Tschechien will bei EU-Ratspräsidentschaft fünf Prioritäten in der Energiepolitik setzen
Am Montag und Dienstag vergangener Woche fand in Prag das zweite europäische Energie-Forum statt. Auf dieser Konferenz haben die tschechischen Vertreter unter anderem die Prioritäten der von Tschechien angestrebten Energiepolitik während der EU-Ratspräsidentschaft des Landes im Jahr 2009 abgesteckt. Und das sich Ausfälle bei Rohstofflieferungen auch auf dem einheimischen Markt niederschlagen, diese Erfahrung wurde hierzulande auch erst in der letzten Woche gemacht. In Tschechien ist nämlich der Dieselkraftstoff mittlerweile wieder teurer ist als das Benzin.
Ups and downs in der tschechischen Wirtschaft
Nach zehn Monaten ist Diesel in Tschechien erstmals wieder teurer als Benzin. Den Angaben der Finanzgesellschaft CCS zufolge kostete Diesel am Montag im Schnitt 30,87 Kronen, was einem Preis von umgerechnet 1,15 Euro entspricht. Gegenüber der Vorwoche verteuerte sich der Dieselkraftstoff damit gleich um eine Krone und elf Heller – eine unmittelbare Folge des auf den Weltmärkten erneut gestiegenen Rohölpreises. Aber nicht nur das, wie der Analytiker der Gesellschaft Colosseum, Petr Cermak, weiß:„Der hohe Erdölpreis beginnt sich bereits sehr dramatisch auf die Benzin- und Dieselpreise in Rotterdam niederzuschlagen, die für die Tschechische Republik maßgebend sind. In Kombination mit den Auswirkungen der Betriebsabschaltung der Raffinerie in Litvinov hat das bildlich gesprochen ein sehr explosives Gemisch erzeugt.“
Die Erdölraffinerie im nordböhmischen Litvinov ist die für die Tschechische Republik wichtigste Industrieanlage zur Destillation von Erdöl und somit auch zur Herstellung von Benzin und Diesel. Sie muss allerdings in bestimmten Abständen gereinigt und gewartet werden. Die petrolchemische Gesellschaft Unipetrol RPA, die gleichzeitig Mehrheitseigner des Unternehmens Tschechische Raffinerien (Ceske rafinerske) ist, hat den Rhythmus des betrieblichen Stillstands von der jährlichen auf eine vierteljährliche Wartung umgestellt. Die damit verknüpfte Produktionspause war länger als geplant und so auch eine Ursache dafür, dass der Dieselpreis in Tschechien zuletzt in die Höhe schnellte. Jetzt aber sollte dieser Engpass wieder behoben sein, teilte Michaela Lagronova von der Firma Unipetrol am Dienstag dem Tschechischen Rundfunk mit:
„Die Betriebsabschaltung war in der Tat sehr nachhaltig. In beiden Firmen, das heißt sowohl im Areal der Tschechischen Raffinerien als auch auf dem Betriebsgelände der Gesellschaft Unipetrol RPA, haben mehr als 2900 Beschäftigte externer Firmen gearbeitet. Wir gehen jetzt davon aus, dass die Produktion am Mittwoch wieder im vollen Gange ist und die Betriebsabschaltung damit beendet ist.“Beendet ist auch die diesjährige Wertung zum Nationalen Preis für Qualität. Dieser Preis ist die höchste Auszeichnung, der in Tschechien an Organisationen im Bereich des Managements vergeben wird. Als Sieger des Jahres 2007 wurde am Montag in Prag die Fakultät für Maschinenbau der Hochschule für Bergbau und der Technischen Universität Ostrau ausgezeichnet. Ihr Dekan, Professor Radim Farana, sagte nach der Preisverleihung vor Journalisten:
„In meiner zweiten Amtszeit als Dekan der Hochschule habe ich viele junge Leute um mich geschart. Und diese jungen Leute haben sich zum Ziel gesetzt, alle Problemfelder, die mit den organisatorischen Abläufen in der Fakultät zusammenhängen, besser zu beschreiben und transparenter zu machen. Sie sind mit viel Elan an diese Aufgabe gegangen, und ein Erfolg liegt auch darin, dass sich sehr viele Leute in diesen Prozess einbringen müssen. Ich danke allen unseren 223 Beschäftigten, dass das Projekt gelungen ist. Den Preis wissen wir daher sehr zu schätzen.“
Hinter die Fassade geschaut
