Tschechische Regierung hat neues Rentenfinanzierungsmodell vorgestellt

Eines der meistbenutzten Wörter im Vokabular der tschechischen Politszene ist zurzeit das Wort "Reform". Mit der Billigung des Staatshaushalts für das 2004 wurde nach Auffassung der Regierung in dieser Woche die erste Etappe des eingeleiteten Reformprozesses der öffentlichen Finanzen abgeschlossen. Obwohl dessen Fortsetzung erst für das kommende Jahr angekündigt wurde, hat das sozialliberale Kabinett bereits am Donnerstagabend in hochkarätiger Besetzung einen Entwurf für eine umfassende Rentenreform auf einem Fachforum in Prag zur Diskussion vorgelegt. Jitka Mladkova berichtet:

Die Rentenreform sei in Tschechien längst fällig, heißt es. Über sie wurde daher in den zurückliegenden drei Jahren in den Fachkreisen auch relativ intensiv diskutiert. Der Grund, der die jetzige Regierung dazu bewegte, nicht mehr zu warten und einen umfassenden Reformvorschlag im Rentenbereich zur Diskussion vorzulegen, ist vor allem die äußerst negative demografische Entwicklung in Tschechien. Nur bei einem baldigen Konsens zu ihrem Vorschlag kann ihr das ambitionierte Vorhaben gelingen, die Endfassung des Entwurfs noch in dieser Legislaturperiode durchzusetzen.

Premierminister Vladimir Spidla  (Foto: CTK)
Nach Meinung einiger Ökonomen, wie auch auf dem Treffen zu hören war, hat Tschechien mit der sich hinziehenden Diskussion schon viel Zeit verloren. Nach Aussage von Ex-Finanzminister Jiri Rusnok sei der Zug bereits abgefahren. Denn, so Rusnok, schon jetzt müssten - statistisch gesehen - 1,8 Beschäftigte für einen Rentner aufkommen. Seine Zukunftsvision hörte sich dann - etwas ironisch präsentiert - recht düster an: Um die Rentenausgaben tragen zu können, werde man entweder erst mit 80 Jahren in die Rente gehen können, oder aber schon mit etwa 60 Jahren, nur dann würde die Rente nur noch die Hälfte ihrer heutigen Durchschnittshöhe betragen. Die Regierung sieht bei weitem nicht ganz so schwarz. Die Sozialdemokraten, vertreten durch Premier Vladimir Spidla, Finanzminister Bohuslav Sobotka und Arbeitsminister Zdenek Skromach, die von den Parteivorsitzenden ihrer Koalitionspartner - der Freiheitsunion und der Christdemokratischen Volkspartei - unterstützt wurden, haben bei der Präsentation des Reformentwurfs Einigkeit demonstriert. Die Inspiration für die Lösung des Problems der unaufhaltsam steigenden Rentenkosten hat die Regierung übrigens in Schweden, im System der beitragsbezogenen, so genannten fiktiven Pensionskonten gefunden.

Vladimír Spidla bezeichnete dieses System, auch NDC-System genannt, als eine langfristige Sicherheit für die Bürger, auch wenn es nicht risikofrei sei.

"Es geht zwar nicht an den Risiken der demografischen Entwicklung vorbei, kann aber den Wirtschaftsrisiken gut standhalten. Und deshalb ist es die beste Kombination - das System der beitragsbezogenen Pensionskonten in Verbindung mit weiteren Ergänzungssystemen."

Arbeitsminister Skromach un Finanzminister Sobotka  (Foto: CTK)
Das Prinzip der vorgeschlagenen Rentenfinanzierung fasst Arbeitsminister Skromach für den Tschechischen Rundfunk wie folgt zusammen:

"Im Prinzip ist es so, dass das, was an Beiträgen eingenommen wird, danach auch wieder ausbezahlt wird. Es gibt einen Reservefonds für den Ausgleich eventueller Schwankungen in den Jahresbilanzen. Die Altersgrenze für die Pensionierung ist nicht festgelegt, die entsprechende Entscheidung kann jedermann individuell treffen je nach Höhe seiner Beiträge. Die Höhe seiner Rente kann ziemlich einfach berechnet werden. Abgeleitet wird sie von der eingezahlten Geldsumme auf seinem ´Scheinkonto´ und umgerechnet auf die vorauszusetzende durchschnittliche Lebenserwartung zum Zeitpunkt seines Eintritts in die Pension."

Das neue Rentensystem, falls es den langen legislativen Prozess, vielmehr aber den schon bald zu erwartenden politischen Kampf unbeschadet besteht, soll im Jahre 2010 in Kraft treten.