Zeman schürt Hass: Aufgeheizte Debatte um Flüchtlinge in Tschechien

Foto: ČTK

Auch wenn Flüchtlinge meist einen Bogen um Tschechien machen, ist die Debatte über sie hierzulande ziemlich scharf. Anlass gab erneut Staatspräsident Miloš Zeman mit seinen Worten. Zudem fanden am Samstag in Prag zwei Demonstrationen statt: eine des rechten Spektrums im Sinne der deutschen Pegida und eine Kundgebung für Solidarität mit Flüchtlingen.

Gegner von Flüchtlingsquoten  (Foto: ČTK)
Wer am Samstagnachmittag in Prag am oberen Wenzelsplatz war, erlebte einen Gegensatz: Am Nationalmuseum unter Klängen der tschechischen Nationalhymne die Gegner von Flüchtlingsquoten – und am Reiterdenkmal des Heiligen Wenzel zu Reggae-Musik jene Menschen, die mehr Solidarität mit Flüchtlingen fordern. Räumlich getrennt waren sie nur durch die Stadtautobahn, ideell jedoch durch Welten. Während auf den Treppen des Nationalmuseums vor der „Islamisierung des Abendlandes“ gewarnt wurde, im Übrigen unter dem Applaus auch von Neonazis, zeigten sich die Demonstrierenden unterhalb der Wenzelstatue besorgt über zunehmende Fremdenfeindlichkeit in Tschechien. Dort sprach unter anderem die Soziologin Jiřina Šiklová. Sie wies darauf hin, dass es in Europa früher häufig Massenflucht gegeben habe und dass auch die christliche Kultur unter ebensolchen Umständen entstanden sei:

Jiřina Šiklová | Foto: Alžběta Švarcová,  Tschechischer Rundfunk
„Weihnachten rückt immer näher. Soweit ich weiß, waren auch Maria und Joseph mit dem Jesuskind auf der Flucht. Sie waren also Flüchtlinge. Die Neonazis hätten sie aber nicht einmal zum Prager Hauptbahnhof gelassen.“

Wie die Stimmung in der tschechischen Gesellschaft zu sein scheint, zeigten auch die Zahlen beider Demonstrationen: Die Islam-Gegner versammelten etwa 1000 Leute, die Gegner von Fremdenfeindlichkeit nur knapp die Hälfte davon.

Fremdenfeindliche Stimmungsmache betrieb am Freitag sogar der tschechische Staatspräsident. Miloš Zeman sagte bei einem Besuch im Kreis Zlín gegenüber Arbeitern einer Fleischerei:

Illustrationsfoto: Javier Ramos,  FreeImages
„Die islamischen Flüchtlinge werden hierzulande die Scharia haben. Das heißt, untreue Frauen werden gesteinigt, Dieben werden die Hände abgehauen, und wir werden die Schönheit der Frauen verlieren, weil diese in der Burka verschleiert sind, von Kopf bis Fuß.“

Politiker der meisten Parteien zeigten sich daraufhin entsetzt. Selbst von den oppositionellen Bürgerdemokraten, die sonst stark gegen Flüchtlingsquoten protestieren, kam Kritik. Mitglieder der islamischen Gemeinde in Tschechien betonten, dass seit mehr als 100 Jahren Muslime auf tschechischem Boden leben – aber nichts von dem, womit Zeman Angst mache, sei eingetreten. Der Minister für Menschenrechte, Jiří Dienstbier, reagierte in einer Textnachricht äußerst scharf. Jarmila Balážova ist Sprecherin des sozialdemokratischen Ressortchefs, gegenüber Radio Prag fasste sie zusammen:

Jiří Dienstbier  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Der Minister für Menschenrechte, Gleichstellung und Legislative, Jiří Dienstbier, hat bereits mehrfach die Politiker aufgerufen, angesichts der Flüchtlingskrise verantwortungsvoll zu handeln. Sie sollten die Krise nicht missbrauchen, um auf sich aufmerksam zu machen und Hassgefühle zu schüren. In diesem Kontext hat er sich auch gegen die Worte von Staatspräsident Zeman verwahrt. Wörtlich sagte er, dass dies eine widerliche und verantwortungslose Panikmache sei von jemandem, der selbst keine Hemmungen habe, grundlegende moralische Werte zu missachten und manchmal sogar rechtliche Regeln.“