Die Bildung eines tatsächlich liberalisierten Erdgas-Marktes sei die beste Lösung, um die Abhängigkeit von Erdgaslieferungen aus instabilen Staaten zu durchbrechen. Damit dieser Markt auch funktionieren könne, müssten noch mehr Terminals mit komprimiertem Erdgas (LNG) entstehen. Diese Meinung vertrat der Sonderbeauftragte für Energiesicherheit beim tschechischen Außenministerium, Vaclav Bartuska, auf dem zweiten europäischen Energie-Forum, das vor Wochenfrist in Prag stattfand. Die Errichtung von weiteren Terminals in ganz Europa werde nicht zu teuer, wenn man ihnen zum Vergleich jene Kosten gegenüberstelle, die Erdgaskäufern daraus erwachsen, wenn sie bei der Lieferung von nur einigen wenigen Ländern abhängig sind, ergänzte Bartuska. Dank der LNG-Terminals könne Europa Erdgas aus der ganzen Welt beziehen, zurzeit aber ist der alte Kontinent von drei Ländern abhängig: Algerien, Norwegen und Russland. Die Abhängigkeit bei Lieferungen aus Russland nimmt dabei noch zu, je weiter östlich das jeweilige Land gelegen ist. Während Deutschland zum Beispiel aus Russland 42 Prozent seines Erdgasbedarfs importiert, sind es bei der Tschechischen Republik schon 70 Prozent und bei der Slowakei knapp 98 Prozent. Die baltischen Staaten sind vom russischen Erdgas sogar zu 100 Prozent abhängig. Neben der immer noch kontrovers diskutierten Atomkraft gilt das Erdgas als der Energieträger der Zukunft in Europa. Die Kohle sollte wegen ihres CO²-Gehalts nur noch begrenzt genutzt werden, und die Steigerung des Anteils der alternativen Energien am Energiemix der Zukunft auf bis zu 20 Prozent bleibt ohnehin ein schwieriges Unterfangen. Deshalb bestehe die Notwendigkeit, dass in der Europäischen Union eine starke Energiepolitik betrieben wird, waren sich nahezu alle Teilnehmer des zweitägigen Prager Energie-Forums einig. Die Sicherheit von Energielieferungen müsse dabei eine langfristige Priorität in der Union haben, sagte der Generaldirektor des tschechischen Energieriesen CEZ, Martin Roman. Aber auch die Tschechische Republik setzt auf Prioritäten in der Energiepolitik, wenn sie im ersten Halbjahr 2009 die EU-Ratspräsidentschaft ausüben wird. Es sind derer fünf, wie Radio Prag von Alexandr Vondra, dem Vizepremier für europäische Angelegenheiten, exklusiv erfahren durfte:„Zunächst ist es erforderlich, die Liberalisierung und Schaffung des europäischen Energiemarktes fortzusetzen. Zum Zweiten sollte vernünftig in neue Energiequellen investiert werden, denn Europa hat diese nicht im Überfluss. Das trifft vor allem auf die Produktionskapazitäten von Elektroenergie zu. Zum Dritten müssen wir die Lieferungen von Erdöl und Erdgas mehr splitten. Es darf nicht sein, dass wir hier in Mittel- und in Osteuropa von nur einem Zulieferer abhängig sind. Als vierten Punkt möchte ich anführen, dass es gut wäre gut, wenn wir in diesem Bereich mit den Ländern auf der anderen Seite des Atlantiks noch besser zusammenarbeiten würden als es bisher der Fall war. Und schließlich sollte fünftens der Energiemix der Zukunft klar definiert und aufgeschlüsselt werden.“Auf dem zweiten europäischen Energie-Forum sprach neben Vizepremier Vondra, dem staatlichen Energiebeauftragten Bartuska, CEZ-Generaldirektor Roman und weiteren Energieexperten von tschechischer Seite auch Regierungschef Mirek Topolanek zu den Konferenzteilnehmern. Er zeigte auf, dass Tschechien unter seiner Federführung ein Land sein will, dass in der Lage ist, sich selbst mit ausreichend Energie zu versorgen. Auch aus Mangel an besseren Alternativen setze man daher hierzulande in erster Linie auf die Atomkraft als den Energieträger, den auch andere EU-Länder wieder mehr und mehr als ausbaufähig in Erwägung ziehen, so der Premier. Deshalb kann man sicher sein, dass die Tschechische Republik während ihrer EU-Ratspräsidentschaft das Thema Energie sehr stark in den Vordergrund schieben wird, was Alexandr Vondra dann auch gegenüber Radio Prag bestätigte:
„Für die Tschechische Republik ist der Sektor Energie sehr wichtig. Er wird daher unstrittig ein Topthema unserer EU-Ratspräsidentschaft sein.“