Tschechische Regierung legt Bausteine ihrer Wirtschaftspolitik fest

Wirtschaftsminister Miroslav Gregr

Auf einer ihrer letzten Sitzungen vor der diesjährigen Sommerpause hat sich die tschechische Regierung am Montag mit wirtschaftspolitischen Fragen befasst und dabei einige grundlegende Vorhaben ihrer Wirtschaftspolitik der nächsten Monate beschlossen. Lothar Martin informiert Sie über die wichtigsten von ihnen.

Immer vor einer bevorstehenden Sommerpause lassen sich gut noch schnell Beschlüsse zu Programmen fassen, deren Entwürfe ansonsten heftig und kontrovers diskutiert werden. Eines dieser Programme stellte das von Wirtschaftsminister Miroslav Gregr ausgearbeitete zur Ankurbelung der hiesigen Ökonomie dar, dem man den aufreizenden Namen "Großer Knall" gegeben hat, da es - laut Gregr - noch in diesem Jahr einen Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt von vier Prozent und im kommenden Jahr von fünf bis sechs Prozent bringen soll. Dazu hatte der Minister noch im Februar Gesamtinvestitionen von 265 Milliarden Kronen veranschlagt, worauf die Opposition ihren Widerstand dahingehend angekündigt hatte, keine weitere Verschuldung des Staatshaushaltes zuzulassen. Das am Montag verabschiedete Programm geht nun allerdings "nur" noch von zweijährigen Investitionen in Höhe von 166 Milliarden Kronen (ca. 9,5 Milliarden Mark) aus, die aus dem Staatshaushalt, Erträgen aus der Privatisierung, Bankdarlehen und EU-Zuschüssen getragen werden sollen. Auf keinen Fall aber - so Minister Gregr - würde der "Große Knall" nachträglich die öffentlichen Mittel beanspruchen.

Aussagen, die von der Opposition völlig anders gesehen werden, und die Abgeordneten- und ODS-Chef Vaclav Klaus zu folgendem Statement über den "Großen Knall" veranlassten: "Eine propagandistische Parole. Ja, die gesamte Idee ist lächerlich. Das, was sich die Beamten des Gregr-Ministeriums in diesen Tagen ausgedacht haben, ist nichts anderes als nur eine Auflistung all dessen, was der Staat ohnenhin tut. Man hat es einfach zu Papier gebracht und ihm schön verpackt den Namen ´Großer Knall´ verpasst."

Des weiteren hat das Zeman-Kabinett beschlossen, mit einer Finanzspritze von 26,7 Milliarden Kronen (ca. 1,5 Milliarden Mark) für die Abfederung der sozialen Verhältnisse zu sorgen, die alle Bergbauarbeiter betreffen, die in diesem und in den nächsten Jahren in ihren Gruben entlassen werden. So erhalten die Kumpel, die weniger als fünf Jahre im Arbeitsverhältnis waren und aus diesem bis zum 31. Januar 2004 ausscheiden, drei Monate lang einen Zuschuss von 5280 Kronen (ca. 300 Mark). Arbeitnehmer, die mindestens fünf Jahre unter Tage waren, erhalten diesen Zuschuss sechs Monate lang. Für jedes weitere Arbeitsjahr wird der Zuschusszahlung um weitere drei Monate verlängert. Allerdings trete dieses Finanzierungsprogramm nur dann in Kraft, wenn mit Inbetriebnahme des Atomkraftwerkes Temelin ein rapider Rückgang der Abnahme des Energieträgers Kohle durch die tschechische Energiegesellschaft CEZ einhergehe, betonte Minister Gregr. Wie sich die Regierung die Abnahmereduzierung vorstelle, dazu sagte Miroslav Gregr:

"Selbstverständlich besteht kein Limit bei der Abnahmereduzierung, aber erst wenn die Brennstoffabnahme von CEZ gegenüber den Kohlegesellschaften in einem bedeutenden Ausmaß sinkt, tritt dieses Programm in Kraft. Es muss nachgewiesen sein, dass es aufgrund der Inbetriebnahme des AKW´s Temelin zu einer erheblichen Verringerung des Abbaues von energetischer Kohle kommt. Ich verweise auf den Zusatz ´energetische Kohle´, denn die Kohlegesellschaften exportieren natürlich weiterhin oder geben die Kohle an andere Objekte als an Kraftwerke ab."

Nicht unbedeutend ist auch der Beschluss, den das Kabinett bezüglich des modernen Industriegebiets in der Nähe der ostböhmischen Stadt Kolin gefasst hat. Zur Entwicklung des 370 Hektar großen Industriegebiets sollen etwa 1,3 Milliarden Kronen (ca. 74 Millionen Mark) aus den Mitteln der Stadt Kolin und mehrerer Ministerien verwendet werden. Ziel sei es, den künftigen Einstieg eines strategischen Partners zu begünstigen. Kolin ist neben anderen Städten als möglicher Standort eines neuen Montagewerks des deutschen Auto-Herstellers BMW im Gespräch.