Tschechiens Floorballer jubeln über WM-Bronze

Tschechen bezwangen die Schweiz mit 9:3 (Foto: ČTK)

Neben Fußball und Eishockey mausert sich in Tschechien immer mehr auch ein dritter Teamsport zum Publikumsmagneten: das Unihockey. Hierzulande wie auch in englischsprachigen Ländern wird diese Sportart seit Jahr und Tag unter dem Namen Floorball geführt. Und das, obwohl Floorball auch als „der kleine Bruder“ des Eishockeys gilt. Bei der jüngsten WM in Helsinki aber haben die tschechischen Floorballer erneut gezeigt, dass sie nicht mehr länger nur im Schatten des Eishockeys stehen wollen.

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Kennen Sie Unihockey? Wie der Name schon verrät, handelt es sich um ein Stockspiel, das aber im Gegensatz zum Feldhockey vorwiegend in überdachten Hallen gespielt wird. Und zwar mit Hockeyschlägern aus Kunststoff und einem weißen Plastikball. Eine Unihockey-Mannschaft hat einen Torwart und fünf Feldspieler, die auch hinter den jeweiligen Toren agieren dürfen. Also ähnlich wie im Eishockey. Daher ist es auch kein Wunder, dass europäische Eishockey-Nationen wie Schweden, Finnland und die Schweiz das Spiel in den 1970er Jahren gemeinsam entwickelt haben.

Tschechen bezwangen die Schweiz mit 9:3  (Foto: ČTK)
In Tschechien hat dieser Sport, der unter seiner englischen Bezeichnung Floorball international bekannter ist, erst nach der Wende so richtig Einzug gehalten. Seitdem aber jagen die Tschechen den drei Gründerländern tüchtig hinterher. Mit wachsendem Erfolg. Nach je zwei vierten und sechsten Plätzen bei den Floorball-Weltmeisterschaften eins bis vier gewannen die tschechischen Herren im Jahr 2004 ihre erste Medaille – eine silberne. 2006 und 2008 mussten sie dann zwar stets mit dem undankbaren vierten Platz vorliebnehmen, doch von der achten WM, die am vergangenen Samstag in Helsinki beendet wurde, kehrten die Tschechen mit ihrer zweiten Medaille zurück. Es ist die bronzene, die sie nach einer tollen Leistung im kleinen Finale, in dem sie die Schweiz mit 9:3 bezwangen, in Empfang nahmen. Entsprechend riesig war die Freude auch bei Verteidiger Aleš Jakůbek, der gegen die Schweiz zum 100. Male für Tschechien spielte:

„Das Glücksgefühl lässt sich nicht beschreiben. Es ist wirklich herrlich, deshalb kann ich dieses Spiel auch nie vergessen.“

Während des WM-Turniers spielte die tschechische Mannschaft jedoch nicht immer so überzeugend wie gegen die Eidgenossen. Gegen einige Außenseiter hatten die Schützlinge von Trainer Tomáš Trnavský sogar mehr Mühe als erwartet. In der Gruppenphase trennten sie sich von den Norwegern nur 4:4 unentschieden und im Viertelfinale bezwangen sie die Esten erst im Penalty-Schießen. Das wollte auch Torhüter David Rytych nicht beschönigen:

„Ich würde sagen, unsere Leistungen waren wie Tag und Nacht. Einige Male spielten wir ziemlich gut, in anderen Begegnungen aber wirklich schlecht. Gegen die Norweger verschenkten wir den Sieg und gegen die Esten haben wir uns richtig gequält. Dass wir uns gegen sie behauptet haben, war wie ein Wunder. Und jetzt haben wir zum Glück die Bronzemedaille gewonnen.“

David Rytych  (Foto: ČTK)
Im Sport, so heißt es, hat nur der Tüchtige das Glück. Torwart Rytych nennt aber noch einen weiteren Grund, weshalb der Sieg im Spiel um Platz drei so wertvoll war:

„Weil wir dort wieder einmal auf die Schweizer trafen, gegen die wir ab und zu erfolgreich sind. Gegen die Eidgenossen wissen wir uns immer zu motivieren, und dieses Mal noch ganz besonders. Schließlich konnten wir es nicht zulassen, dass sie uns die Bronzemedaille vor der Nase wegschnappen wie bei den beiden letzten Titelkämpfen. Das wäre schlimm gewesen, wenn wir gegen sie erneut verloren hätten.“

Ähnlich sah es auch Aleš Jakůbek, der zudem herausstrich, dass die tschechische Mannschaft in ihrer letzten WM-Begegnung nicht der Favorit war:

Tomáš Sladký  (Foto: ČTK)
„Kein Favorit zu sein, das liegt uns sicher mehr. Ich denke, dass wir einfach zielstrebiger und hungriger als die Schweizer waren.“

Für Angreifer Tomáš Sladký wiederum gab es gleich drei Gründe, weshalb die Tschechen den Schweizern diesmal keine Chance ließen:

