Tschechische Verbraucher stellen erstmals Qualität vor Preis

Foto: Archiv von Ahold

Beim Kauf von Waren und Konsumgütern steht für die tschechischen Verbraucher ein Merkmal zumeist an erster Stelle: der Preis. Das hat sich lange Zeit nicht geändert, einer jüngsten Umfrage zufolge aber achten die hiesigen Käufer inzwischen auf ein anderes Merkmal noch etwas mehr: die Qualität.

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Beim Kauf von Verbrauchswaren ist für den tschechischen Kunden die Qualität am wichtigsten. Das geht aus einer Umfrage des Verbandes der kleinen und mittelständischen Unternehmen hervor, deren Ergebnisse vor kurzem veröffentlicht wurden. Danach sagten 61 Prozent der Befragten, dass die Qualität des Produktes für sie oberste Priorität habe. Mit 59 Prozent folgte der Preis erstmals nur auf dem zweiten Platz. Karel Havlíček, Vorsitzender des Verbandes, kommentierte das Umfrageresultat:

„Das ist sicher eine gute Nachricht, insbesondere für die inländischen Hersteller. Aber auch generell ist es eine gute Nachricht, weil der mündige Verbraucher bei der Beurteilung der Produkte jetzt mehr auf die Qualität und weniger auf den Preis schaut.“

Karel Havlíček  (Foto: Alžběta Švarcová,  Tschechischer Rundfunk)
Der Umfrage zufolge geben mehr als Dreiviertel der tschechischen Kunden Erzeugnissen aus heimischer Produktion den Vorrang. Die Hälfte dieser Kunden, weil sie der Meinung ist, dass tschechische Produkte genauso gut wie die Waren der ausländischen Konkurrenz sind. Die andere Hälfte glaubt, dass sie in der Regel sogar besser sind. Dazu sagte Karel Havlíček:

„Das ist ein Anzeichen dafür, dass der tschechische Verbraucher tschechische Produkte mit einer gewissen Qualität verbindet, auch wenn das nicht immer gilt.“

Zdeněk Juračka  (Foto: Helicid,  Creative Commons 3.0)
Doch was sind eigentlich typische tschechische Produkte? Auf diese Frage gibt der Präsident des tschechischen Verbandes für Handel und Reiseverkehr, Zdeněk Juračka, jedoch nach wie vor zu bedenken:

„Bis heute gibt es keine offizielle Erklärung beziehungsweise eine offiziell verbriefte Bekanntmachung, die gesetzlich verankert ist und beschreibt: Was ist ein tschechisches Erzeugnis?“

Um zu verdeutlichen, wie kompliziert es ist, Produkte ihrer Herkunft nach eindeutig zuzuordnen, nennt Juračka auch einige exemplarische Beispiele:

„Heute wird viel darüber diskutiert und gemutmaßt, ob der Škoda oder der Bohemia Sekt typische tschechische Erzeugnisse sind. Oder ist ein tschechisches Erzeugnis ein reines Landwirtschaftsprodukt, das hierzulande angebaut, geerntet und verarbeitet wird? Das aber ist leider eine noch ungelöste Angelegenheit.“

Um eine Ware als „echt tschechisches Produkt“ zu deklarieren, muss es Juračka zufolge also erst eine klare Definition dafür geben. Karel Havlíček hat dazu neulich auf einer Pressekonferenz in Prag jedoch schon einen Ansatz formuliert:

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„Ich bin der Meinung, ein tschechisches Produkt sollte danach bewertet werden, in welchem Umfang es zur Bildung des Bruttoinlandsproduktes beiträgt.“

Und Havlíček vergaß dann auch nicht, zu erläutern, was er darunter versteht:

„Ich will damit sagen: Sofern der Hersteller hierzulande Steuern bezahlt, Leute beschäftigt, investiert und seine Produkte letztlich auch exportiert, dann ist er eindeutig an der Bildung des Bruttoinlandsproduktes beteiligt. Aus meiner Sicht handelt es sich dann um ein tschechisches Erzeugnis.“

Original tschechisches Erzeugnis
Mit Aufschriften wie „Original böhmisches Erzeugnis“ oder ähnlichen Slogans wirbt aber bereits eine ganze Reihe von Herstellern für ihre Produkte. Dazu nutzen sie die nicht klar abgesteckte Rechtslage aus, betont Juračka:

