Tschechiens Biathleten wollen Umbruch und gute Platzierungen schaffen
Der Winter ist da! Im Flachland ist zwar noch kein Schnee zu sehen, doch mit einer Reihe von Wettbewerben haben viele Wintersportler am vergangenen Wochenende die neue Weltcup-Saison eröffnet. Zu ihnen gehören die Biathleten.
Nové Město na Moravě trägt im März zwei Weltcups aus
Der tschechische Biathlonsport genießt einen guten Ruf. Spätestens seit 2013, als in Nové Město na Moravě / Neustadt in Mähren erstmals eine Weltmeisterschaft ausgetragen wurde, und ein Jahr später tschechische Wettkämpfer in Sotschi fünf olympische Medaillen gewannen, hat er sich großen Respekt erworben. Das wurde jüngst bestätigt, denn vor gut zwei Wochen hat der internationale Biathlon-Verband (IBU) die WM 2024 an Nové Město vergeben. Doch damit nicht genug, in der laufenden Saison sind die tschechischen Organisatoren erneut gefragt. Denn genauso wie das finnische Kontiolahti, Hochfilzen in Österreich und Oberhof in Thüringen wird der kleine Ort auf der Böhmisch-Mährischen Höhe gleich zwei Weltcup-Veranstaltungen ausrichten. Das begrüßt auch einer der besten tschechischen Biathleten: Michal Krčmář, olympischer Silbermedaillengewinner von 2018.
„Ich persönlich bin darüber sehr erfreut, denn die Strecke in an Nové Město liegt mir. Noch offen ist die Frage nach den Fans. Doch sollten die Rennen ohne sie stattfinden müssen, dann ist es immer noch ein Weltcup auf heimischem Boden. Das heißt, so oder so freue ich mich darauf.“
Die beiden Events in Nové Město na Moravě werden kurz vor Saisonende ausgetragen: Vom 4. bis 7. März 2021 als Ersatz für die Rennen in Peking und schon eine Woche später, vom 11. bis 14. März, als planmäßige Weltcup-Veranstaltung in Tschechien. Ob in gut drei Monaten aber schon wieder Zuschauer dabei sein dürfen, ist noch ungewiss. Deshalb plant Organisationschef Jiří Hamza mit unterschiedlichen Zahlen für die zweiwöchige Aktion mit insgesamt zwölf Wettbewerben. Das Budget sollte sich zwischen 90 und 120 Millionen Kronen (3,4 bis 4,5 Millionen Euro) bewegen, sagt Hamza:
„Natürlich sind das sehr hohe Kosten. Wir zahlen das Preisgeld zweimal aus, und wir müssen die Teilnehmer wie auch alle Helfer zwei Wochen lang versorgen. Wir haben lange darüber debattiert, ob wir diese Variante angehen sollen.“
Am Ende haben sich die Organisatoren in Nové Město dafür entschieden, die Doppelveranstaltung durchzuführen. Die Hoffnung ist, in den nächsten Jahren davon profitieren zu können. Denn es sollte sich auszahlen, wenn man in einer Notlage einspringt und einen Weltcup-Event zusätzlich ausrichtet, so Hamza:
„Ich denke, in Zukunft wird mit Nové Město fester gerechnet als bisher. Zuletzt haben wir innerhalb von vier Jahren dreimal den Weltcup ausgerichtet. Es ist aber nicht auszuschließen, dass wir im nächsten vierjährigen Olympiazyklus jedes Jahr Gastgeber einer Wettkampfserie sein werden.“
Die insgesamt zwölf Weltcuprennen in Nové Město in den ersten zwei Märzwochen sollen jeweils von Donnerstag bis Sonntag ausgetragen werden.
