Tschechische Wissenschaftler gehen Kunstwerken auf den Grund
An der Palacký-Universität im mährischen Olomouc / Olmütz werden Kunstwerke neuerdings mit einem hochwertigen Spektrometer analysiert. Das Olmützer Labor für analytische Chemie ist erst die dritte Arbeitsstätte weltweit, der ein solch schwerer Apparat zur Verfügung steht. Was aber kann dieses Gerät tatsächlich zur Erhaltung von Gemälden und Skulpturen beitragen?
„Mit Hilfe des Spektrometers können wir eine Probe untersuchen, die zuvor aus einem Kunstwerk entnommen wurde. Dabei ist feststellbar, ob darin irgendwelche Pigmente vorhanden sind. Wir können ebenso erkennen, welche Bindemittel eventuell verwendet wurden. Dies vermittelt uns Informationen darüber, auf welche Weise das Kunstwerk bereits restauriert wurde.“
Genügend Gründe also, weshalb sich die naturwissenschaftliche Fakultät der Olmützer Hochschule den fast 20 Millionen Kronen (800.000 Euro) teuren Apparat angeschafft hat. Der Vorteil des Gerätes ist, dass es selbst kleinste Proben untersuchen kann. Das mitten im Labor platzierte Spektrometer ist zurzeit noch im Probebetrieb. Doch die ersten echten Gemälde würden bereits auf ihre Analyse warten, versichert Jana Michalčáková vom Lehrstuhl für Kunstgeschichte:
„Das sind zum Beispiel Farbschichten von Kunstwerken aus der gotischen Burg Pernštejn oder Proben aus der Burg Bečov nad Teplou. Wir sprechen hier von Farbschichten aus dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Wir wollen durch die Analyse mehr über die Autoren der Gemälde erfahren: Woher kamen sie? Welches Material haben sie verwendet? Oder haben sie sich hier in unserer Region niedergelassen? Auf alle diese Fragen erhoffen wir entsprechende Antworten.“Die farbliche Zusammensetzung und das Material der einige Jahrhunderte alten Sehenswürdigkeiten sind aber nicht alles, was die Wissenschaftler ablesen können. Für die Kunsthistoriker ist es beispielsweise wichtig zu wissen, wie man diese richtig restaurieren und in Stand setzen kann. Dazu wurde an der Uni auch das Projekt Arteca ins Leben gerufen. Ihm gehören 30 Experten aus verschieden Bereichen an – aus der Optik, Chemie, Medizin, Kunstgeschichte oder dem Bauwesen. Jana Michalčáková hält dies für in Tschechien einzigartige fachübergreifende Zusammenarbeit zur Erhaltung von Kunstwerken. Und Chemiker Karel Lemr gesteht, dass er beim Besuch einer Kunstgalerie nun vieles mit anderen Augen sehe:
„Es ist tatsächlich so, dass ich jetzt schon etwas darüber nachdenke, warum der Künstler gerade diese Farben benutzt hat oder woher das jeweilige Pigment kommen könnte. Aufgrund der Analyse mache ich mir gegebenenfalls aber auch Gedanken darüber, ob das Kunstwerk nicht vielleicht vom Verfall bedroht ist. Und nachfolgend, was man dagegen tun könnte.“Auch Jana Michalčáková räumt ein, dass sie sich im Rahmen des Projekts nun ebenso tiefgründiger mit Chemie oder Physik befassen müsse. Dies habe sie letztlich dazu inspiriert, einen neuen Doktorstudiengang einzuführen.
„Dieses Studienprogramm hat das Ziel, Kunstgeschichte und Naturwissenschaft miteinander zu verknüpfen. Denn wir haben festgestellt, dass man durch die interdisziplinäre Forschung auf wirklich große Dinge stoßen kann“, so Michalčáková.
Die ersten Teilnehmer dieses neuen Studiengangs werden schon für das Herbstsemester dieses Jahres erwartet.