Keine Behandlung für Kühe und Schafe: In Tschechien fehlen Tierärzte für Nutztiere

In Tschechien fehlen Tierärzte. Allerdings nicht so sehr die für Hund oder Katze, sondern vielmehr die für Nutztiere wie Kühe oder Schafe.

Eva aus der Gegend von Cheb / Eger kann ein Lied singen vom Tierärztemangel:

Foto: Barbora Kmentová,  Radio Prague International

„Unsere Kuh brachte ein Junges zur Welt. Doch die Placenta blieb in ihr drin. Das war an einem Wochenende. Wir konnten absolut niemanden telefonisch erreichen, keiner der Ärzte hatte Zeit. Am Montag kam dann ein Mann, der zwar ganz und gar keine tierärztliche Ausbildung hat, sich aber relativ gut auskennt. Er konnte die Placenta herausholen und verabreichte Antibiotika. Gott sei Dank hat die Kuh überlebt.“

Eine ähnliche Erfahrung hat Eva mit ihrer Stute gemacht.

„Sie hatte auf einem Karabiner herumgekaut. Der verhängte sich in ihrer Unterlippe, die dann komplett zerrissen war. Wir stellten das sofort fest und entfernten den Karabiner. Fünf Stunden lang haben wir Tierärzte angerufen. Aber keiner hatte Zeit, oder man sagte uns, dass man keine Pferde behandle, obwohl wir uns in der Vergangenheit bereits vom Gegenteil überzeugen konnten. Schließlich haben wir eine Frau erreicht, die die Stute behandelte. Die hatte aber mittlerweile viel Blut verloren, und weil die Lippe komplett angeschwollen war, konnte die Wunde nicht zugenäht werden. Am Ende musste das Pferd Antibiotika bekommen, es dauerte 14 Tage, bis alles verheilt war.“

Foto: Kristýna  Maková,  Radio Prague International

Aktuellen Daten zufolge gibt es in Tschechien um die 600 Ärzte für große Nutztiere. Dass das nicht reicht, weiß auch Petra Šinová. Sie leitet die tschechische Veterinärkammer (KVL ČR) und betont in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks, wie anspruchsvoll der Beruf ist:

„Der Job verlangt einem zeitlich und auch körperlich viel ab. Mitunter weigern sich die Züchter aber, die Rechnungen zu bezahlen. Denn oftmals sind sie sich nicht dessen bewusst, wie kostspielig die Pflege ihres großen Haustieres ist.“

Petra Šinová | Foto: YouTube

Im Kreis Karlovy Vary / Karlsbad will man den Mangel an Veterinären nun mit Stipendien für angehende Tierärzte bekämpfen. Im Gegenzug verpflichten sich die künftigen Doktoren, nach dem Ende des Studiums in der Region zu bleiben. Vít Hromádko (SNK 1) sitzt im Kreisrat und erläutert:

„Wir wollen dafür 500.000 Kronen (20.000 Euro, Anm. d. Red.) einsetzen, die für etwa fünf Tierärzte pro Jahr reichen sollen. Die genauen Konditionen wollen wir noch im August festlegen. Wir sprechen uns dafür auch mit Experten ab.“

Dass diese Maßnahme Erfolg zeigen wird, hofft auch Petra, die in dem Kreis neben Pferden auch Schafe hält. Für diese Tiere einen Arzt zu finden, habe schon öfter nicht geklappt, schildert sie:

Foto: Martin Němec,  Radio Prague International

„Es gibt vielleicht zwei Tierärzte hier in der Gegend. Ob sie aber kommen können, hängt davon ab, ob sie ans Telefon gehen und Zeit haben. Der Klassiker bei den Schafen ist, dass die Geburt nicht weitergehen kann, weil sich das Lamm verkeilt hat. Häufig legen wir dann selbst Hand an und versuchen, das Jungtier herauszubekommen. Es gab aber auch schon Fälle, in denen klar war, dass das Schaf am Sterben ist. Wir mussten es dann töten.“

Die tschechische Veterinärkammer betont allerdings auch, dass die Anzahl der Tierärzte aktuell nicht sinke. Stattdessen würden jedes Jahr fast zwei Prozent mehr entsprechende Experten gezählt, heißt es. Doch das Problem ist laut der Kammer, dass die Zahl der Tiere noch schneller ansteigt.

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