Tschechischer Fotograf schießt das beste Motorsportfoto des Jahres 2003

Jiri Krenek, foto: www.czechpressphoto.cz

Im heutigen Sportreport stellt Ihnen Lothar Martin einen Tschechen vor, der im Januar als Sieger einer international erstklassig besetzten Konkurrenz hervorging, die sehr viel mit Sport zu tun hat, der aber selbst kein Leistungssportler ist. Wie das geht, das verraten wir Ihnen gleich.

Vor knapp zwei Wochen hat in Australien die neue Saison in der Formel 1 begonnen. Unter den 20 Startern des diesjährigen Pelotons war und ist kein Tscheche vertreten. Tomás Enge, der einzige Tscheche, der bisher einen Wagen in der Formel 1 pilotierte, hat sich durch eine Dopingaffäre selbst um diese Möglichkeit gebracht. Und dennoch ist die Tschechische Republik seit 1999 Jahr für Jahr beim größten und populärsten Motorsportrennen der Welt präsent - und zwar mit wachen Augen und geschickten Fingern, die vieles Interessante festhalten, was die Formel 1 zu bieten hat. Die Rede ist von Jirí Krenek, einem Sportfotografen, der den Tross um Michael Schumacher & Co. nun schon seit fünf Jahren Rennen für Rennen begleitet und dabei allerhand gesehen und im Bild verewigt hat. Und dies so gut, dass Jirí Krenek im Januar dieses Jahres in Paris als erster Tscheche mit dem Preis für das "künstlerisch wertvollste Foto des Jahres 2003" im Bereich des Motorrennsports ausgezeichnet wurde. Ein Grund mehr für Radio Prag, mit dem 30-Jährigen ins Gespräch zu kommen.

Als ich ihn zunächst frage, was es heißt, als erster Tscheche diesen international anerkannten Preis zu gewinnen, und was er dabei empfunden habe, da spüre ich sofort, dass Jirí Krenek bis heute sein Glück noch gar nicht so recht fassen kann:

"Ich bin ganz sicher der erste Preisträger aus Tschechien, aber es ist, so lässt sich sagen, schon paradox: Ich habe zum ersten Male an diesem Wettbewerb teilgenommen und gleich habe ich ihn gewonnen. Das hatte ich überhaupt nicht erwartet. Darüber bin ich sehr glücklich. Wenn man bedenkt, welch berühmte Fotografen vor mir bereits diesen Preis gewonnen haben. Zum Beispiel der Deutsche Reini Schlegelmilch, eine Legende unter den Motorsportfotografen der Formel 1 - er fotografiert die Formel 1 schon 40 Jahre lang und gibt hervorragende Fotodokumentationen dazu heraus. Und noch ein Wort zu den Juroren. In der Jury, die die Fotos bewertete, saßen gleich mehrere Experten und Persönlichkeiten aus dem Motorsport bzw. auch aus anderen Bereichen. An erster Stelle möchte ich den ehemaligen Formel-1-Rennfahrer Jaques Lafitte nennen, des Weiteren den langjährigen Veranstalter der Rallye Paris - Dakar Hubert Auriol sowie weitere renommierte Leute, insbesondere Architekten und Modedesigner."

Von Jirí Krenek erfahre ich, dass die Verleihung seines Preises ebenso wie die Erteilung weiterer Preise Bestandteil des Pariser Autofestivals war, das zum bereits 19. Male stattfand. Eine genauso lange Tradition haben auch die Preisverleihungen, so Krenek. In die Endausscheidung um den Preis in seiner Kategorie kamen vier Fotografen. In diesem Quartett setzte sich Krenek letztlich gegen einen Franzosen, einen Belgier und einen Italiener durch, wobei je zwei Fotografen mit Fotos aus der Formel 1 bzw. aus dem Rallyesport vertreten waren. Mit welchem Foto hat sich Krenek aber nun gegen diese starke Konkurrenz durchgesetzt, wollte ich vom Sieger wissen:

"Mein Siegerfoto war eigentlich nur der Ausschnitt eines Fotos, nämlich die Spiegelung dessen, die sich am Helm des Rennfahrers Juan Pablo Montoya vollzogen hat. Aufgenommen habe ich das komplette Foto vor dem Start des vorjährigen Rennens in Barcelona, der Siegesschnappschuss nimmt jedoch nur etwa ein Viertel des Fotos ein."

Klingt ein bisschen kompliziert, doch Jirí Krenek erklärt mir sein Meisterwerk wie folgt:

"Wie ich schon sagte, der Ausgangspunkt des Fotos war der Helm von Montoya, auf den ich meine Linse gehalten habe, als er vor dem Start in Barcelona von einem Williams-Mechaniker unter dem Arm gehalten wurde. Er ist von seiner Machart her spezifisch und der einzige im Fahrerfeld, der im hinteren Teil, der den Nacken schützt, mit einer silbernen Folie versehen ist. Und von dieser Folie ist ein Teil meiner Aufnahme wie in einem Spiegel so reflektiert worden, dass er wie ein Gemälde des Impressionismus rüber kam. Der Siegerteil meines Schnappschusses wirkt also wie eine Malerei, aber nicht wie ein Foto."

