Tschechisch-slowakische Begegnungen: Slowakei tritt der NATO bei

Tschechisch-slowakisches Bataillon in Kosovo

In wenigen Tagen hat für sieben europäische Staaten das lange Warten ein Ende. Am 29. März hinterlegen im Weißen Haus in Washington ihre Staats- oder Regierungschefs ein wichtiges Dokument: Die Erklärung des Beitritts zur NATO. Unter den neuen NATO-Mitgliedsstaaten wird auch die Slowakei sein. Der NATO-Beitritt des Nachbarlandes ist auch das Thema der folgenden tschechisch-slowakischen Begegnungen, die Martina Schneibergova in Zusammenarbeit mit den Kollegen von Radio Slowakei International vorbereitet hat

Tschechisch-slowakisches Bataillon in Kosovo
Für ein gutes Beispiel der tschechisch-slowakischen Zusammenarbeit im Militärbereich kann man das gemeinsame Bataillon halten, das im Rahmen der internationalen KFOR-Friedenstruppen im Kosovo stationiert ist. In den letzten Tagen beteiligen sich die Angehörigen des Bataillons gemeinsam mit anderen KFOR-Soldaten vor allem an der Evakuierung von Serben aus den von den Gewaltausbrüchen am stärksten betroffenen Regionen. Ihre Tätigkeit beschrieb vorige Woche der Oberbefehlshaber Josef Kopecký:

"80 Prozent meiner Männer wurden südlich von der Stadt Pristina eingesetzt - in der Region von Caglavica und Gracanica und unweit der Gemeinden Obilic und Kosovo Pole, die von den Kosovo-Albanern angegriffen wurden. Diese Dörfer werden von Kosovo-Albanern allmählich liquidiert. Wir haben uns gemeinsam mit Briten, Norwegern, Schweden und Finnen darum bemüht, die beiden Bevölkerungsgruppen voneinander zu trennen."

Soweit der Befehlshaber Kopecký. Am vergangenen Dienstag brachten die Soldaten des 4. tschechisch-slowakischen KFOR-Bataillons mit Panzerwagen die serbischen Flüchtlinge in ihre Heimatstadt Obilic westlich von Pristina gebracht. Sie halfen ihnen, Dinge abzuholen, die sie dort bei ihrer Flucht vor den ethnischen Zusammenstößen vorige Woche hinterlassen hatten. Die Flüchtlinge kehrten danach in die Gemeinde Plemetina zurück, wo sie nun unter dem Schutz der tschechischen und slowakischen KFOR-Soldaten leben.

Die Zusammenarbeit im Rahmen des gemeinsamen KFOR-Bataillons, der im Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen im Kosovo mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde, ist jedoch nicht das einzige Beispiel der tschechisch-slowakischen Kooperation im Militärbereich. Der Politologe Matus Korba dazu:

"In der letzten Zeit gibt es einige wichtige Projekte der gegenseitigen Zusammenarbeit im Militärbereich. Erstens geht es um die tschechisch-slowakisch-polnische Brigade, deren Hauptquartier 2002 im slowakischen Topolcany errichtet wurde. Diese Militäreinheit wird zur Zeit zusammengestellt und soll bis 2006 auf eventuelle Auslandseinsätze in den Krisenregionen im Rahmen der NATO vorbereitet sein. Das zweite Projekt ist das erwähnte gemeinsame KFOR-Bataillon, das in der britischen Operationszone im Nordosten des Kosovo stationiert ist. Erst gestartet wird das Projekt des so genannten "gemeinsamen Himmels" - d. h. der Plan der gemeinsamen Verteidigung des Luftraums der beiden Länder. Die Verteidigungsminister und Militärexperten diskutieren die Formen dieser Zusammenarbeit sowie deren zeitliche Planung."

Über die im Rahmen der NATO gestarteten Transformation der Streitkräfte sagte Matus Korba:

"Was die Transformation der Streitkräfte betrifft, entschied sich die Slowakische Republik, sich auf vier konkrete Militärbereiche zu spezialisieren: auf ABC-Waffen-Abwehr sowie die so genannten Sondereinsatztruppen, die auf die strategische Aufklärungsarbeit und den Kampf gegen den internationalen Terrorismus vorbereitet werden. Die dritte und vierte Spezialisierung stellen die Pioniertruppen und die Militärpolizei dar. Im Falle der ABC-Waffen-Abwehrtruppen wäre die Zusammenarbeit mit der tschechischen Truppen ideal, denn die tschechische ABC-Waffen-Abwehr spielt auch im Rahmen der Nordatlantischen Allianz eine führende Rolle. Außerdem bietet sich die Kooperation mit der tschechischen Armee auch bei den Sondereinsatztruppen, bzw. der Militärpolizei an. Im Rahmen der erweiterten Allianz gibt es also ein breiteres Spektrum von Möglichkeiten der Zusammenarbeit."

