"Tschechen und Deutsche"

Ein scheinbar unerschöpfbares Thema stellen die tschechisch-deutschen Beziehungen in der Literatur dar. Schon zum dritten Mal in Folge berichten wir über eine Neuveröffentlichung, diesmal über die tschechische Ausgabe des Buches "Deutsche und Tschechen"/"Cesi a Nemci", das im Goethe-Institut in Prag vorgestellt wurde. Lena Knäpple weiß genaueres.

Die tschechisch-deutschen Beziehungen sorgen bekanntlich seit Wochen für Schlagzeilen in den Medien. Eine ganz andere Herangehensweise an dieses "Neben-Gegen-Miteinander" möchte der Band "Tschechen und Deutsche" seinen Lesern ermöglichen, denn, wie Mitherausgeber Joachim Rogall unterstreicht:

"Wenn wir über deutsch-tschechische Beziehungen reden, dann ist das nichts Abstraktes, sondern wir gestalten sie ja mit."

Joachim Rogall ist Bereichsleiter für Mittel- und Osteuropäische Völkerverständigung der Robert-Bosch-Stiftung in Stuttgart, die diesen Band maßgeblich initiiert hat. Das Buch, zu dem Vaclav Havel das Geleitwort geschrieben hat, beinhaltet eine Sammlung von Essays über so mannigfaltige Aspekte, wie sie eben nur die tschechisch-deutschen Beziehungen zu bieten haben. Absichtlich wurde die Reihenfolge der Artikel in der tschechischen Ausgabe im Vergleich zur deutschen verändert. So steht beispielsweise der Essay über Türken in Deutschland hier vor dem über Roma in der Tschechischen Republik, womit eine eingehende Reflexion über den Umgang mit einer Minderheit im eigenen Land ermöglicht werden soll. Als Autoren der knapp 80 Essays sind zwar Fachleute angesprochen worden, die Sprache aber wurde absichtlich gut verständlich gehalten, wie Marek Nekula, Professor für Bohemistik und Westslawistik an der Universität Regensburg und neben seinem Kollegen Walter Koschmall der dritte Herausgeber, erläutert.

"Wir haben selbstverständlich kompetente Leute angesprochen, Historiker, Literaturwissenschaftler, aber auch Politiker. Aber gerade wie wir über diese Themen schreiben, ist es für eine breite Öffentlichkeit gedacht, auch für Leute wie Studenten an Gymnasien oder an der Hochschule."

Der Band möchte die breite Masse neugierig machen, sich mit tschechischen, deutschen und gemeinsamen Phänomenen der hauptsächlich letzten 200 Jahre auseinander zu setzten. Man soll mehr über seinen Gegenüber erfahren, vielleicht sogar Gemeinsamkeiten entdecken, und somit ein besseres Verständnis erlangen. Oder etwa, wie es sich Joachim Rogall wünscht, zu einer Symbiose beider Kulturen gelangen.

"Da gibt es im Grunde im Titel "Deutsche und Tschechen" den Versuch, zu sagen, man kann beides sein. Es gibt Leute, die sind sowohl auf der deutschen als auch auf der tschechischen Seite zu hause und mich hat immer etwas bedrückt, daß man das Ganze immer nur über solche Konfliktthemen behandelt, wobei man bei vielen deutschen und Tschechen gewisse Abwehr-Reaktionen hervorruft. Dabei ist das eine der faszinierendsten Nachbarschaften in Mitteleuropa mit über die Jahrhunderte unglaublich vielen gegenseitigen Befruchtungen. Wenn man sich damit etwas näher beschäftigt, und das versucht dieser Band mit seinen verschiedenen Beiträgen, dann erkennt man, daß es wenig Spannenderes gibt."

Autor: Lena Knäpple
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