Tschechien will der Klage beim EuGH trotzen

Foto: CC BY-NC-ND 2.0

Es war kein schönes nachträgliches Geschenk zu Nikolaus, das Tschechien, Polen und Ungarn bekommen haben. Am Donnerstag reichte die EU-Kommission beim Europäischen Gerichtshof nämlich Klage ein gegen die drei Visegrád-Staaten. Es sei die logische Konsequenz für „mangelnde Solidarität“ in der Flüchtlingsfrage, heißt es.

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Es geht um einen EU-Beschluss aus dem Jahr 2015. Die EU-Staaten einigten sich damals per Mehrheitsentscheidung auf eine Umverteilung von insgesamt 160.000 Flüchtlingen, die in Italien und Griechenland gestrandet waren. Tschechien, Ungarn und Polen weigern sich allerdings bis heute, sich wie vorgesehen an der Umverteilung zu beteiligen – obwohl auch der EuGH die Rechtmäßigkeit der EU-Entscheidung bestätigt hat. Tschechiens neuer Premier, Ano-Parteichef Andrej Babiš, scheint aber weiterhin uneinsichtig:

„Quoten sind keine Lösung. So löst man die Flüchtlingskrise nicht. Wir sollten uns vielmehr auf eine Reform der Zuwanderungspolitik der Europäischen Union verständigen. Falls nicht, befürchte ich, dass sich dann tatsächlich die Stimmen derer häufen werden, die eine Zerschlagung der Europäischen Union wollen.“

Andrej Babiš  (Foto: ČTK)
Und wie zur Bekräftigung seiner Meinung legte Babiš sogleich nach, dass Tschechien, Ungarn und Polen mit ihrer Haltung längst nicht mehr allein dastehen:

„Die Europäische Kommission verharrt auf ihrer Position aus dem Jahr 2014. Sie spricht weiter von Quoten, die nicht annehmbar sind. Auch Österreich und weitere Länder lehnen die Regelung mittlerweile ab.“

Nach Aussage von EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermanns kann jedoch keines der drei Länder vom Schritt der Kommission überrascht sein. Die meisten EU-Staaten hätten zwar ihre Quoten auch nicht erfüllt, doch das nun angeklagte Trio habe nahezu keinen Willen gezeigt, die damals in Brüssel getroffene Entscheidung auch umzusetzen. Eine Klärung vor Gericht sei jedoch immer nur die letzte Möglichkeit, sagt Timmermanns. Ähnlich sieht es auch der scheidende Außenminister Tschechiens, Lubomír Zaorálek (Sozialdemokraten). Für ihn gibt es noch Spielraum in der Angelegenheit:

Lubomír Zaorálek  (Foto: ČTK)
„Mit einem Urteil ist nicht vor 18 Monaten zu rechnen. Das ist noch eine relativ lange Zeit, in der weiter die Möglichkeit besteht, sich zu einigen.“

Und bei der Verteidigung ihrer Position könne die Tschechische Republik auch ganz andere Argumente ins Feld führen als eben Polen und Ungarn, sagt der Staatssekretär für EU-Angelegenheiten bei der Regierung, Aleš Chmelař. Ihm zufolge haben Polen und Ungarn ihre Haltung mit Sicherheitsbedenken begründet. Tschechien habe indes sehr stichhaltige Gründe vorgebracht, so Chmelař:

„Wir haben uns an der Umverteilung beteiligt, doch in technischer Hinsicht hat sich gezeigt, dass das System nicht funktioniert. Von den 50 Angeboten, die wir aus dem Süden erhielten, war es uns nur möglich, zwölf zu bewerten. Und auf unseren letzten Brief, der an Italien adressiert war, haben wir bis heute keine Antwort bekommen. Unsere Situation ist also in großem Maße eine andere.“

Inwieweit sich Tschechien dem EU-Beschluss von 2015 aber tatsächlich widersetzt habe, dieser Frage muss nun der frisch ernannte Premier Andrej Babiš nachgehen. Hierzu beklagt er, über diese Dinge von Vorgänger Bohuslav Sobotka und dem scheidenden Innenminister Milan Chovanec (beide Sozialdemokraten) nicht ausreichend informiert worden zu sein. Dem widerspricht Chovanec energisch:

Milan Chovanec  (Foto: Martin Svozílek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Bis zum Ende unserer gemeinsamen Regierung wurden sämtliche Kabinettsmitglieder, einschließlich der Ano-Minister, detailliert über all unsere Schritte in dieser Frage informiert. Deshalb verstehe ich die Äußerung von Herrn Babiš überhaupt nicht. Wenn er als künftiger Premier aber meint, diese Sache besser regeln zu können, dann drücke ich ihm die Daumen.“

Babiš deutete schließlich an, worauf er diesbezüglich künftig Wert lege:

„Meiner Meinung nach sollte unser Land aktiver werden und den Mitgliedsstaaten sowie der EU-Kommission eine Lösung in der Frage anbieten. Konkret wäre das der Kampf gegen Schleuserbanden.“