Tschechiens Regierung lässt Stromkosten weiter steigen, Kritik kommt nicht nur von der Opposition
Die Stromkosten in Tschechien werden im kommenden Jahr weiter ansteigen. Während die Regierung von wenigen Prozent spricht, drohen der Opposition zufolge drastische Auswirkungen für Haushalte und Firmen.
„Ich habe nicht mit derart hysterischen Reaktionen gerechnet, da die Energiepreise doch nur um wenige Prozente steigen werden.“ Mit diesen Worten reagierte Tschechiens Industrie- und Handelsminister Jozef Síkela (Stan) am Dienstag auf die scharfe Kritik, die nicht nur vonseiten der Opposition kam.
Einige Stunden zuvor hatte die staatliche Energieregulierungsbehörde (ERÚ) angekündigt, dass die Strompreise im kommenden Jahr ansteigen sollen – im Schnitt um satte zehn Prozent. Grund dafür ist die Anhebung des staatlich regulierten Anteils des Gesamtpreises, der unter anderem für Netzentgelte und Abschläge erhoben wird und etwa die Hälfte des Endverbraucherpreises ausmacht. Der hohe Kostenanstieg kommt nun zustande, da 2024 erneut eine Ökostromumlage erhoben werden soll. 2500 Kronen (100 Euro) zahlt hierfür ein tschechischer Durchschnittshaushalt. Zuletzt hatte noch der Staat diese Kosten übernommen, um die Gebühren für die Endverbraucher zu drücken. Doch damit soll nun Schluss sein.
Zu der Entscheidung hat laut Finanzminister Zybněk Stanjura (Bürgerdemokraten) geführt, dass die Energiepreise auf dem freien Markt nicht mehr so hoch sind wie zuvor:
„Wir haben angeregt, zu jener Regelung zurückzukehren, wie sie ab 2014 in Tschechien galt. Nur wegen der hohen Strompreise auf dem Markt haben wir für 15 Monate – also in den letzten drei Monaten 2022 und im gesamten laufenden Jahr – die Kosten teils getragen.“
Die Regierungsvertreter betonten am Dienstag, dass die Stromkosten 2024 allenfalls um wenige Prozentpunkte ansteigen würden. Dazu trüge auch bei, dass die Energiepreise an den Märkten voraussichtlich weiter sinken würden. Darauf könne man sich jedoch nicht verlassen, meinte etwa Karel Havlíček, ehemaliger Industrie- und Handelsminister und Abgeordneter der stärksten Oppositionspartei Ano:
„Der Premier sollte klar sagen, dass die Preise für den Endverbraucher um rund 20 Prozent steigen, wenn sie am Markt gleichbleiben. Die Kosten können natürlich auch um einen gewissen Prozentsatz zurückgehen, wenn die Preise sinken. Es kann aber ebenso dazu kommen, dass die Marktpreise steigen, etwa infolge des Konflikts in Israel. Der Premier muss dies im Blick haben, die Chancen und Risiken abwägen, und er darf nicht nur von einem positiven Szenario ausgehen.“
Die Vertreter der Partei Ano wollen nun eine außerordentliche Sitzung im Abgeordnetenhaus einberufen, da die steigenden Kosten ihnen zufolge zu einem ernsten Problem für viele Haushalte führen könnten. Betroffen von der Änderung sind aber ebenso Firmen, für die die Stromkosten noch viel stärker in die Höhe schnellen dürften. Der regulierte Anteil des Gesamtpreises könnte gerade bei Großabnehmern um ein Vielfaches anwachsen, betont Michal Kebort, Sprecher der Energieregulierungsbehörde:
„Bei Großbetrieben, die Hochspannung benötigen, wird der Anstieg des Anteils wohl über 110 Prozent betragen, bei Firmen mit Höchstspannung bis zu 200 Prozent.“
Dies sorgt nicht nur bei der Opposition für Kritik, sondern auch bei Gewerkschaftern und dem Verband für Industrie und Verkehr. Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) hat deshalb angedeutet, dass der aktuelle Entwurf in diesem Bereich noch einmal überarbeitet werden könnte. Die definitive Entscheidung über die staatlichen Abgaben beim Strompreis gibt die Energieregulierungsbehörde erst Ende November heraus.
Eine gute Nachricht zu den Energiekosten gab es dann am Dienstag aber doch noch. So dürften die Gaspreise in Tschechien im kommenden Jahr sinken. Dies stellte Michal Kebort in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks in Aussicht:
„Im Bereich Gas macht der vom Staat regulierte Anteil einen wesentlich geringeren Teil des Gesamtpreises aus, weshalb die Summen vermutlich sinken werden. Wir gehen davon aus, dass die Kosten je nach Abnahmemenge um 20 bis 30 Prozent zurückgehen.“