„Ich hüte mich davor zu sagen, sie missbrauchen die Rechtslage. Diese Firmen nutzen ihre Aufschriften völlig legal und legitim. Ganz einfach deshalb, weil diese Bezeichnungen nicht urheberrechtlich geschützt sind, die Hersteller aber damit eine Haltung gegenüber dem Kunden ausdrücken.“

Auf der anderen Seite ist auch Zdeněk Juračka der Meinung, dass es auf dem tschechischen Markt schon ziemlich viele Qualitätsbezeichnungen gibt, so dass sich die Kunden nur recht mühsam orientieren können. Juračka plädiert dafür, das zu ändern:

„Wir sprechen heute bereits von einer Inflation der Gütesiegel, von denen es tatsächlich sehr viele gibt. Ich trete dafür ein, dass die Zahl dieser Gütesiegel verringert wird. Dazu wäre es sehr hilfreich, wenn sich die Kunden nach den offiziell ausgewiesenen Gütesiegeln orientieren würden. Hierbei empfehle ich eine Orientierung an dem staatlich geprüften Gütesiegel Česká kvalita.“

Foto: Archiv ČRo 7
In seiner zweiten Funktion ist Zdeněk Juračka der Vorsitzende des Leitausschusses für eben das staatliche Programm Česká kvalita (Tschechische Qualität). Ein Programm zur Festlegung eines bestimmten Qualitätssiegels, ausgedrückt durch das Gütesiegel Česká kvalita. Zu seiner Verwunderung aber gaben in der Umfrage nur 44 Prozent der Befragten an, diese Bezeichnung auch zu kennen. Juračka nutzte daher auf der Pressekonferenz die Gelegenheit, um die Öffentlichkeit über die wesentlichen Merkmale dieser Qualitätsbezeichnung zu informieren:

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
„Der grundlegende Wesenszug des Gütesiegels Česká kvalita besteht darin, dass man es nicht kaufen kann. Die Hersteller, die diese Qualitätsbezeichnung für ihre Produkte erlangen wollen, müssen sich dazu anmelden. Nach der Einreichung eines Antrags durchläuft das jeweilige Produkt einen durchaus komplizierten Kontrollprozess, bei dem vor allem technische Parameter überprüft werden. Am Ende des Prozesses müssen dann alle grundlegenden Attribute stehen, die ein tschechisches Produkt von guter Qualität aufweisen muss.“

In seinen Ausführungen verwies Juračka aber auch mehrfach darauf, dass sich die Vergabe des Gütesiegels Česká kvalita nicht auf alle Bereiche erstreckt. Insbesondere die Produkte der Lebensmittelindustrie unterliegen nicht dieser Prüfung, sondern werden in ihrer Qualität durch Gütesiegel wie „Klasa“ oder andere bewertet. Für die Kontrolle der Produkte ist die staatliche Landwirtschafts- und Lebensmittelinspektion verantwortlich. Und die hat erst vor drei Wochen mit dem Internetportal „Potraviny na pranýři“ für Aufsehen gesorgt. Auf diesem Portal werden, wie es der Name schon erahnen lässt, Lebensmittelsünder an den Pranger gestellt. Eine Initiative, die auch Juračka befürwortet:

„Potraviny na pranýři“
„Der Verband für Handel und Reiseverkehr begrüßt dieses Portal, denn die Veröffentlichung der vorliegenden Ergebnisse ist das Beste, was dem Kunden passieren kann. Für den Kunden ist es schließlich besser, wenn er weiß, welches Geschäft und welche Produkte er auswählen und welche er ignorieren sollte.“

Auf der anderen Seite benennt Juračka aber auch einige Defizite, die dieses Portal seiner Meinung nach noch hat:

„Zum einen erkennt man daraus nicht, wer eigentliche der Schuldige für den Missstand ist. Ist es der Hersteller, der Händler - oder hat die mangelhafte Qualität einen anderen Grund? Zum Zweiten ist dieser Webauftritt bereits überfrachtet. Dort werden zirka 40 Produkte angeprangert und der Kunde, der sich hier informieren will, verliert schon etwas die Übersicht.“

Eine fehlende Definition zur Einstufung „Tschechisches Produkt“ oder das Internetportal, dessen Aufklärungsarbeit noch lückenhaft ist – das sind nur zwei Beispiele dafür, dass in punkto Gütesiegel und Qualitätskontrolle in Tschechien noch einiges zu tun ist. Wichtiger ist aber festzuhalten, dass sich staatliche Beamte und andere Experten darüber weiterhin viele Gedanken machen.