Tschechien wird immer mehr zum Zielland ausländischer Migranten

Foto: Europäische Komission

In den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als ein EU-Beitritt noch in weiterer Ferne lag, wurde die Tschechische Republik nicht selten von Migranten als Transitland benutzt, um von hier aus illegal über die grüne Grenze nach Deutschland oder Österreich zu gelangen. Diese Tendenz hat sich in den zurückliegenden Jahren dahingehend verschoben, dass Tschechien zuletzt immer mehr zum Einwanderungsland für illegale Schwarzarbeiter aus Osteuropa geworden ist. Die aktuellen Zahlen und die Gründe für diese Entwicklung hat Lothar Martin für Sie parat.

Foto: Europäische Komission
Die Zahl der illegalen Grenzübertritte an der Grenze zur Tschechischen Republik weist in den letzten Jahren eine rückläufige Tendenz auf. Im letzten Jahr hat die hiesige Grenzpolizei diesbezüglich nur noch 13.206 Menschen aufgegriffen - 535 weniger als im Jahr 2002. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 waren es noch über 32.700 Menschen, die illegal nach Tschechien ein- bzw. ausreisten. Dagegen ist die Anzahl derjenigen Ausländer, die legal nach Tschechien einreisen, sich nach Ablauf des Visums jedoch illegal im Land aufhalten, auch im letzten Jahr wieder gestiegen. Bei der am Dienstag zu dieser Problematik in Prag stattgefundenen Pressekonferenz wurde deren Zahl mit 21.350 Personen beziffert. Das sind nahezu um 2000 Menschen mehr als im vorangegangen Jahr 2002. Daher erklärte der Direktor der tschechischen Ausländer- und Grenzpolizei, Jindrich Urban auch vor den anwesenden Journalisten, dass Tschechien immer mehr vom Transitland hin zum Zielland für illegale Migranten geworden ist. Einer der Gründe dafür sei auch der sich immer mehr abzeichnende EU-Beitritt des Landes, sagte Urban.

Die meisten Ausländer, die die tschechische Grenze illegal überqueren, kommen aus Russland. Ihr Anteil unter den Grenzverletzern beträgt mehr als ein Fünftel. Ein großer Teil von ihnen kommt dabei aus Tschetschenien. Gar vier Fünftel hoch ist der Anteil der Ukrainer an der Gesamtzahl aller sich illegal in Tschechien aufhaltender Personen. Wie die Analytikerin der tschechischen Ausländer- und Grenzpolizei, Zdenka Danisová, dazu ausführte, gehe dieser hohe Anteil auf den massiven Missbrauch des in Tschechien erteilten Touristenvisums zurück:

"Es lässt sich sagen, dass die Migration im Jahr 2003 vor allem durch die Verletzung des Aufenthaltsrechts charakterisiert wurde. Besonders massiv durch ukrainische Bürger, die 80 Prozent der sich hierzulande illegal aufhaltenden Personen ausmachen und für die die Tschechische Republik zum Zielland geworden ist. Sie kamen in der Regel auf der Basis eines Touristenvisums nach Tschechien, und wenn die Frist des Visums abgelaufen ist, bleiben sie oft hier und arbeiten schwarz."

Zurückgegangen ist in den vergangenen Jahren insbesondere die Anzahl der illegalen Übertritte an der deutsch-tschechischen Grenze. Das ist unter anderem auf die weiter verbesserte Kooperation der hiesigen Grenzpolizei mit dem Bundesgrenzschutz zurückzuführen, auch wenn Radio Prag gegenüber der grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte des BGS, Polizeihauptkommissar Wolfgang Höhler-Brockmann, diese Tatsache nicht als alleinigen Grund für die positive Tendenz verstanden wissen wollte:

"Sicherlich ist das ein Beitrag dazu, die gute Arbeit, die sowohl auf tschechischer als auf deutscher Seite durch den Bundesgrenzschutz geleistet wird. Welche wirklichen Ursachen für den deutlichen Rückgang ausschlaggebend sind, kann ich allerdings nicht einschätzen."