Rybář kehrt als Cheftrainer des Männerteams zurück
„Mich würde freuen, wenn ich mein Potenzial stetig steigern könnte. Ich möchte nicht stagnieren oder gar an Leistungsstärke einbüßen. Ich will mich in den Details verbessern und mich weiter nach vorn schieben.“
Das sagt Markéta Davidová, Tschechiens derzeit beste Biathletin. Die 23-Jährige ist keine Sportlerin, die große Töne spukt. Deshalb formulierte sie ihre Zielsetzung für die neue Saison – wie eben gehört – eher zurückhaltend anstatt mit klaren Vorsätzen. Dennoch will die Junioren-Weltmeisterin von 2018 ganz gewiss auch in diesem Winter so oft es geht auf dem Treppchen stehen. In der zurückliegenden Saison war ihr das viermal gelungen:
Dennoch verweist Davidová darauf, dass sie nicht alleine die tschechischen Farben hochhalte, sondern auch andere für vordere Platzierungen gut seien. Da wäre in erster Linie der älteste Akteur im Team zu nennen, der 36-jährige Ondřej Moravec. Der dreifache Medaillengewinner der Olympischen Winterspiele von Sotschi ist am Samstag in seine vermutlich letzte Saison gegangen. Zum Abschluss seiner Karriere will Moravec allen beweisen, dass er immer noch mit der Weltspitze mithalten kann. In dieser Hinsicht war es für den zweifachen Familienvater ein zusätzlicher Motivationsschub, dass Erfolgscoach Ondřej Rybář auf den Posten des Cheftrainers der Männer zurückgekehrt ist:
„Meine Reaktion war positiv, obwohl ich weiß, dass Rybář sehr laut werden kann. Er ist einer der wenigen, die auch mal richtig böse sein können. Es ist ziemlich einfach, mit jedem lieb Kind zu sein. Doch im Leistungssport kann das nicht funktionieren. Deswegen gefällt mir Rybářs Herangehensweise.“
Doch auch der Trainer ist froh, einen Routinier wie Moravec immer noch dabei zu haben. Denn Rybář weiß, was er an ihm hat:
„Ondřej ist mit seiner Erfahrung und seinen vielen Erfolgen eine feste Größe im Team. Ich muss nur auf seine Leistungen bei Olympia 2014 in Sotschi und bei der Weltmeisterschaft 2015 in Kontiolahti sowie auf die vielen guten Platzierungen im Weltcup verweisen. Er ist ein sehr stabiler Schütze. Leider wird er nicht jünger, doch ich denke momentan nicht darüber nach, dass es wohl die letzte Saison für ihn sein wird. Ich bin vielmehr froh, dass er diese Saison in Angriff genommen hat. Denn für die jungen Burschen im Team sollte es eine große Motivation sein, von ihm zu lernen. Das trifft insbesondere auf das Schießen zu, schließlich ist Moravec in diesem Metier derzeit unsere Nummer eins.“
Moravec überzeugt zum Auftakt mit zwei Top-Ten-Plätzen
Die Bestätigung, dass er ein starker Schütze ist und auf dieser Basis auch weiterhin gute Resultate erzielen kann, lieferte Moravec gleich beim Saisonauftaktrennen am Samstag in Kontiolahti. Im Einzelwettbewerb traf er alle 20 Scheiben und verfehlte den dritten Platz, den der Deutsche Erik Lesser belegte, nur um 3,3 Sekunden. Nach seiner tollen Vorstellung äußerte Moravec gegenüber dem Tschechischen Fernsehen:
„In meinem Alter setze ich mich nicht mehr so unter Druck wie früher. Die heutige Platzierung quittiere ich gern, für mich war es ein Superrennen.“
Michal Krčmář bot ebenfalls eine vorzügliche Leistung, mit nur einem Schießfehler belegte er Rang elf. Nicht so gut lief es jedoch für die Frauen. Sie hatten mit der Entscheidung an der Spitze nichts zu tun, weil sie am Schießstand zu häufig patzten. Markéta Davidová war noch die Beste, doch nach drei Schießfehlern reichte es für sie nur für Platz 21.
Am Sonntag standen auf der Anlage des finnischen Wintersportorts die Sprintwettbewerbe auf dem Programm. Auch da überzeugte Moravec mit einem fehlerfreien Schießen und landete am Ende auf dem zehnten Platz. Danach resümierte er:
„Meiner Meinung nach ist dies der zweitbeste Saisonstart in meiner langen Karriere. Dafür, dass ich der zweitälteste Teilnehmer im Feld war, ist das nicht schlecht.“
Auch Krčmář konnte an seine gute Leistung vom Vortag anknüpfen, mit null Fehlern belegte er Platz 16. Hinter den Erwartungen blieben jedoch die Frauen. Auch im zweiten Wettbewerb haperte es am Schießstand. Davidová war erneut die Beste, doch mit drei Fehlschüssen landete sie nur auf Platz 37.
Männertrainer Rybář kann hingegen durchaus zufrieden sein mit dem Weltcup-Auftakt seiner Schützlinge. Bis auf das Massenstart-Rennen darf er in jedem Wettbewerb bis zu fünf Akteure einsetzen. Insgesamt stehen ihm elf Biathleten zur Verfügung, darunter vier Junioren. Über die gesamte Saison hinweg will er möglichst vielen von ihnen eine Einsatzchance geben. Dabei sollen die jungen Kräfte zielstrebig an das Niveau der Besten herangeführt werden. Was die Saisonziele anbelangt, will sich der 42-Jährige aber nicht konkret festlegen:
„Ich habe schon davon gesprochen, dass ich keine Prognose abgeben werde. Ich kann aber versichern, dass wir im Sommer hart trainiert haben, und es wäre auch schlecht, wenn wir uns vor der Konkurrenz fürchten würden. Auf der anderen Seite wird dies keine einfache Saison. Wir haben gewiss Biathleten, die beständig um eine Top-Ten-Platzierung mitkämpfen können. Zugleich sind auch Sportler im Team, die erst einmal Erfahrungen sammeln werden.“
Michal Krčmář wiederum ist froh, dass es endlich losgegangen ist. Denn gerade jetzt, in der schwer einschätzbaren Zeit der Corona-Pandemie, ist es nicht selbstverständlich, dass Weltcuprennen ausgetragen werden:
„Es ist super, dass wenigstens der Profisport halbwegs funktioniert. Die Fans können so Spitzensport zumindest im Fernsehen verfolgen, sich abreagieren, Emotionen miteinander teilen und für eine Weile die Probleme vergessen, die wir gegenwärtig haben. Ich hoffe, dass wir bei den Wettkämpfen vorn mitmischen können und den Menschen mit guten Ergebnissen hin und wieder eine kleine Freude machen.“