Tschechien und Liechtenstein nehmen diplomatische Beziehungen auf

Während die Beziehungen zwischen Tschechien und Kanada durch den aktuellen Visastreit auf eine harte Belastungsprobe gestellt werden, ist im Verhältnis zu einem anderen Land gerade Schönwetterstimmung angesagt. Zum einzigen Land der Welt übrigens, das die selbstständige Tschechische Republik bisher nicht anerkannt hat. Nein, die Rede ist nicht von einem entlegenen Inselstaat irgendwo in den sieben Weltmeeren, sondern vom Fürstentum Liechtenstein, nur knapp 350 Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt.

Auf der Sitzung der tschechischen Regierung am Montag war sie nur ein Tagesordnungspunkt von vielen: die Anerkennung von Liechtenstein und, damit verbunden, die wechselseitige Aufnahme von diplomatischen Beziehungen.

Premierminister Jan Fischer betonte auf der Pressekonferenz nach dem Ministerrat, dass dieser Schritt an keinerlei Bedingungen geknüpft war, auch nicht in eigentumsrechtlichen Fragen. Damit sprach Fischer auch schon den Kern des Problems an, das für die lange diplomatische Eiszeit zwischen beiden Ländern verantwortlich war.

Der Streit betrifft die Enteignung von hiesigen Besitztümern des Hauses Liechtenstein nach dem Zweiten Weltkrieg auf Grundlage der so genannten Beneš-Dekrete. Als Begründung gaben die tschechoslowakischen Behörden an, der damalige Fürst von Liechtenstein hätte sich zur Zeit des Nationalsozialismus zur deutschen Nationalität bekannt. Liechtenstein wiederum behauptete stets, sich während des Krieges politisch neutral verhalten zu haben, die Enteignungen durch die Tschechoslowakei seien daher unrechtmäßig erfolgt. Tschechiens Außenminister Jan Kohout nach der Regierungssitzung am Montag:

„Wir werden eine gemeinsame Erklärung über die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen unterschreiben. Zusätzlich zu dieser Erklärung wird es auch ein Memorandum geben, in dem wir die Einsetzung einer Historikerkommission beschließen werden. Sie soll zum Kennenlernen der gemeinsamen Geschichte beitragen – vor allem im Hinblick auf die Zukunft.“

Mit anderen Worten: Zuerst wird durch die wechselseitige Anerkennung diplomatische Normalität geschaffen, die Arbeit der Historikerkommission folgt erst in einem zweiten Schritt.

Beide Staaten verbinden ein gemeinsames europäisches Erbe und die jahrhundertealte Geschichte des Hauses Liechtenstein in den Ländern Böhmen, Mähren und Schlesien, heißt es in einer Pressemeldung der Regierung in Vaduz. Gemeinsames Ziel seien nun engere und partnerschaftliche Beziehungen sowie die Zusammenarbeit im Rahmen des europäischen Integrationsprozesses und in den internationalen Organisationen.