Tschechien will sich vor Flüchtlingswelle abschotten – Ex-Innenminister ist enttäuscht
Die Flüchtlingskrise in Europa erhitzt immer mehr die Gemüter – und sie dividiert die EU-Mitgliedsländer offenbar immer mehr auseinander. Nachdem sich Ungarn weitgehend vor den Flüchtlingen abgeschottet hat, kommen diese nun verstärkt über Kroatien und Slowenien nach Mitteleuropa. Die Tschechische Republik aber will sie nicht reinlassen und plant ihrerseits, die Grenzen dichtzumachen.
„Diese Maßnahme hätte den gleichen Umfang wie die Grenzschutzübung, die wir neulich durchgeführt haben. Das heißt, an der Grenze zu Österreich würden 800 Polizisten eingesetzt, um die Kontrollen zu erhöhen, und das auch an der grünen Grenze. Von einer hermetischen Abriegelung der Grenze kann indes keine Rede sein. Möglich aber ist, dass wir Zugverbindungen aus Österreich kappen. Von dieser Maßnahme sind wir aber noch weit entfernt.“
Seine letzte Aussage versuchte Chovanec mit den Verhandlungen der EU-Innenminister am Donnerstag in Luxemburg zu begründen. Es stand im Raum, dass Österreich seine Ankündigung wahr macht und die eigenen Grenzen wegen der Überlastung mit Flüchtlingen schließt. Tschechiens Innenminister am Donnerstag:„Heute ist in Luxemburg von österreichischer Seite nichts dergleichen verlautbart worden. Aber warten wir ab, was passiert, wenn Ungarn in den nächsten Tagen seinen Zaun an der Grenze zu Kroatien fertiggestellt hat.“
Dann könnte sich das Szenario schnell ändern und sich der Flüchtlingsstrom einen neuen Weg bahnen, mutmaßt Chovanec. Sollte Österreich spätestens dann reagieren und quasi die Schotten dicht machen, dann werde auch Tschechien nachziehen, so der Innenminister:„In diesem Fall müsste unsere Regierung auch den Einsatz von Soldaten zum Grenzschutz ernsthaft in Betracht ziehen. Ich glaube aber fest daran, dass dieser Fall nicht eintritt. Dennoch wollen wir zeigen, dass wir darauf vorbereitet sind, sollten sich die Äußerungen einiger österreichischer Politiker bestätigen. Wir sind vorbereitet, die Interessen der Tschechischen Republik zu schützen.“
Gerade diese und ähnliche Äußerungen wie auch Handlungen sind es, die den ehemaligen Innenminister, den sozialdemokratischen Senator František Bublan, enttäuschen und befremdlich stimmen:„Wir müssen uns bemühen, die Lage in Europa komplex zu lösen. Das geht aber nicht mit diesen einzelnen und voneinander losgelösten Schritten, mit denen wir nur unsere eigene Sicherheit, oder sagen wir ruhig auch: unsere eigene Bequemlichkeit bewahren wollen. Und das ohne Rücksicht darauf, was dies für das jeweilige Nachbarland bedeutet. Dieser Schritt gefällt mir überhaupt nicht.“
Bublan bekräftigt, dass die jetzige Flüchtlingskrise letztlich ein globales Problem sei, vor dem man sich in Europa nicht ausgrenzen könne, in der Hoffnung, dass der Kelch an einem vorüberziehe:
„Auf der Flucht sind Menschen, die größtenteils aus Gebieten kommen, in denen ihr Leben bedroht ist. Sie suchen daher nach einer Lösung für sich und ihre Familien, und wir müssen uns bemühen, dass eine Lösung für alle gefunden wird. Zurzeit aber suchen wir nur nach einer Lösung für unser Land und unsere Interessen in der Art, dass uns dieses Problem so wenig wie möglich betrifft. Und das gefällt mir persönlich gar nicht.“