Tschechische Armee: In Sachen Jagdflugzeuge scheiden sich die Geister
Seit Freitag liegt es auf dem Tisch und seit Dienstag wurde es auch der breiten Öffentlichkeit bekannt: das derzeit meistdiskutierte Angebot eines ausländischen Investors in der Tschechischen Republik. Es handelt sich um das Angebot des britisch-schwedischen Firmenkonsortiums BAE Systems und Saab zum Kauf von 24 bis 36 Überschalljagdflugzeugen für die Tschechische Armee. Mit weniger als 75 Milliarden Kronen (ca. 4,2 Milliarden Mark) ist der Preis für den Großauftrag weit günstiger als vorher angenommen. Und dennoch wird der mögliche Auftrag hierzulande heiß und kontrovers diskutiert. Näheres dazu von Lothar Martin.
Spätestens nach dem Besuch von NATO-Generalsekretär George Robertson im Februar d.J. kamen erste Zweifel an dem Vorhaben auf, die tschechischen Luftstreitkräfte mit der Anschaffung neuer Abfangjäger zu modernisieren. Robertson hätte es lieber gesehen, wenn das Geld für die teure Anschaffung in die Reorganisation und Modernisierung der Bodentruppen gesteckt werden würde. Als Ende Mai, gut eine Woche vor Abgabeschluss der Angebote, vier der sich auf die Ausschreibung des Flugzeug-Großauftrags gemeldeten internationalen Unternehmen das Handtuch warfen und aus dem Wettbewerb ausstiegen, wurde die Diskussion über Sinn und Notwendigkeit der Umrüstung erst recht entfacht. Vor allem der vermutete Kaufpreis der Flugzeuge wurde von den Oppositionsparteien im tschechischen Parlament mit Verweis auf das bereits existierende Haushaltsloch ernsthaft in Frage gestellt.
Nun, da das Angebot von "weit weniger als 75 Milliarden Kronen" - so der BAE-Exekutivdirektor für Europa Julian Scopes - auf dem Tisch liegt, was nicht einmal drei Viertel der erwarteten 100 Milliarden Kronen entspricht, sprach Tschechiens Präsident Vaclav Havel ein erstes Machtwort in der für ihn unschönen Diskussion: "Ich dachte immer, dass wir wissen, was wir wollen. Aber ich bin ein wenig überrascht darüber, dass es auf einmal so aussieht - zumindest von außen gesehen -, als wenn wir nicht wüssten, was wir wollen. Dies ist ohne Diskussion eine fachliche Angelegenheit, die die entsprechenden Experten analysieren und den Politikern unterbreiten sollten, damit sie sich mit dem vorgelegten Entwurf anfreunden können. Und ohne Rücksicht darauf, wer gerade an der Regierung ist, sollten sich die Politiker das beigefügte Konzept zu eigen machen und es durchführen lassen."
Havel verhehlte nicht, dass er ein Befürworter des Kaufs der Überschalljäger ist, da - so Havel wörtlich - "nur einige Staaten haben keine Überschallflugzeuge. Wir sind darüber hinaus geografisch direkt in Mitteleuropa platziert. Jedwedem Konflikt, einem Krieg oder einer Konfrontation würden wir damit nicht entgehen."
Für den Kauf der Jagdflieger sprachen sich auch die Militärs mit Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdik an der Spitze aus. Nach seiner Unterredung mit Präsident Havel am Dienstag sagte Tvrdik: "Wir sind uns einig darüber geworden, dass die Armee der Tschechischen Republik und ihre Probleme nicht abhängig sein sollten von der gegenwärtigen oder einer kurzfristigen politischen Situation im Lande. Für die Modernisierungskonzeption der Armee ist es von grundlegender Wichtigkeit, gerade diesen Kauf für die Luftstreitkräfte zu tätigen."
Die tschechische Regierung sieht diesen Kauf vor allem deshalb für günstig an, da mit ihm ein Folgepaket von Aufträgen für tschechische Subunternehmen in Höhe von rund 113 Milliarden Kronen geschnürt wird. Ob diesem Argument aber auch die anderen Parlamentsparteien folgen werden oder ob sie nicht doch dem NATO-Wunsch nach einer verstärkten Umrüstung der Bodentruppen entsprechen werden, dies werden die Debatten der nächsten Tage zeigen.