Tschechische Meisterschaft im Trampen: Einmal Istanbul und zurück
Wer am Straßenrand steht und den Daumen rausstreckt, der sollte eigentlich nicht unter Zeitdruck stehen. Doch am Samstag heißt es für zwölf teils gemischte Paare, möglichst schnell aus Prag in Richtung Südosten zu kommen. Denn dann starten die tschechischen Meisterschaften im Trampen. Das Ziel ist Istanbul.
Wie die Teilnehmer der tschechischen Meisterschaft im Trampen ans Ziel kommen, bleibt ihnen selbst überlassen – so lange sie kein Geld für die Beförderung ausgeben. Am Samstag um 9 Uhr erfolgt der Start auf der Schützeninsel in Prag. Emil Patta ist Mitorganisator des Rennens:
„Das Rennen geht immer ins Ausland und ist ein Rundkurs von 4000 bis 5000 Kilometer Länge von Prag aus. Dieses Jahr fährt man über den Balkan nach Istanbul. Am Zielort ist eine Pause von 24 Stunden vorgeschrieben, damit sich die Teilnehmer erholen und die Teams sich auch treffen. Dann folgt die Rückfahrt, bei der man wie auf dem Hinweg bestimmte Streckenpunkte passieren und zudem einige Aufgaben erfüllen muss.“
Die Aufgaben sind lustig und sollen die Teams in Kontakt mit den Menschen vor Ort bringen. Eva Radilová wurde 2019 zusammen mit ihrem Begleiter Tomáš Čech tschechische Meisterin im Trampen. Gegenüber Radio Prag International schilderte sie eine der Aufgaben bei der Tour durch Skandinavien ins estnische Tallinn und zurück:
„Mir hat sehr gefallen, dass wir jemandem zu Hause beim Putzen helfen mussten. Über diese und die weiteren Aufgaben haben wir wirklich sehr liebe Leute kennengelernt. Mit einigen sind wir per Facebook weiter in Kontakt, man gratuliert sich zum Beispiel zum Geburtstag.“
In diesem Jahr sind es fünf Aufgaben. Unter anderem muss man eine kleine Party mit mindestens fünf fremden Menschen an einem öffentlichen Ort schmeißen. Immerhin darf man dabei zu gutem tschechischem Bier von einem Sponsor einladen. Oder die Teams müssen sich vor zwei unterschiedlichen tschechischen Botschaften fotografieren. Wer aber den Botschafter mit aufs Bild bekommt, braucht nur eine Auslandsvertretung aufzusuchen.
Das Wichtigste an dem Tramper-Rennen ist: dass es sowohl Adrenalin als auch Spaß bringt. Und noch etwas Weiteres kommt dazu. Mitveranstalter Emil Patta:
„Unser Rennen hat auch einen karitativen Zweck. Zusammen mit der Hilfsorganisation Konto bariéry unterstützen wir immer einen konkreten Menschen, der nicht dasselbe Glück hat wie wir, einfach so reisen zu können. In diesem Jahr geht es um einen querschnittsgelähmten Mann, der einen neuen Elektro-Rollstuhl braucht. Jedes Team sammelt eine möglichst hohe Summe ein, indem es seine Beiträge auf Social Media teilt und die Fans dazu über Spenden-SMS Geld schicken. Der Betrag wird dann für den genannten Zweck genutzt.“
Um die tschechische Meisterschaft im Trampen für sich zu entscheiden, reicht es nicht, einfach nur am schnellsten zu sein, sondern man muss auch möglichst viel Geld eingesammelt haben – das fließt nämlich genauso in die Endwertung ein.
Mitmachen am Championat kann im Übrigen jeder und jede ab 18 Jahren, auch Ausländer dürfen sich anmelden. So ist dieses Jahr ein rein ungarisches Paar dabei, das eine Wild Card erhalten hat. Denn ansonsten müssen die Teilnehmenden Anfang Juni zunächst in einer Qualifikationsrunde gegeneinander antreten, aus der die zwölf Paare fürs Finale ermittelt werden.
Im Übrigen: Wie trampt es sich eigentlich in Tschechien?
„In Tschechien kann man gut trampen oder zumindest durchschnittlich gut. Meine letzten Erfahrungen stammen von unserem Winterrennen. Da war ich sehr positiv überrascht, welch tolle Leute wir getroffen haben. Sie waren sehr lieb und hilfsbereit. Und bis auf ein, zwei Ausnahmen haben wir nicht länger als fünf Minuten gewartet, bis uns jemand mitgenommen hat“, so Emil Patta.
Mehr Informationen zur tschechischen Meisterschaft im Trampen gibt es auf der Website www.mcrautostop.cz.
