Tschechiens Ligaverband führt Videobeweis in erster Fußball-Liga ein
Seit Sonntag wird er auch in Tschechien, dem kleinen Nachbarland von Fußball-Weltmeister Deutschland, praktiziert: der Videobeweis. Das neue technische Hilfsmittel wurde in der ersten Liga beim Spiel Sparta Prag gegen FK Mladá Boleslav eingeführt.
Seit diesem Zeitpunkt hat der Fußball-Weltverband bis zur international flächendeckenden Einführung des Video-Schiedsrichters eine zweijährige Testphase ausgeschrieben. Einige Länder wie Deutschland, Italien oder die Niederlande haben indes eine Ausnahmegenehmigung erhalten und operieren mit diesem technischen Hilfsmittel bereits während der laufenden Saison in ihren obersten Ligen. Mit strittigem Erfolg, wie die ständigen Diskussionen beispielsweise nach jedem Spieltag in der deutschen Bundesliga belegen. Ja man kann sagen, dass der Videobeweis allerbeste Aussichten darauf hat, in Fußball-Deutschland zum „Unwort des Jahres“ gewählt zu werden.
Das ständige Für und Wider um die Zuhilfenahme des Video-Schiedsrichters in Deutschland hat die erste tschechische Fußball-Liga jedoch nicht davon abgehalten, die technische Kontrolle nun auch in Anspruch zu nehmen. Insbesondere bei strittigen Situationen, die für den Spielausgang ausschlaggebend sein könnten. Zur Begründung dieser Maßnahme sagte Ligaverbandschef Dušan Svoboda zwei Tage vor dem 16. Spieltag der Liga:„Vom Einsatz der Videotechnik verspreche ich mir, dass in der Liga die Zahl der strittigen Situation bei der Regularität der Torerzielung abnimmt. Damit könnten Fehlentscheidungen wie zuletzt in der Partie Baník Ostrau gegen Karvíná gewiss vermieden werden.“
Die Einführung des Video-Schiedsrichters in der laufenden Saison hatte der Ligaverband ganz bewusst auf das letzte Spiel in der Herbstrunde gelegt. Denn so konnten etwaige Unzulässigkeiten oder harsche Diskussionen von vornherein in aller Ruhe entschärft werden. Die Partie, in der die neue Technik am Sonntag zum Einsatz kam, war das Spiel zwischen Sparta Prag und dem FK Mladá Boleslav. Es war auch die Premiere für Roman Hrubeš, den ersten Video-Fußballschiedsrichter in Tschechien:
Dušan Svoboda: „Vom Einsatz der Videotechnik verspreche ich mir, dass in der Liga die Zahl der strittigen Situation bei der Regularität der Torerzielung abnimmt. Damit könnten etliche Fehlentscheidungen gewiss vermieden werden.“
„Ich spüre eine große Verantwortung, doch gleichzeitig freue ich mich auf die neue Herausforderung. Als ehemaliger Schiedsrichter bin ich es gewöhnt, Drucksituationen standzuhalten. Von daher hoffe ich, dass ich die Aufgabe mit einem gewissen Maß an Motivation und Verantwortung, aber auch ein wenig Nervosität meistern werde. Dann dürfte die Premiere auch als Sprungbrett für unsere weitere Arbeit an diesem Projekt dienen“, sagte Roman Hrubeš vor dem Spiel.