„Ausschlaggebend waren einige Details. Zum einen hatten die Schweizer nach dem Halbfinale vier Stunden weniger zur Regeneration. Zum anderen war unsere Motivation umso größer, weil wir das Spiel um den dritten Platz zuletzt zweimal gegen sie verloren hatten. Und die dritte Sache war, wir haben gewusst, dass die Schweizer bei dieser WM nur eine starke Angriffsreihe hatten.“

Der Präsident der Tschechischen Floorball-Union (ČFbU), Filip Šuman, ist überzeugt, dass die WM-Bronzemedaille von Helsinki eine positive Auswirkung für die weitere Entwicklung des Unihockeys in Tschechien haben wird. Diese Sportart wird hierzulande erst seit 1993 organisiert betrieben. Danach aber ist es raketenartig vorangegangen. Offiziellen Statistiken zufolge fehlen gegenwärtig noch 2500 bis 3000 Spieler, bis die Floorballer dieselbe Mitgliederzahl haben wie die Eishockeyspieler in ihrem Verband. Sollten ihnen dank des WM-Erfolgs schon bald so viele neue Mitglieder zulaufen, dann würde die Floorball-Union zur zweitgrößten Sportorganisation in Tschechien aufsteigen, gleich nach dem Fußballverband.


"Papieraffären" kratzen am Ruf des tschechischen Eishockeys

HC Vagnerplast Kladno spielte am Wochenende gegen HC Oceláři Třinec  (Foto: ČTK)
Das tschechische Eishockey hat zu Recht einen guten Ruf. Das internationale Ansehen des Pucksports aus dem Moldauland wurde erst im Mai dieses Jahres wieder aufpoliert – durch den Gewinn des WM-Titels in Köln. Von diesem Triumph sollte das Eishockey in Tschechien eigentlich reichlich profitieren. Die höchste Spielklasse des Landes, die Tipsport-Extraliga, sorgte in diesem Herbst allerdings schon mehrfach für Negativ-Schlagzeilen. Nach einem Drittel der laufenden Punktspielsaison wurde festgestellt, dass fünf Spieler – verteilt auf die Clubs aus Kladno, Mladá Boleslav und Pilsen – nicht ordnungsgemäß registriert sind. Die harte Konsequenz, die darauf folgte, waren zum Teil empfindliche Punktabzüge für die drei Vereine. Der Schlittschuhclub BK Mladá Boleslav aber leistete sich schon bald den nächsten Fauxpas. Auf eine Kontrolle zum vergangenen Lizenzierungsverfahren war der Verein aus der Škoda-Stadt schlecht vorbereitet, denn einige Unterlagen fehlten. Es entstand der Eindruck, dass sie bei einer Ehrenerklärung falsche Angaben gemacht haben. In der zum 31. August fälligen Erklärung müssen die Clubs versichern, gegenüber anderen im Eishockey tätigen Subjekten keine Verbindlichkeiten mit in die neue Saison zu nehmen. Hat man dennoch Schulden, ist nachzuweisen, bis wann diese (zum Beispiel in Raten) getilgt werden sollen. Die Unterlagen hat Mladá Boleslav einige Tage später nachgereicht, das Bild von der fehlenden Professionalität des Managements der Mittelböhmen aber konnte nicht mehr verbessert werden. Daher drohte dem Verein aus der Škoda-Stadt sogar der völlige Ausschluss aus der Extraliga! Am Montag aber hat der Gesellschafter-Rat der Liga (APK) ein etwas milderes Urteil gefällt: Für das Fehlverhalten des Managements wurde der Club mit einer Geldbuße von umgerechnet 120.000 Euro bestraft. Der Vorsitzende des Liga-Rats, Ctibor Jech, sagte dazu:

Ctibor Jech  (Foto: ČTK)
„Wir wollten den Eingriff in die Liga nicht zu drastisch vornehmen.“

Der neue Clubdirektor des BK Mladá Boleslav, Václav Hořejší, war zunächst erleichtert, dass sein Verein weiter im Oberhaus mitspielen darf. Mit der getroffenen Entscheidung aber ist er auch nicht glücklich:

„Ich bin bestürzt über die Höhe der Geldbuße, denn sie ist wirklich sehr, sehr hoch. Nichtsdestotrotz ist es uns gelungen, den Termin für die Zahlung der Strafe auf Ende April 2011 zu vereinbaren. Wir haben also ein ausreichendes Zeitpolster erhalten, um das angespannte Budget des Clubs einstweilen nicht weiter zu belasten und um das fällige Geld rechtzeitig aufzutreiben.“

Václav Hořejší  (Foto: ČTK)
Eine weitere so genannte Papieraffäre in der Extraliga wurde damit vorläufig abgeschlossen. Dennoch: Das wiederholt festgestellte Missmanagement einiger tschechischer Spitzenclubs hat dafür gesorgt, dass der Liga des Weltmeisters in dieser Saison schon jetzt gehörige Kratzer zugefügt worden sind.

Autor: Lothar Martin
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