Tschechien und Bayern gemeinsam gegen Produktpiraterie und für Energieeffizienz
Die Tschechische Republik und der Freistaat Bayern pflegen enge und sehr erfolgreiche Wirtschaftsbeziehungen. Das wurde durch den Antrittsbesuch der bayerischen Wirtschaftsministerin Emilia Müller am vergangenen Freitag in Prag untermauert.
„Tschechien ist Bayerns wichtigster Handelspartner unter den neuen EU-Mitgliedsstaaten. Im Jahr des EU-Beitritts 2004 lag das Außenhandelsvolumen Bayern–Tschechien bei 7,8 Milliarden Euro. Im Jahr 2006 erreichte es 10.4 Milliarden Euro. Das bedeutet eine Steigerung in nur zwei Jahren um 33 Prozent.“
Interessant dabei, dass die Importe aus Tschechien mit 6,2 Milliarden Euro sogar den größeren Teil dieses Volumen bildeten. Angesichts der Tatsache, dass das Wirtschaftswachstum in Tschechien auch 2007 mit rund sechs Prozent ziemlich hoch war, dürfte sich dieser Trend im vergangenen Jahr fortgesetzt haben. Zumal bereits mehr als eine Handvoll tschechischer Firmen ihren Sitz inzwischen in Bayern hat:„Über 4500 bayerische Unternehmen unterhalten Geschäftsbeziehungen mit Tschechien oder sind mit einer Niederlassung hier vor Ort. Zehn tschechische Unternehmen sind bereits in Bayern ansässig.“
Trotz der überaus positiven Entwicklung der tschechisch-bayerischen Wirtschaftsbeziehungen könne man aber nicht darüber hinwegsehen, dass es auch noch Problemfelder gäbe. Eines davon sei die Produktpiraterie, die besonders an den grenznahen so genannten „Vietnamesenmärkten“ zu beobachten sei, sagte die Staatsministerin und machte deutlich:
„Vor allem den bayerischen Sportartikel-Herstellern entstehen durch gefälschte Produkte, die auf dem grenznahen ´Vietnamesenmarkt´ vertrieben werden, immense Schäden. Die Zollfahndung hat im Jahr 2005 rund 75 Millionen Artikel in Deutschland beschlagnahmt. Die Industrie- und Handelskammern sagen uns, dass durch die gefälschten Produkte bis zu 70.000 Arbeitsplätze im Jahr wegbrechen. Das ist ein echter wirtschaftlicher Schaden, und deshalb haben der Premierminister und ich beschlossen, dass wir uns im Kampf gegen die Produktpiraterie ergänzen können. Wir wollen gemeinsam dagegen vorgehen.“Premier Topolánek habe ihr zugesagt, dass man gemeinsam verstärkt gegen diese Produktpiraterie vorgehen werde und dass ebenso strengere Rückführungsmaßnahmen bei Verstößen geplant seien, sagte Müller. Auch bei Erfüllung der EU-Richtlinie zur Reduktion von CO²-Emissionen bei Pkw werde man gemeinsam vorgehen, erklärte die Staatsministerin:
„Tschechien und Bayern haben ähnliche Interessen. Hersteller größerer Fahrzeuge sowie von Premium-Fahrzeugen werden durch den Vorschlag der EU-Kommission einseitig und überproportional belastet. Und deshalb wollen wir eine praktikable Lösung gemeinsam erzielen. Wir wollen ebenso, dass kleinere und größere Fahrzeuge gleichbehandelt werden und die Reduktion beim CO²-Ausstoß vornehmen müssen.“Ein weiterer Schwerpunkt der Gespräche mit Premier Topolánek war die Zusammenarbeit im Energiebereich. Für beide Seiten sei es wichtig, dass in Europa eine sichere Energieversorgung gewährleistet werde, und zwar zu erschwinglichen Preisen, sagte die Ministerin und ergänzte:
„Beide Seiten setzen sich für Energieeffizienz ein. Wir wollen eine gemeinsame Energie-Außenpolitik haben. Wir haben darüber gesprochen, wie wir uns insgesamt auf dem Energiemarkt aufstellen müssen und wo wir Dinge grenzüberschreitend miteinander koppeln können. Wir sind uns einig darüber, dass wir in Zukunft einen intelligenten Energiemix benötigen, in dem sowohl die Kernenergie und die Wasserkraft als auch die Nutzung alternativer Energien enthalten ist.“