In der Begegnung selbst war seine Arbeit dann auch bald gefragt. In der zwölften Spielminute wollte sich sein Namensvetter, Schiedsrichter Karel Hrubeš, vergewissern, ob er zu Recht auf Tor für Sparta Prag entschieden hat. Seinem Pfiff vorausgegangen war eine nicht ganz eindeutig wahrzunehmende Spielszene im Torraum der Gäste: Ihr Torwart Martin Jedlička hatte nach einer Flanke von Sparta-Verteidiger Eldar Ćivić den Ball selbst über die Torlinie bugsiert, versuchte aber im Nachfassen seinen Fehlgriff auszubügeln. Dazu Referee Karel Hrubeš:
„Ich habe auf Tor entschieden, doch weil aus meiner Position nicht eindeutig zu sehen war, ob der Ball mit vollem Umfang hinter der Torlinie war, habe ich beim Video-Schiedsrichter die Bestätigung der Situation eingefordert.“Es war eine gute und richtige Entscheidung. Mit dem Gegentor musste und kann auch der Torhüter von Mladá Boleslav / Jungbunzlau leben, denn er weiß, dass es durch seinen Fehler gefallen ist. Dennoch ist Keeper Martin Jedlička gegen die Unterstützung des Spielleiters durch den Video-Referee:
„Ein Schiedsrichter sollte durch den Mann am Bildschirm nicht herabgewürdigt werden. Wir haben gute Schiedsrichter, auch wenn es nur Menschen sind. Doch ein Fußballspiel sollte immer noch von ihnen geleitet werden.“
Etwas anders sieht das Spartas Verteidiger Ondřej Zahustel:
Martin Jedlička: „Ein Schiedsrichter sollte durch den Mann am Bildschirm nicht herabgewürdigt werden. Wir haben gute Schiedsrichter, auch wenn es nur Menschen sind. Doch ein Fußballspiel sollte immer noch von ihnen geleitet werden.“
„Es wird schwierigere Situationen geben, bei denen der Video-Schiedsrichter eine echte Hilfe ist. Ich bin klar für den Videobeweis.“
In der ersten tschechischen Liga soll der Videobeweis vor allem bei drei strittigen Fällen zur Anwendung kommen: zur Überprüfung der regulären Torerzielung, einer Situation, bei der man Elfmeter pfeifen könnte, und zum Nachweis für rohes Spiel oder die grobe Unsportlichkeit eines Spielers. Tschechiens erfahrener Fifa-Schiedsrichter Pavel Královec erhofft sich dadurch zudem eine größere Abschreckung für die besonderen Flugkünstler unter den Fußballern:
„Ich bin überzeugt davon, dass der Videobeweis in Zukunft ein großer Hit sein wird. Er wird der Schlüssel dafür sein, dass strittige Situationen merklich abnehmen, besonders was das falsche Spiel der Schwalbenkönige betrifft. Gänzlich wird man dies nicht ausmerzen können, doch man muss es minimalisieren.“
Und laut Sparta Prags italienischem Trainer Andrea Stramaccioni ist es höchste Zeit, dass sich der Fußball dieses technische Hilfsmittel zunutze macht:
Pavel Královec: „Ich bin überzeugt davon, dass der Videobeweis in Zukunft ein großer Hit sein wird. Er wird der Schlüssel dafür sein, dass strittige Situationen merklich abnehmen, besonders was das falsche Spiel der Schwalbenkönige betrifft.“
„Fußball ist mittlerweile ein großes Geschäft, das von vielen Interessen durchdrungen ist. Deshalb ist es wichtig, dass ein Spiel objektiv geleitet wird, und der Videobeweis hilft dem Schiedsrichter dabei. Meine persönliche Meinung ist, dass der Einsatz des Video-Schiedsrichters eine gute Sache ist, nur darf er nicht übertrieben werden, damit das Spiel nicht ständig unterbrochen wird.“
Paradoxerweise ist Sparta-Coach Andrea Stramaccioni wohl nicht mehr im Amt, wenn der Video-Schiedsrichter in der Rückrunde vermehrt zum Einsatz kommen wird. Denn Vieles spricht dafür, dass der Italiener aufgrund der schwachen Leistungen seines Teams schon in der Winterpause beurlaubt wird. Doch auch im Frühjahr wird die Videotechnik noch nicht in allen Begegnungen der Liga eingesetzt, weil dazu ganz einfach noch die materiell-technischen Voraussetzungen fehlen.