Tschechien hofft auf EU-Hilfen für Obstbauern nach den Jahrhundert-Frostschäden vom Frühjahr
Der April war für die Obstbauern in Tschechien verheerend. Fröste haben bei vielen von ihnen die diesjährige Ernte zerstört. Landwirtschaftsminister Marek Výborný plant daher ein umfangreiches Hilfsprogramm, unter anderem finanziert durch Gelder der Europäischen Kommission.
Als Ende April die Fröste kamen, traf es auch die Obstgärten von Pavel Kašpárek. Der Landwirt besitzt 430 Hektar Fläche mit Kirsch- und Birnenbäumen im Ort Daminěves, rund 40 Kilometer nördlich von Prag. Damals schilderte er in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
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„Bis in zwei Meter Höhe sind die Früchte an den Bäumen schwarz. Jede andere Farbe als grün zeigt an, dass sie vom Frost geschädigt und abgestorben sind. Anstatt zehn bis 15 Kilogramm Kirschen an jedem Baum wird es nicht eine einzige Frucht geben. In meiner mehr als 30-jährigen Tätigkeit als Obstbauer habe ich noch nie so etwas erlebt. Mit einem einzigen Wort: Es ist eine Katastrophe.“
Anfang Juli veröffentlichte der Verband der Obstbauern in Tschechien dann weitere Zahlen. Demnach wird wegen der Frostschäden in diesem Jahr die Ernte nur bei 23 Prozent des Mittels aus den vergangenen fünf Jahren liegen. Am stärksten sind die Verluste im böhmischen Landesteil, wo die Landwirte im Schnitt mehr als 90 Prozent ihrer Ernte verloren haben. Den Gesamtumfang der Schäden schätzt der Verband auf 1,3 Milliarden Kronen (52 Millionen Euro). Hinzu kommen noch rund zwei Milliarden Kronen (79 Millionen Euro) an Schäden an Weinreben.
Die tschechische Regierung hat deswegen Hilfsgelder der Europäischen Kommission in Höhe von 100 Millionen Euro beantragt, über die in diesen Tagen entschieden werden soll. Martin Ludvík ist Vorsitzender des Verbandes der Obstbauern. Seinen Aussagen nach ist vor allem wichtig, die Landwirte so weit finanziell auszustatten, dass sie ihre Obstgärten für das kommende Jahr wieder fit machen können…
„Gemäß den Regeln für die europäischen Hilfsprogramme können bis zu 80 Prozent der Ernteausfälle kompensiert werden. Das entspricht etwa einer Milliarde Kronen. Wir wären schon mit einer Summe zufrieden, die den Obstbauern ermöglicht, die Ernte für 2025 anzulegen. Das wären ungefähr 400 bis 500 Millionen Kronen“, so Ludvík.
400 bis 500 Millionen Kronen sind umgerechnet zwischen 16 und 20 Millionen Euro.
Landwirtschaftsminister Marek Výborný (Christdemokraten) erläuterte am Dienstagmorgen, dass die Hilfsgelder allerdings nicht für alle gedacht sind:
„Ansprüche werden jene Obstbauern haben, die mehr als 50 Prozent Schäden an der diesjährigen Ernte nachweisen können. Dies beurteilen die Schadenskommissionen des Staatlichen Agrarinterventionsfonds, die nach und nach alle Landwirte aufsuchen. Die Fröste waren enorm und haben besonders im böhmischen Landesteil Jahrhundertschäden verursacht. Vor allem die Apfelgärten in Böhmen sind dadurch in ihrer Existenz stark bedroht.“
Die Höhe der Hilfe ist laut dem Minister zudem abhängig davon, wie viel die jeweiligen Landwirte an Geldern von ihrer Versicherung erhalten. Sollten die Gelder aus Brüssel niedriger ausfallen als beantragt, könnte die Regierung in bestimmtem Umfang einspringen, ergänzte Výborný.
Tomáš Maier ist Wirtschaftswissenschaftler an der Prager Agraruniversität. Er glaubt, dass sich die Obstbauern in Tschechien durchaus Hoffnungen auf EU-Gelder machen dürfen:
„Die Landwirtschaft wird im Rahmen der Europäischen Union stark protegiert. Dieser Wirtschaftssektor wird etwas anders aufgefasst als weitere, natürlich auch aus dem Grund, dass er sehr wetterabhängig ist. Zugleich ist er ein strategischer Bereich mit vielen Spezifika. Deswegen steckt die EU relativ große Geldsummen in diesen Sektor.“