten der Schüler selbst, weil es für sie eine Reise in etwas war, was vielleicht nah, aber trotzdem bis dahin unbekannt war. Neben der Ausstellung ist auch ein Buch entstanden, für das sich das Wort Führer eignet. Denn mit dem Buch kann man auch wirklich reisen und sich anschauen, wo was geschehen ist. Die Schüler haben Orte ausfindig gemacht, wo Deutsche interniert oder auch ermordet wurden. Bildmaterial, Zeugenaussagen, Kommentare und Archivmaterialien, das alles ist in dem Buch mit dem Titel `Tragische Erinnerungsorte` festgehalten.“
Ist dieses Buch bei Ihnen, im Tschechischen Zentrum zu erhalten?spodarew „Ja, natürlich. Und vielleicht sollte ich noch sagen, dass die Ausstellung am 7. Juni eröffnet wurde und bis zum 1. Juli zu sehen ist.“
Sie haben am Anfang gesagt, dass die Ausstellung und das ganze Projekt von der Vereinigung Antikomplex initiiert wurden. Vielleicht ist diese Vereinigung nicht allen Hörerinnen und Hörern bekannt. Können sie mehr darüber sagen, was sie macht?
„Antikomplex beschäftigt sich seit inzwischen 13 Jahren sehr intensiv mit der Aufarbeitung der deutsch-tschechischen Geschichte und – ich würde sagen – mit der Aufklärung auf der tschechischen Seite, was diesen Teil der Geschichte betrifft. Ein spezielles Gebiet dabei ist die Arbeit mit Jugendlichen direkt vor Ort.“
So viel zum wichtigsten Teil des Programmangebots des Tschechischen Zentrums in München. Die tschechische Kultur wird dieser Tage aber auch in anderen Städten Bayerns präsentiert. Ich habe auf Ihrer Webseite Hinweise auf deutsch-tschechische Kulturtage in Ulm und in Augsburg gefunden. Was geht dort über die Bühne?
„Es kommt fast so rüber, als ob der Sommeranfang im Zeichen solcher Kulturtage stünde. Erstmals waren es im Mai die tschechischen Kulturtage in Freiburg, jetzt seit Ende Mai in Ulm und Umgebung und ab dem 8. Juni auch in Augsburg. Es sind Kulturtage, die jeweils einen anderen Hintergrund haben. In Ulm ist der Organisator der deutsch-tschechische Verein namens Klíč, der seit fünf Jahren existiert und jedes zweite Jahr eine größere Veranstaltungsreihe aufzieht, mit Ausstellungen, Konzerten, Puppentheater in deutscher, aber auch in tschechischer Sprache. Es ist ein sehr buntes und gemischtes Programm. Ich muss sagen, die Organisatoren, vor allem die Vereinsvorsitzende Frau Spodarewa, haben meine große Achtung, weil sie wirklich sehr viel auf die Beine gebracht und auch das Publikum angezogen haben. Ich würde aus dem Programm die Ausstellung von Michal Tůma mit seinen Fotografien von berühmten Persönlichkeiten aus Tschechien erwähnen. Es sind auch Konzerte und Lesungen dabei. Das andere ist in Augsburg: Diese Veranstaltungsreihe mit dem Namen Dialog geht auf die Städtepartnerschaft zwischen Augsburg und Liberec / Reichenberg in Nordböhmen zurück. Beide Städte verbindet viel Gemeinsames in ihrer Geschichte, vor allem die Textilindustrie, und sie kooperieren auch lebhaft miteinander. Jedes zweite Jahr findet abwechselnd in den Städten eine Kooperationsveranstaltung statt, dieses Jahr ist Augsburg an der Reihe. Und auch dort sind Puppentheater, Konzerte und Ausstellungen zu sehen. Es geht um die konkrete Zusammenarbeit zwischen den Künstlern, aber auch den Frauenvereinen der beiden Städte. Das Programm findet überwiegend an drei Tagen statt, vom 8. bis 11. 6., aber die Ausstellungen bleiben natürlich auch danach bis Ende Juli geöffnet. Also beides kann ich empfehlen und in den beiden Fällen ist es für uns eine große Freude, da mitmachen zu können und zu sehen, wie viel Interesse am Tschechischen es dort gibt.“