Aus diesem Grunde musste Jirí Krenek den Pariser Juroren auch nachweisen, dass dem von ihm eingesandten Fotostück weder ein Trick noch eine Aufbereitung mittels Filter oder PC zugrunde lag, sondern es das Ergebnis seiner Idee ist. Und dieser Einfall war am Ende "Gold wert" bzw. - um im Bild zu bleiben - es wert, den Preis für das "künstlerisch wertvollste Sportfoto des Jahres" im Bereich Motorrennsport zu erhalten. Bis zur Preisverleihung im Pariser Hotel Ritz wollte Jirí Krenek gar nicht wahrhaben, was ihm da Positives widerfuhr. Daher bewegte mich die Frage, wie es ihm eigentlich gelang, in den erlauchten Kreis der Sportfotografen in der Formel 1 aufzusteigen. Wie ich erfuhr, spielten hier der Zufall, aber auch viel Engagement und Können eine Rolle:

"Ich bin dorthin eigentlich durch einen Zufall hingekommen. Seit 1992 arbeite ich in der Welt des Motorsport, und zwar bei der fast gleichnamigen tschechischen Motorsportzeitschrift ´Svet motoru´. Aber mein erstes Formel-1-Rennen, was 1992 gleichzeitig das erste auf dem Hungaroring in Ungarn war, habe ich als Mitglied des tschechischen Rettungsteams Narex live verfolgt. Dieses Team hat damals mitgeholfen, die Sicherheit an und auf der Rennstrecke zu gewährleisten, d.h. wir mussten verunglückte Rennautos bergen, die Strecke von Wrackteilen befreien usw. Als Mitglied dieses Teams habe ich dabei heimlich vor, während und nach dem Rennen fotografiert, vor allem die Rennboliden selbst, was mir damals auch einigen Ärger eingebracht hatte, da ich auch dort anzutreffen war, wo ich mich normalerweise nicht aufzuhalten hatte. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. 1993 erhielt ich bereits eine Akkreditierung als Pressefotograf, weil ich mich durch meine Fotos vom Vorjahr ins Gespräch gebracht hatte. Seit 1999 begleite ich die gesamte Serie der Formel 1 praktisch Jahr für Jahr - von Australien, über Europa, Amerika bis hin nach Japan."

Angesichts solcher Entfernungen ist natürlich die Finanzierung der Reisen und Rennaufenthalte das Wichtigste. Und dafür muss Jirí Krenek jede Menge Zeit und Geduld investieren:

"Weil dies insbesondere auch eine finanzielle Angelegenheit ist, bin ich auch der einzige Tscheche, der immer hautnah bei den Rennen dabei sein kann. Will ich eine komplette Formel-1-Saison als Fotograf absolvieren, muss ich in etwa eine halbe Million Kronen (ca. 150.000 Euro) aufbringen. Die Finanzierung löse ich daher quasi das ganze Jahr über. Bereits letztes Jahr musste ich alle Kosten selbst begleichen, und zwar über Sponsoren. Da ich hauptberuflich für die tschechische Tochter des deutschen Axel-Springer-Verlages fotografiere, der in Prag Zeitschriften wie "Svet motoru", "Autotipp" oder auch den tschechischen "Play boy" herausgibt, kann ich den potenziellen Sponsoren auch immer wieder eine Repräsentation ihrer Tätigkeiten in diesen Zeitschriften einschließlich der Werbung anbieten. Das durch meine Aktivitäten von den Sponsoren freigesetzte Geld zahlt mir dann der Verlag für Reise- und Übernachtungskosten aus. Das alles zu erwirtschaften ist aber sehr anstrengend und kostet mich sehr viel Zeit. Und wie kann man überhaupt ein Formel 1-Fotograf werden? Als Tscheche hat man eigentlich keine Chance, denn die jährlichen Akkreditierungen werden nur an Agenturen oder an altbewährte Fotografen vergeben. Um immer wieder aufs Neue dabei sein zu können, muss man nachweisen, dass von jedem Rennen zumindest je 20 Fotos in den Medien veröffentlicht wurden und man muss im Jahr zuvor wenigstens zwölf Rennen besucht haben. Dies alles muss bei der FIA-Zentrale in Paris eingereicht und belegt werden. Erst dann hat man die Chance, zu den 85 auserwählten Fotografen aus aller Welt zu gehören. Und ich habe das Glück, einer von ihnen zu sein."

Und welcher Formel-l-Pilot ist denn nun am fotogensten bzw. wer von diesen lässt weniger gern fotografieren?

"Vermutlich ist es die Regel, dass sich die populärsten Fahrer am schwersten fotografieren lassen. Zum Beispiel Michael Schumacher. Der kontrolliert jede seiner Bewegungen im Fahrerlager sehr genau. Entweder fährt er mit 20 km/h auf dem elektrischen Roller oder aber er rennt von A nach B, um gleich wieder hinter einer verschlossenen Tür zu verschwinden. Das ganze Gegenteil von ihm ist Juan Pablo Montoya, der sich ausgesprochen gern fotografieren lässt. Er ist wirklich schon ein kleiner Exhibitionist, denn mit seiner Frau sieht man ihn sich laufend umarmen und Küsschen geben. Er lässt sich halt ablichten, wo es nur geht. Von ihm habe ich bestimmt über 100 Fotos mehr als von anderen Fahrern, die sich oft verschanzen."

Also, wenn Sie wieder einmal einen Formel-1-Bericht lesen und sich dazu die Fotos anschauen, achten Sie bitte auf den Namen des Fotografen. Es könnte der des Tschechen Jirí Krenek sein. In diesem Sinne: Auf ein Wiederhören heute in 14 Tagen.