Liechtenstein fördert Projekte in Tschechien
Botschafterin Maria-Pia Kothbauer, Prinzessin von und zu Liechtenstein, über Projekte, die das Fürstentum fördert.
Exzellenz, Sie haben gesagt, es sei für Sie etwas Besonderes, gerade im Agneskloster zu sein, das teilweise mit liechtensteinischen Geldern in Stand gesetzt wurde. Wann waren Sie zum ersten Mal dort?
„2002 wurde die Tschechischen Republik von einer großen Hochwasserkatastrophe heimgesucht. Damals wurde eine Reihe sehr wertvoller Baudenkmäler beschädigt, darunter auch das Agneskloster. Wir Liechtensteiner haben sehr viele Rhein-Überflutungen in den 1920er Jahren erlebt und wissen, was ein Hochwasser bedeutet. Seitdem haben wir eine Tradition, Länder zu unterstützen, die von Überschwemmungen betroffen sind. 2002 hat die Regierung beschlossen, in Österreich, in Deutschland und eben auch in der Tschechischen Republik nach Projekten zu suchen, die zur Beseitigung der Hochwasserfolgen beitragen. Zu der Zeit hatten Liechtenstein und die Tschechische Republik keine diplomatischen Beziehungen. Aber die Tschechien hatte damals einen phantastischen Botschafter in Wien: Das war Jiří Gruša, der Schriftsteller und auch Kulturminister war. Leider lebt er nicht mehr. Wir haben uns zusammengesetzt, und er hat mir eine Reihe von Projekten vorgeschlagen. Darunter waren Bücher, die in Terezín beschädigt wurden, eine Brücke in Doudleby in Südböhmen, deren Restaurierung von der Gemeinde Eschen in Liechtenstein finanziert wurde, und eben auch das Prager Agneskloster. Deswegen war das für mich ein besonderes Erlebnis, heute wieder hier zu sein. Ich freue mich darüber auch aus dem Grund, weil meine Mutter Agnes hieß. Das ist ein sehr schöner und seltener Name.“
Tschechien und Liechtenstein verbinden 700 Jahre gemeinsame Geschichte. Wie sind die Beziehungen heutzutage?„Beziehungen haben wir auf verschiedenen Ebenen. Auf der europäischen Ebene haben wir jetzt gezeigt, wie unsere Zusammenarbeit über die EWR-Fonds funktioniert. Das sind sehr große Projekte, die von Norwegen und Island, aber auch von uns mitgetragen werden. Wir freuen uns, dass wir auf diese Art helfen können, das unglaubliche kulturelle Erbe hierzulande zu erhalten. Es ist auch ein europäisches Kulturerbe. Und das Haus Liechtenstein hat in seiner 700-jährigen Geschichte vor allem in Südmähren einiges geleistet. Diplomatische Beziehungen haben wir erst seit 2009. Das hängt damit zusammen, dass wir auch eine schwierige Geschichte haben. Was das betrifft, gibt es immer noch Probleme, die uns beschäftigen – sowohl die Tschechische Republik als auch Liechtenstein. Wir hoffen, dass wir da Lösungen finden werden. Da sind wir immer im Gespräch. Auf der politischen Ebene sind wir noch nicht ganz dort, wo wir sein wollen. Ich glaube, die Zusammenarbeit könnte noch sehr viel enger sein. Aber sie ist auf einem guten Weg. Ich freue mich, dass die Probleme, die wir haben, uns nicht daran hindern, sehr viel Positives zu machen.“
Haben Sie die Möglichkeit, sich davon zu überzeugen, wo und wie die EWR-Mittel investiert worden sind?„Ich habe das Strahov-Kloster und die dortige Bibliothek gesehen. Das ist umwerfend. Ich habe gesehen, was im Areal von Feldsberg und Eisgrub – Valtice und Lednice – passiert ist. Und ich bekomme manchmal von Liechtensteinern Fotografien, wo die liechtensteinische Fahne auf einem tschechischen Gebäude zu sehen ist. Das macht uns stolz, weil wir die liechtensteinische Fahne nicht so oft im Ausland sehen. In der Tschechischen Republik sieht man wegen der Geschichte das Wappen an der einen oder anderen Kirche oder Schloss. Das sind schon spezielle Momente.“
Sie haben anlässlich der Unterzeichnung des neuen Memorandums den Schüler- oder Studentenaustausch erwähnt. Studieren viele Tschechen in Liechtenstein?
„Das war eine große Überraschung für mich, denn einem Studenten kann man nicht sagen, wo er studieren soll. Obwohl wir natürlich die Rahmenbedingungen über diese Projekte setzen. Für uns als ein Land, das keine Bodenschätze hat, ist Ausbildung das wichtigste Gut. Ich glaube, Liechtenstein ist ein kleiner, aber attraktiver Bildungsstandort. Bei uns kann man Architektur und Wirtschaft studieren. Eines der beiden Studien wird gewählt. Wir haben aber auch eine gute Kooperation mit der Karlsuniversität in Prag und der Masaryk-Universität in Brünn. Da ist einiges im Entstehen und einiges wurde bereits geleistet. Die meisten tschechischen Studenten studieren Wirtschaft in Liechtenstein.“Wie viele Studenten aus Tschechien gab es oder gibt es ungefähr in Liechtenstein?
„Die genauen Zahlen kennen wir nicht. Aber in den letzten Jahren, seitdem es die Programme gibt, waren es knapp unter 40 Studenten. Das ist eine Menge.“
Gibt es vielleicht auch Liechtensteiner, die zu einem Studienaufenthalt nach Tschechien kommen?„Ja schon, jedoch eher im Rahmen eines Schüleraustausches. Ein Kollege von mir im diplomatischen Dienst hat eine tschechische Hebamme aus Olomouc geheiratet. Sie feierten ihre Hochzeit in Velké Losiny, das auch eine liechtensteinische Geschichte hat. Das war eigentlich die Frucht eines Schüleraustausches. Es gibt schon Liechtensteiner, die zum Studieren nach Tschechien kommen. Aber für uns ist die Sprache ein Problem, denn Tschechisch ist eine schwere Sprache.“