Generalstabschef: Tschechien muss über neue Form des Militärdienstes nachdenken

Der tschechischen Armee gelingt es langsam, die Zahl der Aktiven in der Reserve zu erhöhen. Laut Generalstabschef Karel Řehka reicht dies jedoch nicht aus, und Tschechien wird in Zukunft über eine neue Form des Militärdienstes nachdenken müssen. Řehka sagte dies in einem Interview für den Tschechischen Rundfunk.

Vor 20 Jahren wurden der Grundwehrdienst und die Wehrpflicht in Tschechien abgeschafft. Daher hat die Armee heute keinen Überblick mehr über die Personen, die im Krisenfall Wehrdienst leisten könnten. Man brauche ein Instrument, um eine solche Reserve zu generieren, sagte Generalstabschef Karel Řehka in einem Interview für das Nachrichtenportal irozhlas.cz und den Sender Radiožurnál:

Karel Řehka | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

„Eines der Probleme unserer Streitkräfte ist, dass wir nicht ausreichend Menschen in der Reserve haben, die schnell eingesetzt werden können. Wir bemühen uns, die Zahl der aktiven Reservisten zu erhöhen. Da besteht genug Raum, denn ich denke, dass es ausreichend Bürger gibt, die etwas für die Tschechische Republik tun wollen. Aber die Art und Weise, wie sie sich engagieren können, kommt ihnen nicht entgegen. Das muss sicher verbessert werden.“

Laut den neuesten verfügbaren Daten gibt es in Tschechien rund 28.000 Berufssoldaten. In der aktiven Reserve befinden sich etwa 4500 tschechische Männer und Frauen. Armee und Regierung planen jedoch, dass bis 2030 insgesamt 10.000 aktive Reservisten zur Verfügung stehen.

Aber selbst das sei nicht genug, sagt der Generalstabschef. Die Armee unternehme daher verschiedene Schritte, um einen Überblick über die Bevölkerung zu bekommen:

„Denn wir haben nicht nur den Grundwehrdienst abgeschafft, sondern auch die Musterungen im Rahmen der Wehrpflicht. Sie dienten dazu, einen Überblick darüber zu bekommen, welche Bürger wehrfähig sind und für welche Positionen sie geeignet sein könnten. Wir ergreifen also konkrete Maßnahmen in dieser Hinsicht, bauen ein Informationssystem für das Verteidigungsmanagement auf und streben an, mit dem Bevölkerungsregister verbunden zu werden.“

Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Der Generalstabchef glaubt daher, dass Tschechien künftig wieder eine Form des Militärdienstes in Betracht ziehen müsse – egal ob verpflichtend oder freiwillig. Man dürfe sich dabei aber keinen Dienst im kommunistischen Stil vorstellen, betont Řehka:

„Es gibt unterschiedliche Modelle. Manche Staaten rekrutieren die Elite der Gesellschaft, und der Militärdienst ist dort eine Prestigeangelegenheit. In anderen Ländern wurde ein Modell des freiwilligen Militärdienstes geschaffen, das insofern interessant ist, dass die Menschen diesen direkt in den Regionen leisten, in denen sie leben. Sie werden genauso wie Berufssoldaten bezahlt und haben auch weitere Vorteile wie unter anderem Unterkunft, kostenloses Essen oder Steuererleichterungen.“

Die Armee untersucht derzeit Modelle, wie sie anderswo in der Welt funktionieren, und will künftig konkrete Vorschläge vorlegen. Letztlich muss laut dem Armeechef aber die Politik entscheiden, wofür ein Konsens in der Gesellschaft erforderlich sei. Denn nicht nur die Armee müsse sich auf die Verteidigung vorbereiten, sondern die gesamte Gesellschaft. Deshalb sei die Diskussion darüber wichtig, mahnt er:

„Dabei geht es auch darum, sich überhaupt einzugestehen, dass es zu einer Krisensituation kommen könnte. Und vielleicht sogar darüber nachzudenken, was das bedeuten würde und wie sich jeder in einer solchen Situation verhalten müsste. Die Frage lautet, wie man sich besser vorbereiten kann, mental oder durch Wissen.“

Autoren: Markéta Kachlíková , Kateřina Gruntová
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