Tschechien hat eine neue Regierung – die zweite unter Premier Babiš
Was lange währt, wird gut, sagt ein altes Sprichwort. Doch die neue Minderheitsregierung, die am Mittwoch von Präsident Zeman vereidigt wurde, startete gleich mit einem Defizit: sie hat keinen selbständig amtierenden Außenminister. Dennoch steht die Koalition auf einem tragfähigen Fundament.
Premier Babiš, der seine zweite Chance nutzen will, gab anschließend diese Erklärung gegenüber dem Staatsoberhaupt ab:
„Ich verspreche Ihnen, und besonders allen Bürgern, dass sich unsere Regierung vorrangig für die Sicherheit der tschechischen Einwohner einsetzen wird. Wir werden insbesondere gegen illegale Migration und für unsere Interessen in Europa streiten. Unsere Regierung wird gegen Korruption, Verschwendung und Bürokratie ankämpfen. Wir wollen einen effektiven Staat.“
Die Staatspolitik seiner Regierungsriege beginnt Premier Babiš indes nur mit 14 Kabinettsmitgliedern. Der 15. Kandidat im Bunde, der sozialdemokratische Europa-Abgeordnete Miroslav Poche, wurde nämlich von Zeman als neuer Außenminister abgelehnt. Babiš änderte daraufhin offensichtlich seine Meinung und nahm den Kompromissvorschlag von Sozialdemokraten-Chef Jan Hamácek an: Dieser wird vorerst neben dem Innenressort auch das Außenamt leiten. Dazu äußerte der Kommentator der Wochenzeitung „Reflex“, Bohumil Pečenka:„Dieses Manöver hat den Sinn, den Präsidenten nicht lächerlich zu machen, zugleich soll damit das verfassungsgemäße Vorgehen nicht merklich überdehnt werden.“
Die aktive Einflussnahme des Staatsoberhaupts auf die Regierungsbildung wurde indes nicht nur bei dieser Personalie deutlich. Deshalb kommt Pečenka auch zu dem Schluss:
„Für mich ist durch Zeman eine Dreierkoalition entstanden, die von den Kommunisten toleriert wird. Und wer weiß, welche Bedingungen die Kommunisten künftig noch stellen werden, so dass daraus auch eine Viererkoalition werden könnte.“Die Quasi-Mitbestimmung der Regierungspolitik durch die Kommunisten sei letztlich der größte Schlag gegen die noch junge Demokratie in Tschechien, schimpft die Opposition. Der Fraktionschef der Bürgerdemokraten (ODS), Zbyněk Stanjura:
„Mein Kommentar dazu ist simpel: Wir bekommen keine neue Regierung, sondern erstmals seit dem Jahr 1989 eine halbkommunistische Regierung, mit einem direkten Einfluss der Kommunisten. Das ist die schlimmste Nachricht des heutigen Tages.“
Und als ob dies noch nicht schlimm genug wäre, verwies Stanjura zudem darauf, dass die Ernennung der neuen Regierung genau auf den tschechischen Gedenktag für die Opfer des Kommunismus fiel.„Ich will glauben, dass dies nur ein trauriger Zufall ist. Aber dies ist auch ein Beleg dafür, wie diese Leute mit unserer Vergangenheit umgehen. Es ist ein Hohn auf diese Geschichte, wenn gerade am Gedenktag für die Opfer des Kommunismus eine Regierung vereidigt wird, die von den Kommunisten unterstützt wird.“
In der ersten Pressekonferenz nach dem Ernennungsakt versuchte Premier Babiš dann auch diesen Zufall herunterzuspielen. Er reduzierte ihn darauf, dass Präsident Zeman angesichts seines vollen Arbeitsprogramms keinen anderen freien Termin gehabt hätte. Doch gewonnen hat der 63-jährige Regierungschef noch nicht. Erst am Samstag fällt die Entscheidung in der Parteileitung der Kommunisten, ob sie die neue Regierungskoalition tatsächlich tolerieren werden oder nicht. Und am 11. Juli müssen sich Babiš und sein Kabinett noch der obligatorischen Vertrauensfrage im Abgeordnetenhaus stellen.