Tschechisch-deutsches Projekt zu EU-Wahlen: Jugendliche befragen Kandidaten

Im Vorfeld der Wahlen zum Europaparlament haben Mitglieder des Deutsch-tschechischen Jugendforums Kandidaten aus beiden Ländern angeschrieben. Sie wollten von den Euro-Parlamentariern in spe wissen, welche Beziehungen sie persönlich zum jeweils anderen Land haben und wie ihre Vorstellungen von einer gemeinsamen Zukunft in Europa konkret aussehen. Nun, kurz bevor auch in Tschechien die Wahl anläuft, ist das Projekt ausgewertet. Gerald Schubert berichtet:

Insgesamt 8 Fragen waren es, mit denen sich die Jugendlichen an die Kandidaten aus beiden Ländern gewandt haben. Angefangen bei den persönlichen Erfahrungen mit den Nachbarn über die Vorstellungen von der künftigen bilateralen Zusammenarbeit bis hin zu sensibeln Themen wie etwa der Rolle der so genannten Benes-Dekrete innerhalb der EU: All das und noch mehr machte die inhaltliche Palette der Fragen aus. Angeschrieben haben die Jugendlichen insgesamt 160 Kandidaten aus beiden Ländern. Elisabeth Sandfuchs, stellvertretende Sprecherin des Deutsch-tschechischen Jugendforums, über die Reaktionen:

"Sowohl auf der deutschen als auch auf der tschechischen Seite haben ungefähr 30 Prozent der angeschriebenen Personen geantwortet. Die Antworten an sich waren sehr unterschiedlich. Teilweise haben sich die Leute wirklich reingehängt und haben viel dazu geschrieben. Zum einen, weil sie vielleicht schon viel wussten und schon viel mit Tschechien bzw. Deutschland zu tun hatten. Zum anderen hatte ich aber auch den Eindruck, dass manche sich deswegen eigens informiert haben. Und das, finde ich, ist auch schon mal ein guter Effekt so eines Fragebogens."

Foto: Europäische Kommission
Eine andere Projektmitarbeiterin, Lena May, erzählt über jenes Ergebnis, das sie selbst am meisten überrascht hat. Es bezieht sich auf folgende Frage: Wie sehen Sie die Perspektive, dass sich die junge Generation in 10 bis 20 Jahren vielleicht nicht mehr als Deutsche oder Tschechen, sondern als Europäer fühlt? Lena May:

"Da hat man gesehen, dass auf tschechischer Seite auch die Antwort kam, dass es keine europäische Identität geben wird. Das war bei den deutschen Kandidaten überhaupt nie genannt worden, was ich ziemlich interessant fand. Dort kam am häufigsten die Antwort, dass es sowohl regional, wie auch national und europäisch eine Identität geben wird."

Übrigens: Bei der Frage nach den Benes-Dekreten, die ja in der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg unter anderem die Grundlage für die Enteignung der Deutschen gebildet hatte, gab es auf beiden Seiten ein recht einheitliches Bild. Jana Kluiberová, ebenfalls eine der Mitarbeiterinnen:

"Viele haben geschrieben, dass das einfach eine bilaterale Frage ist. Also dass die Tschechen und Deutschen das untereinander klären sollen, ohne dass die EU dabei eine Rolle spielt."

Alle Ergebnisse des Projekts finden Sie auf der Internetseite des Deutsch-tschechischen Jugendforums, und zwar unter http://jugendforum.ahoj.info