Regierung plant Musterungen für Mann und Frau – trotz Berufsarmee
Wie viele andere Staaten Europas hat auch Tschechien eine Berufsarmee. Doch unter anderem die Ukraine-Krise hat die Frage aufgebracht, ob diese spezialisierte Truppe in einem möglichen Verteidigungsfall überhaupt ausreicht. Das Regierungskabinett hat dies nun mit „Nein“ beantwortet und die Wiedereinführung von Musterungen beschlossen – auch für Frauen.
Sobotka erwähnte konkret den Konflikt im Osten der Ukraine und den Aufstieg des Islamischen Staates im Nahen Osten. Laut den Berechnungen von Verteidigungsminister Martin Stropnický (Partei Ano) sollte die tschechische Armee im sogenannten Bedrohungsfall auf rund 27.000 einsatzfähige Kräfte zurückgreifen können. Der Staat kann aber keine solch große Berufsarmee finanzieren, und außerdem sind einige Tausend Angehörige der Streitkräfte im Ausland eingesetzt. Tatsächlich verfügbar sind also nur knapp 20.000 Soldaten. Deswegen soll die Reserve verstärkt werden. Sie besteht bisher aus 1200 Soldaten.
Grundsätzlich unterliegen „alle Bürger der Tschechischen Republik zwischen 18 und 60 Jahren“ schon jetzt der Wehrpflicht. Allerdings ist diese wie in Deutschland zu Friedenszeiten ausgesetzt. Petr Medek, Sprecher des Verteidigungsministeriums:„Die bisherigen Gesetze erlauben erst im Bedrohungsfall mit Musterungen zu beginnen. Das wäre aber zu spät. Die Armee möchte schon vorher eine Datensammlung darüber haben, wie die tschechischen Bürger gesundheitlich und physisch einzustufen sind und wie es um ihren Willen bestellt ist, im Bedrohungsfall ihre Heimat zu verteidigen.“
Denn auch die Verweigerung des Dienstes an der Waffe ist möglich, falls dies die Gemusterten nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können.Interessant ist, was nach der Musterung folgt. Denn die Teilnahme an der militärischen Grundausbildung soll freiwillig sein. Eine solche freiwillige militärische Ausbildung ist allerdings auch jetzt schon möglich. Darauf verweisen einige Politiker aus den Reihen der Opposition. Diese kritisieren zudem, dass zwar der Gesundheitszustand der 18-Jährigen festgestellt, aber danach die Angaben nicht aktualisiert werden sollen. Jana Černochová sitzt für die Bürgerdemokraten im Wehrausschuss des Abgeordnetenhauses:
„Ich denke, dass die bestehenden Datensammlungen des Innenministeriums und der Krankenversicherungen, eventuell ergänzt um die Informationen der Hausärzte, genügend Auskunft geben sollten über die mögliche Tauglichkeit im Kriegsfall. Dazu muss man nicht 100.000 Menschen mit Musterungen quälen, die auch noch teuer sind.“Die Bürgerdemokraten scheinen aber mit ihrer Kritik bisher im Parlament allein zu sein. Aus allen anderen Oppositionsparteien kamen Signale der Zustimmung.