Soweit die Ausführungen von Matus Korba, dem Mitarbeiter des Instituts für internationale Beziehungen in Prag.

Das Wort hat jetzt Dusan Dubravský von Radio Slowakei International:

Die Slowakei wird am 29. März d. J. Mitglied der NATO. Der NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, der vor kurzem in Bratislava weilte, ermutigte die slowakische Regierung zur Fortsetzung der Reformprozesse und der Transformation der Armee.

"Exzellenzen, meine Damen und Herren, sieben NATO-Partner werden bald der Nordatlantischen Allianz beitreten. Ebenfalls werden sie in die EU aufgenommen. Doch es gibt immer noch Länder auf diesem Kontinet, die sich um politische Stabilität, Wirtschaftsprosperität und um das Gefühl der Zusammengehörigkeit stets bemühen. Diese Länder sollen wir unterstützten und ihnen die Perspektive der künftigen Mitgliedschaft zeigen. Die NATO wird ihren Erweiterungsprozeß fortsetzen".

Die Slowakei wird in dieser Erweiterungsrunde gemeinsam mit anderen sechs Staaten in die NATO aufgenommen. Die Beitrittseinladung, die das Land 2002 auf dem Prager NATO-Gipfel bekam, wurde durch eine komplexe Reform der slowakischen Streitkräfte bedingt. Nach der Reform - offiziell als Modell 2010 genannt - soll die Armee kleiner, moderner und schlagkräftiger werden. Sie wird einer radikalen Schrumpfkur unterzogen. Im Jahr 2010 wird die slowakische Armee nur noch 24.500 Soldaten in ihren Reihen zählen, das entspricht einer Reduzierung um 58% gegenüber der Größe von 1993. Die Hälfte aller bewaffneten Fahrzeuge, Artillerieeinheiten und Kampfjets wurde außer Dienst gestellt. Die Slowakei wird sich auf vier Gebiete spezialisieren - Antiterror-, Pionier- und ABC-Truppen sowie Militärpolizei.

Die slowakischen Streitkräfte sollen mit Hilfe der NATO-Verbündeten das Land verteidigen können. Das slowakische Parlament hat in diesem Zusammenhang die Verteidigungsstrategie verabschiedet. Diese basiert auf der Voraussetzung, daß ein bewaffneter Konflikt in Europa kurz- und mittelfristig ausgeschlossen ist. Ein großer Wert wird auf Kampf gegen die Verbreitung der Massenvernichtungswaffen, den internationalen Terrorismus und gegen das organisierte Verbrechen gelegt.

Die Armee bemüht sich um die Beteiligung an den Friedensmissionen. Die Slowaken wirken derzeit in Afghanistan, Eritrea, im Kosovo und Irak. Während sich das Land in den vorigen Jahren an den UNO-Friedenseinsätzen beteiligte, seit 2001 bevorzugt es die NATO-Missionen. Die SR will damit zeigen, daß sie in die NATO nicht nur ihre Forderungen und Probleme bringen wird, sondern, daß sie einen Beitrag zur Sicherheit leisten möchte.

Das Land will beim Prozeß der Festigung der europäischen Sicherheit und Stabilität aktiv agieren. Die gemeinsame europäische Verteidigungspolitik soll aber keine Konkurrenz zur NATO werden.

"Ich unterstütze den Aufbau der europäischen Verteidigungspolitik. Diese soll aber eine Ergänzung zur NATO sein. Jede Duplizität muß vermieden werden. Das Schlüsselwort dabei ist die strategische Partnerschaft der EU und NATO. Die beidenOrganisationen müssen zugleich offen und verbunden sein."

Soviel der NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, der der Slowakei kurz vor ihrem NATO-Beitritt einen Besuch erstattete.

Autoren: Martina Schneibergová , Dusan Dubravsky
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