Tschechiens Eishockey-Team fährt nicht als Favorit zur WM in Russland

Foto: ČTK

An diesem Freitag ist es wieder soweit: In den russischen Städten Moskau und St. Petersburg beginnt die Weltmeisterschaft im Eishockey, und in Tschechien wird die ganze Nation das Auftreten der Nationalmannschaft erneut mit Feuer und Flamme verfolgen. Und das, obwohl die Cracks aus Böhmen und Mähren wie so häufig im letzten Jahrzehnt nicht mehr zu den Titelfavoriten zählen.

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Vor einem Jahr war Tschechien Gastgeber der Eishockey-Weltmeisterschaft. Es war ein großartiges Turnier mit einem neuen Zuschauerrekord und einem ebenso herausragenden Sieger: Team Canada. Die Weltmeister aus Übersee äußerten sich anschließend sehr lobend über die Organisation und Atmosphäre des Turniers in Prag und Ostrava / Ostrau, und das nicht nur wegen ihres Titelgewinns. Als Dank dafür gaben sich die Kanadier am Dienstagabend in der Prager O2-Arena erneut ein Stelldichein – sie waren der Gegner für die tschechische Mannschaft bei der Generalprobe für die bevorstehende WM. Der Weltmeister gewann die Partie sicher und souverän mit 3:0, auch wenn sich die Tschechen sehr bemühten und mehrere gute Chancen hatten. Doch gerade die Chancenverwertung ist eines der Mankos, an denen man noch arbeiten müsse, sagt Verteidiger Michal Jordán:

Michal Jordán  (rechts)
„Gewiss müssen wir noch unsere Torabschlüsse und das Überzahlspiel verbessern. Gegen Kanada haben wir keine Überzahl genutzt, doch gerade das ist ein Faktor, durch den Spiele entschieden werden.“

Michal Jordán ist einer von vier Akteuren im Team von Nationaltrainer Vladimír Vůjtek, die in der stärksten Liga der Welt, der National Hockey League (NHL) spielen. Dazu nominierte der 68-jährige Coach noch zwölf Spieler aus der russischen KHL, zehn Spieler aus der tschechischen Extraliga und einen Akteur aus der schwedischen Elitserien in sein 27-köpfiges Aufgebot. Die Zusammensetzung des Kaders zeigt auf, dass Tschechien bei der Auswahl der Nationalspieler nicht mehr aus dem Vollen schöpfen kann, wie es noch um die Jahrtausendwende der Fall war. Die Zahl der Cracks, die in der NHL spielen, hat merklich abgenommen, auch wenn einige der WM-Kandidaten verletzungsbedingt absagen mussten.

Petr Nedvěd  (Foto: Archiv HC Bílí Tygři)
Seit der Trennung von der Slowakei im Jahr 1993 hat Tschechiens Eishockeyelite bei Weltmeisterschaften zwölf Medaillen gewonnen, die Hälfte von ihnen war golden. Der letzte WM-Titel liegt allerdings schon sechs Jahre zurück, das bislang letzte Edelmetall wurde 2012 in Finnland geholt. Es war die Bronzemedaille, die Tschechien nach dem 3:2-Sieg im Spiel um Platz drei gegen die Gastgeber gewann. Altstar Petr Nedvěd erinnert sich:

„Ich bin glücklich, dass die WM wenigstens so für uns ausgegangen ist. Wir wussten, dass die Finnen ein sehr schwerer Gegner sind und dass dies auch ein extrem schweres Spiel wird. Wir haben es aber gut gemeistert.“

Jaromír Jágr  (Foto: Kristýna Maková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)
Mit 40 Jahren und fünfeinhalb Monaten war Petr Nedvěd vor vier Jahren der älteste tschechische Medaillengewinner überhaupt. Mit NHL-Star Jaromír Jágr, der bereits 44 Jahre alt ist, hat Tschechien 2014 und 2015 den vierten Platz belegt. Nun aber müssen endlich jüngere Spieler hervortreten, damit die erfolgreichen Zeiten zurückkommen. Der Startschuss dazu könnte schon am Freitag sein, wenn die tschechische Mannschaft in ihrem WM-Auftaktspiel in Moskau auf Gastgeber Russland trifft.

Autor: Lothar Martin
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