Tschechien ändert Verteidigungspläne: Vorbereitung auf mögliche Eskalation
Die Befehlshaber der tschechischen Armee haben sich am Dienstag zu ihrer jährlichen Versammlung getroffen. Sie fand zum ersten Mal unter dem neuen Generalstabschef und zum ersten Mal seit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine statt.
Krieg in Europa sei wieder Realität geworden und der ewige Frieden eine Utopie. Dies sagte Generalstabschef Karel Řehka zu Beginn der Versammlung der Befehlshaber am Dienstag in Prag. Einen Krieg zwischen der Nato und Russland hält Řehka für unwahrscheinlich, wie er später auf einer Pressekonferenz ergänzte. Dies bedeute aber nicht, dass er völlig ausgeschlossen werden könne. Es sei notwendig, sich auf so etwas vorzubereiten, mahnte er:
„Sollte es zu einem Konflikt zwischen Russland und der Nato kommen, wäre unser Land sofort betroffen. Die tschechische Armee würde sich von der ersten Minute an aktiv beteiligen. Das Territorium der Tschechischen Republik, unsere Infrastruktur und unsere Mitbürger würden das Ziel feindlicher Aktionen in allen Bereichen sein.“
Der tschechische Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) bezeichnete den Krieg in der Ukraine als eine harte Lektion, auf die man reagieren müsse.
„Der Kampf läuft parallel auf mehreren Ebenen, auf konventionelle sowie hybride Weise, durch ökonomischen Druck oder Spionage. Das stellt uns vor neue Herausforderungen.“
Staatspräsident Miloš Zeman äußerte seine Unterstützung für die Ukraine. Zugleich warnte er vor dem internationalen Terrorismus, der weiterhin eine Drohung sei. Er wolle, dass dieser Kampf nicht vergessen werde, so Zeman.
Laut Generalstabschef Karel Řehka sollte die tschechische Armee ihre Erfahrungen in der Terrorismusbekämpfung konservieren, die sie in den zurückliegenden 20 Jahren bei Auslandsoperationen gewonnen hat. Nun müsse sie sich aber erst einmal auf die Verteidigung ihres eigenen Territoriums und einen Krieg großen Ausmaßes gegen einen hoch entwickelten Gegner vorbereiten.
„Wir brauchen uns nicht gegenseitig davon zu überzeugen, dass das Eskalationspotenzial des Ukraine-Krieges steigt. Man kann nicht einmal die schlimmsten Szenarien ausschließen.“
Řehka stellte fest, dass die Armee trotz der enormen Aufstockung des Haushalts nicht über genügend Ressourcen verfüge, um alle Probleme optimal zu lösen. Er forderte die Soldaten daher auf, „brutal effizient“ zu sein.
Die Kampffähigkeit ist laut ihm nun die erste Priorität. Dazu gehören unter anderem die Modernisierung der Armee sowie eine Revision der Verteidigungspläne: „Die größte Umrüstung in der Geschichte der tschechischen Armee ist nicht mehr ein Wunsch, sondern die Notwendigkeit.“
Tschechien verfügt über knapp 27.000 Berufssoldaten und rund 3600 Reservisten. Die Verteidigung ist einer der wenigen Bereiche, deren Budget im kommenden Jahr aufgestockt wird. Insgesamt 112 Milliarden Kronen (4,6 Milliarden Euro) sollen in das Ressort fließen, das entspricht 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Verteidigungsausgaben haben sich in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt. Premier Fiala bekräftigte auf der Sitzung die Verpflichtung seines Kabinetts, ab 2024 zwei Prozent des BIP für die Verteidigung auszugeben.
Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CVVM vom Juli dieses Jahres vertrauen fast 73 Prozent der tschechischen Bürger der Armee des Landes. Nach der Aggression gegen die Ukraine stieg auch die Unterstützung für die Nato-Mitgliedschaft Tschechiens, und zwar auf ebenso 73 Prozent. Das ist der höchste Wert seit dem Nato-Beitritt des Landes im Jahr 1999.