Tschechisch-deutsche Beziehungen: Ex-Außenminister plädiert für intensiven Dialog
Premier Petr Fiala besucht Berlin. Am Rande eines internationalen Wirtschaftsgipfels in der deutschen Hauptstadt trifft der tschechische Premier den deutschen Bundeskanzler Scholz zu einem bilateralen Austausch zu aktuellen Themen.
Die weitere Militärhilfe für die Ukraine, die bilateralen Beziehungen und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft stehen im Mittelpunkt des Gesprächs zwischen Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag in Berlin. In der Europäischen Union wächst der Druck auf Deutschland, Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Laut dem früheren tschechischen Außenminister Tomáš Petříček (Sozialdemokraten) ist dies eines der Themen, bei denen die Standpunkte Prags und Berlins relativ weit voneinander entfernt sind. Er sagte dies am Dienstag in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Prag ist heute sehr aktiv in der Unterstützung der Ukraine. Man will dies auch weiter so fortsetzen und die militärischen Kapazitäten der Ukraine bei der Verteidigung ihres Gebiets fördern. Berlin ist im Moment leicht zögerlich: Die Unterstützung wird nicht in Zweifel gezogen, aber es gibt da Erwägungen, die Hilfe zu bremsen, damit es nicht zu einer Eskalation des Konflikts kommen könnte. Das ist für Länder wie Tschechien und Polen nicht nachvollziehbar.“
Der frühere Außenminister betont, dass es für Tschechien wichtig sei, gute Beziehungen mit Deutschland zu pflegen. Das Nachbarland habe sich in der letzten Zeit aber gewissermaßen in sich zurückgezogen, findet er:
„Deutsche Politiker besprechen derzeit ihre Schritte weniger mit ihren Partnern in Europa. Wir sollten daran interessiert sein, den Dialog mit der deutschen Seite aktiv zu entwickeln. Ich hoffe, dass der Besuch von Premier Fiala dazu beitragen kann. Es ist in unserem Interesse, dass Deutschland seine Entscheidungen mit Rücksicht auf seine mitteleuropäischen Partner wie Tschechien, Polen, Slowenien und weitere Staaten trifft.“
Dies gilt laut Petříček auch im Bereich Wirtschaft. Der frühere Minister plädiert für eine europaweite Koordinierung der Wirtschaftsförderung in der Energiekrise. Dadurch würde verhindert, dass Unternehmen in einem Staat begünstigt würden:
„Aus Sicht der Tschechischen Republik ist von prinzipieller Bedeutung, dass die Wettbewerbsgleichheit nicht verletzt wird, dass die deutschen Unternehmen nicht auf Kosten der tschechischen begünstigt werden. Und auch dass die deutschen Unternehmen, die in Tschechien investieren, nicht motiviert sind, die Produktion nach Deutschland zu verlagern. In diesem Sinne sollte Premier Fiala an den deutschen Bundeskanzler appellieren.“
Jan Bureš ist Chefökonom der Investmentberatungsgesellschaft Patria Finance. Er hält die Gefahr, dass sich deutsche Unternehmen aus Tschechien zurückziehen könnten, derzeit nicht für realistisch. Sie sei auch deswegen nicht akut, weil sich die Energiekrise momentan abschwäche. Dennoch mahnt Jan Bureš:
„Sollte die Energiekrise länger andauern und die Bekämpfung der Folgen hoher Energiepreise zu Ungleichheiten in Europa führen, könnte dies Probleme nicht nur für Tschechien, sondern für die ganze mittelosteuropäische Region bedeuten.“