Tschechische Regierung plant Wahlreform: Stimmabgabe demnächst nur an einem Tag statt an zwei Tagen?

Wie zuletzt bei der Präsidentschaftswahl auch, werden Wahlen in Tschechien immer an zwei Tagen abgehalten – freitags und samstags. Die Regierung hat nun beschlossen, dies per Gesetz zu ändern. Wird in Tschechien bald, wie in vielen anderen europäischen Staaten auch, nur an einem Tag gewählt?

Vít Rakušan | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

Die Wahlen in Tschechien sollen moderner werden. So lautete ein Argument, mit dem Innenminister Vít Rakušan (Bürgermeisterpartei Stan) am Mittwoch seine Kabinettskollegen von der Notwendigkeit einer Wahlreform überzeugt hat. Die geplante Gesetzesnovelle umfasst ein ganzes Paket an Maßnahmen, wie etwa die Digitalisierung der Wählerregistrierung oder der Auszählung. Am meisten diskutiert wird öffentlich aber über das Vorhaben, den Wahltermin von bisher zwei Tagen auf nur einen Tag einzuschränken.

Dieser Vorschlag bezieht sich auf die Senats-, Kreis- und Kommunalwahlen. Begründet wird er damit, dass Tschechien eines der wenigen verbleibenden EU-Länder sei, in denen an zwei Tagen gewählt wird. Ein weiteres Argument lautet, dass sich die reine Wahlzeit sogar um eine Stunde verlängern würde: Aktuell ist die Stimmabgabe freitags von 14 bis 22 Uhr und samstags von 8 bis 14 Uhr möglich. Nach der Novelle sollen die Wahllokale dann freitags von 7 bis 22 Uhr geöffnet sein.

Außerdem sollen die genannten Wahlen keinen veränderlichen Termin mehr haben, so Innenminister Rakušan:

„Die bisherige langsame Verschiebung der Wahlen auf Kommunal-, Kreis- und Senatsebene in Richtung Sommermonate ist natürlich nicht gut. Darum legen wir nun einen festen Termin für diese drei Wahlen fest, und zwar den ersten Freitag im Monat Oktober.“

Ihre Vorlage reicht die Regierung nun im Abgeordnetenhaus ein. Die Oppositionspartei „Freiheit und direkte Demokratie“ (SPD) ließ über ihren Abgeordneten Jaroslav Foldyna bereits verlauten, dass sie auf der bisherigen zweitägigen Variante der Wahlen bestehe. Ihrer Begründung zufolge haben ansonsten Menschen, die Schicht arbeiten, an nur einem Tag keine Möglichkeit, ihre Stimme abzugeben.

Radek Vondráček | Foto: ČT24

Ähnlich positioniert sich auch Ano, die zweite Oppositionspartei im Parlament. Zwar würde die Reform immerhin zu Kosteneinsparungen beitragen, räumt ihr Vizevorsitzender Radek Vondráček ein. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks bestand er jedoch auf die Gegenargumente:

„Viele Menschen schaffen das nicht an nur einem Tag. Seit Jahren reden wir von einer nötigen Erhöhung der Wahlbeteiligung, dies wäre aber ein Schritt in die andere Richtung. Außerdem stellt sich die Frage, ob der Freitag glücklich gewählt ist. Es handelt sich um einen Arbeitstag, an dem auch Unterricht stattfinden sollte in jenen Schulen, die als Wahllokale dienen. Ebenso wird in den Bibliotheken und anderen öffentlichen Räumlichkeiten gearbeitet.“

Josef Mlejnek | Foto: Tschechischer Rundfunk

Die Partei Ano würde sich darum einen passenderen Tag wünschen, fügte Vondráček hinzu. Keine Befürchtungen, dass sich die angedachte Reform negativ auf die Wahlbeteiligung auswirken könnte, hat hingegen Josef Mlejnek vom Institut für politologische Studien an der Prager Karlsuniversität:

„Wer wirklich wählen gehen will, der richtet sich das ein. Darum würde ich keinen starken Rückgang der Wahlbeteiligung erwarten. Zumal diese oft von anderen Faktoren beeinflusst wird, wie wir gerade bei den Präsidentschaftswahlen gesehen haben. Wenn nämlich ein kontroverser Kandidat antritt, erhöht allein dies schon die Wahlbeteiligung.“

Foto: Barbora Navrátilová,  Radio Prague International

In der Tschechoslowakei wurde seit ihrer Gründung 1918 immer sonntags gewählt. Die kommunistische Führung ging 1971 zur zweitägigen Wahl über, als nämlich die beiden föderalen Parlamente in Prag und Bratislava entstanden. Eine Neuformulierung der Regeln erfordert eine Verfassungsänderung und damit eine qualifizierte Mehrheit im Abgeordnetenhaus von mindestens 120 der 200 Stimmen. Die fünf Regierungsparteien haben 108 Abgeordnete. Sollte der Gesetzesvorschlag nun von den beiden Parlamentskammern beschlossen und vom Präsidenten unterschrieben werden, könnten die neuen Regeln in Tschechien erstmals für die Kommunalwahlen 2026 gelten.

Autoren: Daniela Honigmann , Jana Čermáková
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