In ihren Ausführungen verwies Staatsministerin Müller darauf, dass Tschechien und Bayern der Kernenergie sehr große Bedeutung beimessen, auch aus dem Grund, um damit den CO²-Ausstoß in die Atmosphäre zu senken. Auf Nachfrage von Radio Prag sagte sie, dass weder das Kernkraftwerk Temelín noch die Sicherheitsstandards in Kernkraftwerken ein Thema ihrer Gespräche mit Premier Topolánek und Wirtschaftsminister Říman gewesen seien. Zu den Sicherheitsstandards legte sie jedoch ihre ganz persönliche Auffassung dar:
„Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass wir in Europa gemeinsame Sicherheitsstandards bekommen. Von daher denke ich, dass das auch ein europäisches Thema sein muss und nicht das Thema eines einzigen Landes. Es ist also notwendig, dass man dieses Thema in Europa erneut aufgreift.“Da Infrastruktur und Verkehr auch zu den Aufgabengebieten von Emilia Müller gehören, hatte die Staatsministerin abschließend noch ein paar frohe Botschaften zu verkünden:
„Die Autobahn A6 ist Teil des transeuropäischen Straßennetzes sowie Teil der Fernverbindung von Prag nach Paris. Der Lückenschluss, das Teilstück bei Amberg, wird im Herbst dieses Jahres fertig gestellt werden. Also noch in diesem Jahr wird die Durchlässigkeit von Prag bis nach Paris gewährleistet, und das ist ein großer Erfolg.“
Auch im bilateralen Flugverkehr soll sich nach den Vorstellungen der Ministerin noch einiges tun. Vor allem deshalb, weil der touristische Reiseverkehr zwischen Tschechien und dem Freistaat ständig zunimmt und dank der Schengen-Erweiterung am 21. Dezember noch größere Perspektiven bietet:„Aus dem Grund habe ich auch noch angesprochen, dass wir uns sehr gut vorstellen können, dass die Fluglinie Frankfurt–Hof nach Karlsbad weitergeführt werden könnte. Ich würde mir wünschen, dass wir in den Verhandlungen zu einem Ergebnis kommen, bei dem zum einen der Flughafen in Hof gestärkt und zum anderen die Option eröffnet wird, dass Karlsbad hier ganz klar über Frankfurt interkontinental angebunden wird.“
Die Diskussion über das Für und Wider der Einführung des Euro in Tschechien, über die wir in unserer letzten Sendung ausführlich berichtet haben, geht weiter. Am Montag veröffentlichten Vertreter der Mendel-Universität in Brno / Brünn dazu eine von ihnen im Auftrag des Prager Finanzministeriums erstellte Studie. Ein Ergebnis dieser Studie ist die Aussage, dass die Inflation im Land nach Einführung des Euro nicht abrupt, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit allmählich, also normal ansteigen werde. Petr Rozmahel, einer der Autoren der Studie, begründete das so:
„Es kommt ganz sicher nicht zu einem drastischen Preissprung, denn der Prozess der Angleichung im Preisniveau hat schon begonnen und wird auch fortgesetzt. Das, was die Menschen am meisten befürchten, ist die Aufrundung der Preise. Dazu ist es aber nirgends gekommen. In Italien zum Beispiel sind lediglich ausgewählte Warenerzeugnisse verteuert worden. Weil auch Lebensmittel darunter waren, hat man zwar ziemlich empfindlich darauf reagiert, aber die Inflation wird am gesamten Korb der Verbraucherpreise gemessen. Dazu gehören auch Mieten, Energiekosten und weitere Faktoren. Und Fakt ist, dass sich die Inflation in diesen Ländern nicht verändert hat.“